Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterbringung. Entziehungsanstalt. Trunkenheitsfahrt. Gefährdung. Straßenverkehr. Erheblichkeit. Tat
Leitsatz (amtlich)
Trunkenheitsfahrt (§ 316 StGB) und Straßenverkehrsgefährdung (§ 315c StGB) können erhebliche Taten iSv. § 64 Satz 1 StGB sein.
Normenkette
StGB §§ 64, 316, 315c
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Aktenzeichen 06 Ns-602 Js 1535/15-103/15) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben
- im Einzelstrafenausspruch bezüglich der Tat zu Ziffer 2.,
- im Gesamtstrafenausspruch,
- im Maßregelausspruch, auch soweit von der Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen worden ist,
- im Nebenstrafenausspruch.
- Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Bielefeld zurückverwiesen.
- Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Bielefeld hat den vielfach vorbestraften Angeklagten am 21. September 2015 wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung und vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis sowie wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Straßenverkehr in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt, eine isolierte Sperrfist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis von zwei Jahren angeordnet und ein Fahrverbot für die Dauer von drei Monaten verhängt.
Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 22. September 2016, beim Amtsgericht Bielefeld eingegangen am selben Tag, hat der Angeklagte gegen dieses Urteil Berufung eingelegt und die Berufung auf das Strafmaß beschränkt.
Durch das angefochtene Urteil vom 29. Juni 2016 hat das Landgericht Bielefeld die Berufung kostenpflichtig verworfen.
Mit seiner hiergegen gerichteten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts.
Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, die Revision als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
II.
1.
Das Amtsgericht hat zu den Taten des Angeklagten die folgenden Feststellungen getroffen:
"1) Der Angeklagte, der sich nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis befindet, was er weiß, befuhr am 15.02.2015 gegen 16:00 Uhr mit dem führerscheinpflichtigen Kleinkraftrad der Marke Honda, Kennzeichen ### u.a. die G-Straße in T. Er befand sich unter dem Einfluss von Alkohol und war deshalb fahruntüchtig, was er hätte bemerken können. Die um 19:40 Uhr entnommene Blutprobe ergab noch einen Wert von 0,59 ___AMPX_‰_SEMIKOLONX___X. Hieraus errechnet sich ein Blutalkoholwert von 0,75 ___AMPX_‰_SEMIKOLONX___X zum Zeitpunkt der Fahrt. An der Einmündung zur P-Straße bemerkte er in Folge seiner Alkoholisierung den dort wartenden Pkw des Zeugen P zu spät und fuhr auf diesen auf. Es entstand Sachschaden. Zudem wurde seine Beifahrerin, die Zeugin C2 verletzt, die von seiner Alkoholisierung nichts wusste. Die Zeugin erlitt u.a. Prellungen an den Füßen.
2) Obwohl sich der Angeklagte weiterhin nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis befand, was er wusste, befuhr er am 18.03.2015 um 18:15 Uhr mit dem führerscheinpflichtigen Kleinkraftrad Honda, ### u.a. die Q-Straße in W. Dabei war er trunkenheitsbedingt nicht in der Lage, das Fahrzeug sicher zu führen, was er wusste. Die um 18:40 Uhr entnommene Blutprobe ergab einen Wert von 2,28 ___AMPX_‰_SEMIKOLONX___X."
2.
Das Landgericht hat die Beschränkung der Berufung als wirksam angesehen und ergänzende Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten und zu seinen Vorbelastungen getroffen.
a) Zu dem Alkoholkonsum des Angeklagten hat das Landgericht u.a. die folgenden Feststellungen getroffen:
"Der Angeklagte konsumierte erstmals mit 16 Jahren Alkohol, und zwar beim Fußballtraining ein bis zwei Flaschen Bier, gelegentlich auch am Wochenende bis zu zehn Flaschen Bier auf Feiern. Einen Konsumanstieg merkte er erstmals mit 19 Jahren nach der Ausbildung, er trank dann täglich drei bis vier Flaschen Bier mit jeweils 0,33 l. Nach seinen Inhaftierungen trank er jeweils mehr harte Sachen, ist aber derzeit wieder auf Bier umgestiegen. Im Jahr 2015 trennte sich der Angeklagte von seiner Freundin, welche ebenfalls alkoholkrank war. Gemeinsam hatten sie acht bis zehn Flaschen Bier mit jeweils 0,5 l pro Tag konsumiert, zusätzlich noch ein bis zwei Gläser Wein. (...)
Der Angeklagte begab sich vom 12.02. bis 22.02.2016 in die stationäre Entgiftung im H in E. Dort nahm der Angeklagte regelmäßig am therapeutischen Angebot der Station, bestehend aus ärztlichen und psychologischen Einzel- und Gruppengesprächen teil. Auch besuchte er die psycho-edukative Suchtgruppe sowie Arbeit- und Ergotherapie, Entspannungstraining, Bewegungstherapie und weitere sozialtherapeutische Maßnahmen.
Vom 03.03.2016 bis zum 18.03.2016 befand er sich in teilstationärer Behandlung in der Tagesklinik M und wurde am 18.03.2016 regulär entlassen." (S. 4/5 UG)
"Zusätzlich hat der Angeklagte nach wie vor ein unbewäl...