Verfahrensgang
LG Paderborn (Aktenzeichen 3 O 174/16) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde vom 8.9.2017 wird der Beschluss des Landgerichts Paderborn vom 23.8.2017 (Az. 3 O 174/16) in Form des Nichtabhilfebeschlusses vom 11.9.2017 wie folgt abgeändert:
Der Beschluss des Landgerichts Paderborn vom 23.1.2017, mit dem der Klägerin Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, wird dahingehend abgeändert, dass die Beiordnung von Rechtsanwalt H aus N aufgehoben wird.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Mit Beschluss vom 23.1.2017 bewilligte das Landgericht der Klägerin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt H aus N. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin mit ihrem Prozessbevollmächtigten bereits die als Anlage K 45 (Bl. 169 d. GA.) vorgelegte Erfolgshonorarvereinbarung vom 4.4.2014 abgeschlossen.
Mit Schriftsatz vom 20.7.2017 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Blick auf die Erfolgshonorarvereinbarung, die Beiordnung der Kanzlei aufzuheben. Diesen Antrag wies das Landgericht mit Beschluss vom 23.8.2017 zurück. Der sofortigen Beschwerde vom 8.9.2017 half das Landgericht nicht ab.
II. 1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig.
Vorliegend ist mit dem Landgericht davon auszugehen, dass die sofortige Beschwerde im Namen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin eingelegt worden ist. Die Statthaftigkeit einer solchen Beschwerde gegen die Ablehnung der Aufhebung der Beiordnung folgt aus §§ 78c Abs. 3 analog, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO (OLG Koblenz, Beschluss vom 10.10.2016, Az. 13 WF 957/16; OLG Bamberg, Beschluss vom 10.4.2000, Az. 7 WF 23/00; BeckOK ZPO/Reichling, 26. Ed. 15.9.2017, ZPO § 121 Rn. 61 - für eine unmittelbare Herleitung aus § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO: OLG Dresden, Beschluss vom 24.8.1998, Az. 7 W 1039/98, NJW-RR 1999, 643).
2. Darüber hinaus ist die sofortige Beschwerde begründet. Die Beiordnung des Antragstellers ist aufzuheben.
a) Zunächst bestehen entgegen der Auffassung des Landgerichts grundsätzlich keine Bedenken gegen die isolierte Aufhebung der Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten. Zwar ist gemäß § 121 Abs. 1 ZPO einer Partei dann, wenn eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben ist, ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl von Amts wegen auch ohne Antrag beizuordnen. Die Regelung ist insoweit zwingend, als die bedürftige Partei auch dann einen Anspruch auf eine Beiordnung hat, wenn sie - wie im Falle eines Insolvenzverwalters - selber Rechtsanwalt ist (vgl. BGH, Beschluss vom 25.4.2002, Az. IX ZB 106/02; Beschluss vom 26.10.2006, Az. IX ZB 176/05; BeckOK ZPO/Reichling, 26. Ed. 15.9.2017, ZPO § 121 Rn. 10, 14). Bei verständiger Würdigung der Vorschrift kann, sofern die ordnungsgemäße Prozessführung anderweitig gesichert ist, damit allerdings nicht einhergehen, dass eine Beiordnung gegen den Willen der Partei erfolgt (vgl. dazu auch Thüringer OLG, Beschluss vom 9.10.2017, Az. 7 W 429/17).
Auch an anderer Stelle zeigt das Gesetz, dass die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht nur einheitlich der Aufhebung unterliegt. So ist durch das Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts vom 31.8.2013 (BGBl. Jahrgang 2013 Teil I Nr. 55) der § 124 Abs. 2 ZPO eingefügt worden und damit die Möglichkeit, die Prozesskostenhilfe für einzelne Beweiserhebungen teilweise aufzuheben, wenn die Beweiserhebung angesichts des bisherigen Prozessverlaufes keine Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint.
Demzufolge haben andere Gerichte trotz Bewilligung von Prozesskostenhilfe von der Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten abgesehen (so LG Berlin, Beschluss vom 8.3.2017, Az. 6 O 154/15; LG Regensburg, Beschluss vom 27.12.2016, Az. 4 O 1322/16) bzw. die Beiordnung nach § 48 Abs. 2 BRAO nachträglich aufgehoben, ohne dass damit zwingend die Beiordnung eines neuen Prozessbevollmächtigten verbunden gewesen wäre (u.a. OLG Celle, Beschluss vom 5.2.2007, Az. 6 W 2/07; vgl. auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 17.8.2017, Az. 2 LA 484/17; OLG Koblenz, Beschluss vom 10.10.2016, Az. 13 WF 957/16; OLG Nürnberg, Beschluss vom 13.1.2003, Az. 4 W 66/03; OLG Dresden, Beschluss vom 24.8.1998, Az. 7 W 1039/98, NJW-RR 1999, 643; auch LG Ulm, Beschluss vom 10.7.2017, Az. 6 O 198/14; OLG Dresden, Beschluss vom 29.8.2017, Az. 4 U 699/17; Thüringer OLG, Beschluss vom 9.10.2017, Az. 7 W 429/17).
b) Im Einzelfall muss eine isolierte Aufhebung zudem möglich sein, wenn - wie hier - die bedürftige Partei eine Erfolgshonorarvereinbarung mit ihrem Prozessbevollmächtigten getroffen hat und gemäß § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO die Beiordnung der Geltendmachung der Vergütung entgegenstehen würde.
Durch Art. 14 Nr. 3 des Gesetzes zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts vom 31.8.2013 (BGBl. Jahrgang 2013 Teil I Nr. 55) ist § 4a Abs. 1 S. 3 RVG neu eingefügt worden.
Das Änderungsgesetz wurde maßgeblich von haushalterischen Beweggründen bestimmt. Die finanzielle Belastung der Länderhaushalte durch die Ausgaben für Prozesskosten- und...