Leitsatz (amtlich)
Auch wenn der Unterhaltspflichtige zum Zeitpunkt der Rechtswahrungsanzeige nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 UVG nicht leistungsfähig ist, bedarf es keiner erneuten Rechtswahrungsanzeige nach eingetretener Leistungsfähigkeit, um die Folgen des § 7 Abs. 2 UVG herbeizuführen.
Normenkette
UVG § 7 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
AG Bottrop (Beschluss vom 13.11.2014; Aktenzeichen 21 F 114/14) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der am 13.11.2014 erlassene Beschluss des AG - Familiengericht - Bottrop abgeändert.
Der Antragsgegner wird verpflichtet, an den Antragsteller 1.862 EUR an rückständigem Unterhalt für dessen minderjähriges Kind N, geboren am ... 2010, aus übergegangenem Recht für den Zeitraum vom 1.2.2013 bis zum 31.3.2014 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten ab dem 11.6.2014 zu zahlen.
Die Kosten des Verfahrens erster Instanz und zweiter Instanz werden dem Antragsgegner auferlegt.
Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.862 EUR festgesetzt.
Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird angeordnet.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten um Kindesunterhalt.
Der Antragsgegner ist der leibliche Vater des am ... 2010 geborenen Kindes N (im Folgenden: das Kind). Die Kindesmutter, Frau Y, betreut das Kind allein. Auf Antrag der Kindesmutter vom 16.3.2012 wurden ihr Leistungen nach dem UVG rückwirkend zum 1.2.2012 i.H.v. monatlich 133 EUR bewilligt.
Mit Rechtswahrungsanzeige vom 19.3.2012, dem Antragsgegner zugestellt am 21.3.2012, teilte das Sozialamt der Stadt C dem Antragsgegner den Umstand der Leistungsgewährung nach dem UVG mit und forderte ihn auf, Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen. Der Antragsgegner übersandte mit Schreiben vom 26.4.2012 Nachweise über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse, aus denen hervorging, dass der Antragsgegner zu diesem Zeitpunkt unterhaltsrechtlich nicht leistungsfähig war.
Der Antragsgegner trat ab dem 1.2.2013 eine neue Arbeitsstelle an und erzielte einen Nettolohn von 1.454,46 EUR monatlich. Hiervon unterrichtete er den Antragsteller nicht.
Das Sozialamt der Stadt C überprüfte mit Fragebogen vom 28.3.2014 das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nach dem UVG bei der Kindesmutter. Diese gab in dem Fragebogen an, dass der Antragsgegner lange Arbeitszeiten und viele Überstunden habe. Das Sozialamt der Stadt C forderte sodann den Antragsgegner mit Schreiben vom 15.4.2014 erneut zur Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse auf. Mit Fragebogen vom 17.4.2014 teilte der Antragsgegner mit, dass er über ein monatliches Nettoeinkommen i.H.v. 1.460 EUR verfüge und bereit sei, ab dem 1.7.2014 monatlich 200 EUR an Kindesunterhalt zu leisten.
Das Sozialamt der Stadt C forderte mit Schreiben vom 28.4.2014 den Antragsgegner auf, rückständigen Unterhalt für die Zeit vom 1.2.2013 bis zum 31.5.2014 i.H.v. insgesamt 2.128 EUR (16 Monate × 133 EUR) zu zahlen. Mit anwaltlichem Schreiben vom 12.5.2014 teilte der Antragsgegner mit, dass er bereit sei, Mindestunterhalt rückwirkend ab dem 1.4.2014 zu zahlen, aber nicht verpflichtet sei, Unterhalt für die Vergangenheit zu leisten.
In der Folgezeit leistete der Antragsgegner auf die Rückstände ab dem 1.4.2014. Daraufhin stellte der Antragsteller die Leistungen nach dem UVG für das Kind zum 1.6.2014 ein.
Der auf Antrag des Antragstellers erlassene Mahnbescheid wurde dem Antragsgegner am 11.6.2014 zugestellt.
Der Antragsteller hat die Auffassung vertreten, dass der Antragsgegner auch zur Zahlung auf den rückständigen Unterhaltsanspruch für die Zeit vom 1.2.2013 bis zum 31.3.2014 i.H.v. 1.862 EUR verpflichtet sei. Der Antragsgegner sei mit der Rechtswahrungsanzeige vom 19.3.2012 über seine Verpflichtung zur Unterhaltszahlung informiert und aufgefordert worden, Auskunft zu erteilen. Gemäß § 1613 Abs. 1 BGB könne Unterhalt für die Vergangenheit geltend gemacht werden. Aus § 1613 Abs. 1 Satz 2 BGB könne Gegenteiliges nicht hergeleitet werden, da Satz 1 dieser Vorschrift die Voraussetzungen normiere, unter denen eine rückwirkende Geltendmachung von Unterhalt überhaupt möglich sei; hierzu zähle auch die Auskunftsaufforderung. Satz 2 dieser Vorschrift schaffe insofern allein die Möglichkeit, den Anspruch auf den Ersten des Monats unter der Voraussetzung zurückwirken zu lassen, so dass der Unterhaltsanspruch für den ganzen Monat bestehe, in welchem die Verzugsvoraussetzungen bewirkt worden seien. Anderenfalls würde derjenige Unterhaltsschuldner privilegiert, der - nachdem er in Verzug gesetzt worden sei - seine mittlerweile eingetretene Leistungsfähigkeit verschweige. Die Unterhaltsansprüche des minderjährigen Kindes seien auf ihn, den Antragsteller, ab dem 1.3.2012 übergegangen.
Der Antragsteller hat beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, an ihn 1.862 EUR an rückständigem Unterhalt für dessen minderjähriges Kind N, geboren am ... 2010, aus übergegangenem Recht für den Zeitraum vom 1.2.2013 bis zum 31.3.2014 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten ab dem 11.6.2014 zu zahlen.
Der Antrag...