Leitsatz (amtlich)
Sieht der Grundstückseigentümer davon ab, seinen Anspruch auf Erbbauzins durch Eintragung einer Reallast auf dem Erbbaurecht zu sichern, kann er seine Zustimmung zur Erteilung des Zuschlags in der Zwangsversteigerung nicht davon abhängig machen, dass der Ersteher den lediglich schuldrechtlichen Anspruch auf Zahlung des Erbbauzinses übernimmt.
Normenkette
ErbbauRG § 7 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Bielefeld (Beschluss vom 29.07.2011; Aktenzeichen 41 C 578/11) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Zustimmung der Beteiligten zu 2) und 3) zur Erteilung des Zuschlags an Herrn H in dem vor dem AG Bielefeld unter dem Aktenzeichen 006 K 078/09 anhängigen Zwangsversteigerungsverfahren (bei einem Bargebot von 79.500 EUR) wird ersetzt.
Die Beteiligten zu 2) und 3) tragen als Teilschuldner zu je ½ die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Auslagen der Beteiligten zu 1).
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.950 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligte zu 1) beantragt in dem vorliegenden Verfahren die Ersetzung der Zustimmung der Grundstückseigentümer zur Erteilung des Zuschlags in der Zwangsversteigerung des eingangs genannten Erbbaurechts.
Die Beteiligten zu 2) und 3) sind in ungeteilter Erbengemeinschaft Eigentümer der im Grundbuch von Z1 Blatt... verzeichneten Grundstücke. An dem Grundstück laufende Nr. 6 des Bestandsverzeichnisses ist in Abt. II lfd. Nr. 11 ein Erbbaurecht eingetragen, das im Erbbaugrundbuch von Z1 Blatt...1 (vormals Z1 Band 29 Blatt...2) verzeichnet ist. Als Inhalt des Erbbaurechts ist eingetragen, dass sowohl die Veräußerung als auch die Belastung des Erbbaurechts der Zustimmung des Grundstückseigentümers bedürfen.
Die Rechtsvorgängerin der Beteiligten zu 2) und 3), Frau L, bestellte das Erbbaurecht durch notariellen Vertrag vom 20.5.1966 (UR-Nr. 60/1966 Notar Dr. N in C). In § 6 dieses Vertrages verpflichtete sich der damalige Erbbaurechtsnehmer zur Zahlung eines näher geregelten, wertgesicherten Erbbauzinses. In dieser Regelung heißt es weiter:
"Zur Sicherung des Erbbauzinses bestellt der Erbbauberechtigte an dem ... Erbbaurecht eine Reallast.
Der Antrag, die Reallast einzutragen, soll gestellt werden, wenn die Bankkredite im Erbbaugrundbuch durch Grundpfandrechte gesichert worden sind. Die vorgehenden Belastungen sollen 100.000,- DM nicht überschreiten.
Das Erbbaurecht darf deshalb eingetragen werden, ohne dass die Reallast gleichzeitig eingetragen wird."
Entsprechend dieser Regelung wurde in der Folgezeit das Erbbaurecht im Grundbuch eingetragen und in Abt. III mit Grundpfandrechten belastet. Die Eintragung einer Erbbauzinsreallast unterblieb, weil ein entsprechender Antrag aus unbekannten Gründen nicht mehr gestellt wurde.
Das Erbbaurecht wurde in den folgenden Jahren mehrfach veräußert, zuletzt mit Zustimmung der Beteiligten zu 2) und 3) an eine BGB-Gesellschaft bestehend aus den Gesellschaftern S1 und S2. Diese bestellte ebenfalls mit Zustimmung der Beteiligten zu 2) und 3) eine Buchgrundschuld über 136.000 EUR nebst Zinsen zugunsten der Beteiligten zu 1), die am 18.10.2002 im Grundbuch eingetragen wurde. Aus dieser Grundschuld betreibt die Beteiligte zu 1) in dem Verfahren 006 K 078/09 AG Bielefeld die Zwangsversteigerung des Erbbaurechts. Im Versteigerungstermin vom 3.3.2011 blieb Herr H mit einem Bargebot von 79.500 EUR Meistbietender. Die Beteiligten zu 2) und 3) verweigern ihre Zustimmung zur Erteilung des Zuschlags, da der Meistbietende nicht bereit ist, die schuldrechtliche Verpflichtung zur Zahlung des jährlichen Erbbauzinses zu übernehmen.
Die Beteiligte zu 1) hat daraufhin bei dem AG beantragt,
gemäß §§ 7 Abs. 3, 8 ErbbauRG die Zustimmung der Beteiligten zu 2) und 3) zum Zuschlag in dem vor dem AG Bielefeld unter dem Aktenzeichen 006 K 078/09 anhängigen Zwangsversteigerungsverfahren gegen S1 und S2 in Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu ersetzen.
Die Beteiligten zu 2) und 3) sind dem Antrag entgegen getreten. Das AG hat durch Beschluss vom 29.7.2011 den Antrag zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligte zu 1), die sie mit einem bei dem AG am 30.8.2011 eingegangenen Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten eingelegt hat.
II. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist nach § 7 Abs. 3 S. 2 ErbbauRG i.V.m. §§ 58, 63 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig.
In der Sache ist die Beschwerde begründet, da die Beteiligte zu 1) antragsbefugt ist und die Voraussetzungen für die Ersetzung der Zustimmung nach § 7 Abs. 3 S. 1 ErbbauRG vorliegen.
Allerdings steht der Anspruch auf Ersetzung der Zustimmung nach § 7 Abs. 1 ErbbauRG grundsätzlich dem Erbbauberechtigten zu. Wird jedoch - wie im vorliegenden Falle - die Zwangsvollstreckung in ein Erbbaurecht im Wege der Zwangsversteigerung betrieben, so entspricht es der herrschenden Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum (vgl. BGHZ 100, 107 = NJW 1987, 1942; OLG Hamm FGPrax 2008, 233; Ingens...