Leitsatz (amtlich)
Einem Zahnarzt steht ein Vergütungsanspruch dann nicht zu, wenn er durch sein vertragswidriges Verhalten die Kündigung durch den Patienten veranlasst hat. Ist die geleistete Arbeit des Zahnarztes für den Patienten nicht wieder verwendungsfähig, entfällt auch der Anspruch auf anteilige Vergütung der zahnärztlichen Leistung. Ist die Neuanfertigung des Zahnersatzes geboten, muss der Patient sich nicht mit Nachbesserungsversuchen zufrieden geben.
Normenkette
BGB §§ 611, 280, 628, 823
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Urteil vom 19.12.2012; Aktenzeichen 3 O 422/11) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 19.12.2012 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Bielefeld abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Auf die Widerklage des Beklagten wird der Kläger verurteilt, an den Beklagten 2.500 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 3.8.2012 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass der Kläger verpflichtet ist, ihm sämtlichen materiellen Schaden aus der zahnprothetischen Behandlung zu erstatten, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.
Der weiter gehende Zinsanspruch bleibt abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Die Kosten des Streithelfers trägt dieser selbst.
Das angefochtene Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Ansprüche aus einer zahnärztlichen Behandlung.
Der Beklagte befand sich in der Zeit vom 28.2.2006 bis zum 31.5.2011 in der zahnärztlichen Behandlung des Klägers. Zwischen dem 18.1.2011 und dem 18.3.2011 führte dieser eine zahnprothetische Behandlung durch. Am 15.03. und 18.3.2011 wurden Brücken eingegliedert. Dabei zeigten sich, insbesondere durch Einschleifen Mängel, die der Beklagte unter dem 20.3.2011 rügte. Der Kläger stellte seine Leistungen mit Rechnung vom 18.3.2011 in Höhe der Klageforderung in Rechnung. Anschließend korrespondierten die Parteien wegen der weiteren Vorgehensweise. Per Email vom 31.5.2011 wies der Kläger den Beklagten darauf hin, dass er zu weiteren zahnärztlichen Leistungen ohne Vergütung nicht bereit sei. Mit anwaltlichem Schreiben vom 14.7.2011 lehnte der Beklagte die weitere Behandlung durch den Kläger ab.
Der Kläger hat mit seiner Klage Behandlungskosten i.H.v. 8.599,25 EUR geltend gemacht. Der Beklagte hat widerklagend die Zahlung von Schmerzensgeld, sowie die Feststellung der Ersatzpflicht für materielle Schäden verlangt. Der Kläger hat vorgetragen, der Beklagte habe ihm nicht ausreichend Gelegenheit gegeben, den Zahnersatz ordnungsgemäß einzugliedern. Der Beklagte hat behauptet, der Zahnersatz sei trotz zahlreicher Nachbesserungsversuche mangelhaft.
In dem auf Antrag des Beklagten eingeleiteten selbständigen Beweisverfahren (5 H 13/11 AG Bielefeld) erstattete der Sachverständige, Dr. I, ein schriftliches Gutachten. Darin kam der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass die Brücken durch starkes Einschleifen der Okklusionsflächen zahlreiche zahntechnische Mängel aufweisen, die nur durch eine Neuanfertigung der gesamten Oberkonstruktion zu beheben sind.
Durch die angefochtene Entscheidung hat das LG nach Einholung eines mündlichen Sachverständigengutachtens der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe einen Anspruch auf Vergütung der von ihm durchgeführten zahnärztlichen Behandlung gem. § 611 Abs. 1 BGB. Dem stehe nicht entgegen, dass vom Beklagten Mängel behauptet worden seien. Der Beklagte habe den ihm obliegenden Beweis für die Mangelhaftigkeit des vom Kläger gefertigten Zahnersatzes nicht geführt. Zwar habe der Sachverständige festgestellt, dass der Kontakt nicht gleichmäßig sei und an verschiedenen Zähnen Abplatzungen und Beschädigungen an der Keramik vorlägen. Dem Kläger sei jedoch die Vornahme von Korrekturmaßnahmen zu gewähren, bevor dem Beklagten ein Recht zur Kündigung gem. § 628 BGB zugebilligt werden könne. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass zum Zeitpunkt der Kündigung durch den Beklagten die Behandlung noch nicht abgeschlossen gewesen sei und der Kläger keine ausreichende Möglichkeit zur Nachbesserung gehabt habe. Nach den vom Sachverständigen ausgewerteten Behandlungsunterlagen sei am 15.3.2011 lediglich eine Einprobe der Brückenkonstruktion und am 18.3.2011 die eigentliche Eingliederung erfolgt. Die zahnärztliche Behandlung sei auch nicht durch die Rechnungsstellung vom 18.3.2011 beendet worden. Demgegenüber habe der Beklagte lediglich pauschal zahlreiche Nachbesserungsversuche des Klägers behauptet. Dass nach den Feststellungen des Sachverständigen die Brückenkonstruktion nicht mehr zu verwenden gewesen sei, sondern neu hätte erstellt werden müssen, beruhe nicht auf einem Behandlungsfehler. Die mit der Widerklage geltend gemachten Ansprüche stünden dem Beklagten nicht zu, da ein Behandlungsfehler nicht feststellbar sei.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, der sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt. Zur Be...