Leitsatz (amtlich)
Eine Gesetzesumgehung des § 3a RVG kann vorliegen, wenn der Anwalt einen Vertrag entwirft, in dem der Mandant gegenüber einem Nichtmandanten anwaltliche Vergütungsansprüche im Sinne eines echten Vertrages zugunsten Dritter (des Anwalts) anerkennt und der Nichtmandant ein Garantieversprechen zugunsten Dritter (des Anwalts) abgibt.
Normenkette
BGB §§ 328-329, 611; RVG § 3a; ZPO § 592
Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 07.01.2010; Aktenzeichen 18 O 495/09) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 7.1.2010 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des LG Essen wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger ist Partner einer anwaltlichen Partnerschaftsgesellschaft. Er nimmt den Beklagten, der nicht Mandant der Partnerschaftsgesellschaft war, aus abgetretenem Recht der Partnerschaftsgesellschaft aus einem Garantievertrag zugunsten Dritter auf der Grundlage eines Schuldanerkenntnisses zugunsten Dritter auf Zahlung von Anwaltshonorar in Anspruch.
Mandantin der Partnerschaftsgesellschaft war die O GmbH (nachfolgend nur: GmbH) unter ihrem Geschäftsführer L. Grundlage war ein sog. "Beratervertrag" vom 1./2.10.2002 mit der - damals anders firmierenden - GmbH auf der Basis von Stundenhonorar (Anlage TW 21). Zwischen dem 12.3.2009 und 20.7.2009 erteilte die Partnerschaftsgesellschaft der GmbH acht Anwaltsrechnungen über insgesamt 46.892,44 EUR, überwiegend für außergerichtliche Beratung im Gesellschaftsrecht, IT-Recht, Arbeitsrecht und öffentlichen Recht (Anlagen TW 7 bis 14). Die GmbH beglich die Forderungen nicht.
Der Beklagte war Geschäftsführer zwei anderer Gesellschaften mit beschränkter Haftung ("Zwei M Gesellschaft für elektronische Publikationen"; "Vereinte W"), von denen eine 90 % der Anteile der GmbH hielt.
Durch Notarverträge vom 13.8.2009 (UR-Nr. ... und UR-Nr. ... des Notars Dr. T2 in E) regelten der Beklagte und die beiden von ihm vertretenen Gesellschaften sowie die GmbH und deren Geschäftsführer L u.a. die wirtschaftlichen Folgen der sofortigen Abberufung von L als Geschäftsführer der GmbH und der Veräußerung des von ihm an der GmbH gehaltenen Geschäftsanteils von 10 % an eine der vom Beklagten vertretenen Gesellschaften. Der Beklagte wurde zum neuen Geschäftsführer der GmbH bestellt.
Die Notarverträge vom 13.8.2009 beruhten auf einem Vertragsentwurf, der am selben Tag von einem Partner der Partnerschaftsgesellschaft, Rechtsanwalt Dr. T, gefertigt worden war (Bl. 47 ff. d. A). Im Zusammenhang mit der Vorbereitung der Abberufung von L als Geschäftsführer der GmbH bestand zwischen den Vertragsparteien Einvernehmen, dass das Mandatsverhältnis zwischen der GmbH und der Partnerschaftsgesellschaft beendet ist, damit Rechtsanwalt Dr. T nunmehr die persönlichen Interessen des abzuberufenden Geschäftsführers L vertreten konnte.
Zum Beurkundungszeitpunkt waren außer den bereits abgerechneten Leistungen, die die Partnerschaftsgesellschaft für die GmbH erbracht hatte, weitere Leistungen noch nicht abgerechnet worden. Rechtsanwalt Dr. T, der an dem Notartermin als Rechtsbeistand des Geschäftsführers L teilnahm, teilte nach Rücksprache mit seinem Sekretariat mit, dass die GmbH noch rund 10.000 EUR zu zahlen habe. Es wurde dann, weil die Sache umfassend erledigt werden sollte, vereinbart, dass die noch nicht abgerechneten Honorare mit 7.000 EUR in Ansatz gebracht werden, woraus sich eine Gesamtsumme von 53.892,44 EUR ergab. Ziff. III. des Notarvertrages mit der UR-Nr. ... lautet:
"1. Die ... GmbH erkennt hiermit im Sinne eines echten Vertrages zugunsten Dritter gegenüber der Partnerschaftsgesellschaft (...) an, aus erbrachten anwaltlichen Dienstleistungen insgesamt einen fälligen Betrag i.H.v. 53.892,44 EUR zu schulden. Die Mehrwertsteuer ist in diesem Betrag enthalten.
Die GmbH verpflichtet sich, diese Forderung in sieben gleichen Monatsraten, beginnend ab dem 20.8.2009 zu zahlen.
2. Der Erschiene zu 1) [der Beklagte] übernimmt hiermit persönlich die Garantie im Sinne eines selbständigen Garantieversprechens gem. § 311 Abs. 1 BGB, dass die GmbH ihre Zahlungsverpflichtungen gem. Ziff. 1 erfüllt. Der Erschiene zu 1) [der Beklagte] kann aus dieser Garantie unabhängig und ohne vorherige Geltendmachung des Anspruchs gegenüber der GmbH in Anspruch genommen werden.
Auch dieses Garantieversprechen ist als Vertrag zugunsten Dritter anzusehen."
Wegen der weiteren Einzelheiten des Notarvertrages mit der UR-Nr. ... wird auf die Anlage TW 2 Bezug genommen. Mit einer Kostenrechnung vom 14.8.2009 stellte die Partnerschaftsgesellschaft der GmbH 7.000 EUR in Rechnung (Anlage TW 5). Mit Abtretungsvereinbarung vom 1.10.2009 trat die Partnerschaftsgesellschaft, vertr...