Leitsatz (amtlich)
Kein Anspruch auf eine über die vereinbarte Index-Regelung hinausgehende Anpassung des Erbbauzinses bei Abschluss des Erbbaurechtsvertrages nach Bekanntgabe der Aufhebung der sog. Preisstoppregelungen.
Verfahrensgang
LG Dortmund (Urteil vom 11.05.2011; Aktenzeichen 24 O 99/11) |
Tenor
Die Berufung gegen das am 11.5.2011 zugestellte Urteil der 24. Zivilkammer des LG Dortmund wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckbaren Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Kläger begehren eine über die vertraglich ausdrücklich vereinbarte Erhöhung des Erbbauzinses hinausgehende Erhöhung wegen einer behaupteten wesentlichen Änderung der Geschäftsgrundlage.
Die Kläger sind Eigentümer der Grundstücke, an denen die in den Anträgen näher bezeichneten Erbbaurechte bestellt sind. Der Vater der Kläger schloss unter dem 24.6.1959 (Bl. 41 ff. GA) mit der X AG einen Erbbaurechtsvertrag über drei Flurstücke im Grundbuch von E A, Band xxx, Blatt... mit einer Gesamtfläche von 20.558 qm und einem ab dem 1.10.1959 zu zahlenden jährlichen Erbbauzins von 7.195,30 DM = 0,35 DM je qm zur Errichtung von Wohngebäuden im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus. Der Vertrag enthielt folgende Anpassungsklausel:
"§ 5 Neufestsetzung des Erbbauzinses:
Jede Partei und - zu unmittelbarem Recht - auch ihre Rechtsnachfolger können eine angemessene Herauf- oder Herabsetzung des Erbbauzinses mit Wirkung ab Beginn des auf den Antrag folgenden nächsten Kalenderjahres verlangen, wenn dies mit Rücksicht auf eine wesentliche oder nachhaltige Veränderung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse nach den Grundsätzen von Treu und Glauben billig ist. Auf Verlangen einer Partei ist die Änderung des Erbbauzinses von der jeweils pflichtigen Partei zu bewilligen und von der anderen Partei eintragen zu lassen, und zwar ein evtl. Erhöhungsbetrag an dann nächstbereiter Stelle, also nach zwischenzeitlichen Eintragungen in Abt. II und Abt. III des Erbbau-Grundbuches. Bei Streit über Voraussetzung und Ausmaß der Neufestsetzung des Erbbauzinses gilt § 21 dieses Vertrages entsprechend. Die Parteien sind sich darüber einig, dass eine solche wesentliche und nachhaltige Veränderung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse als eingetreten gilt, wenn der Lebenshaltungsindex sich gegenüber dem Stande von heute um mehr als 20 Punkte nach oben oder unten verändert."
§ 8 Abs. 3 dieses Vertrages sieht einen Grundstückstausch mit anderen Grundstücken des Eigentümers bei Beibehaltung des vereinbarten Erbbauzinses vor, wenn die Planung der zu errichtenden Bauvorhaben dies erfordere.
In der Folgezeit kam es zu einem solchen Tausch. Mit Schreiben vom 2.5.1961 (Bl. 41 f. GA) übersandte die X AG die entsprechend geänderten Vertragsentwürfe, wobei die ursprüngliche Erbbaurechtsnehmerin ausführte:
"Der früher vereinbarte Erbbauzins wird durch den Austausch nicht berührt und bleibt in der ursprünglichen Höhe bestehen."
Unter dem 16.5.1961 schlossen der Vater der Kläger und die ursprüngliche Erbbaurechtsnehmerin die Erbbaurechtsverträge über die streitgegenständlichen Erbbaurechte, wobei zwei wortgleiche Verträge geschlossen wurden. Die Anpassungsklausel entspricht der Klausel in dem ursprünglichen Vertrag, wobei der Lebenshaltungsindex dahin präzisiert worden ist, dass es sich um den Lebenshaltungsindex der mittleren Verbrauchergruppe handelt.
Wegen der Einzelheiten der genannten Verträge und Schreiben wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
Die Erbbaurechte wurden am 24.11.1961 im Grundbuch eingetragen.
In der Folgezeit kam es wiederholt zu Anpassungen des Erbbauzinses entsprechend der vereinbarten Anpassungsklausel. Die letzte Grundbucheintragung der Anpassung erfolgte am 17. und 18.2.1995. Schuldrechtlich erfolgte die letzte Anpassung zum 1.1.2006 auf einen jährlichen Erbbauzins von 20.159,70 EUR für beide Grundstücke gemeinsam.
Mit Schreiben vom 20.11.2007 machten die Kläger gegenüber der Beklagten, die am 16.1.2008 als Erbbaurechtsnehmerin eingetragen wurde, die streitgegenständliche Erhöhung des Erbbauzinses für die Zeit ab dem 1.1.2009 geltend, ohne den Erhöhungsbetrag zu beziffern. Mit Schreiben vom 10.12.2009 forderten die Kläger auf Basis eines Privatgutachtens I eine Erhöhung des bisherigen Erbbauzinses auf insgesamt mindestens 97.730 EUR jährlich. Wegen der Einzelheiten der Schreiben und der weiteren Korrespondenz der Parteien wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
Die Kläger haben geltend gemacht, beide Verträge seien noch unter Geltung und Einfluss der Bodenstopppreisregelungen geschlossen worden. Bodenrichtwerte seien erstmals im Jahr 1964 für die fragliche Region ermittelt worden. Die Stopppreisgesetze seien zumindest bei Abschluss des Ausgangsvertrages noch allgeme...