Leitsatz (amtlich)
Die Vereinbarung einer sog. unselbständigen Stiftung zur Finanzierung eines langjährigen Grabpflegevertrages unter Ausschluss des Kündigungsrechtes ist in einem Formularvertrag nach § 309 Nr. 9 BGB unwirksam.
Verfahrensgang
LG Dortmund (Urteil vom 17.09.2007; Aktenzeichen 2 O 385/06) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung gegen das am 17.9.2007 verkündete Urteil des LG Dortmund wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte außergerichtliche Kosten nur i.H.v. 239,70 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.11.2006 zu zahlen hat.
Der Beklagte trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung gegen sich durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Kläger zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des beizutreibenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der seinerzeit bereits über 80jährige und schwer behinderte Kläger schloss mit dem Beklagten im Zuge der Umbettung seiner vorverstorbenen Ehefrau am 16.2.2005 einen "Treuhandvertrag über die Errichtung eines sonstigen Zweckvermögens gem. § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG und § 14 Verwaltungsordnung" ab. In dem Vertrag verpflichtete er sich, 5.250 EUR an den Beklagten zu zahlen. Der Beklagte sollte zum Zeitpunkt des Ablebens des Klägers einen Dauergrabpflegevertrag mit einer Laufzeit von 30 Jahren mit der Evangelischen Kirchengemeinde N abschließen. In § 3 des Treuhandvertrages heißt es:
"(1).. Der Nutzungsberechtigte bzw. die Erben des ... Nutzungsberechtigten sind zu einer Kündigung nicht berechtigt.
(2) Der Treuhandvertrag endet mit Ende der Laufzeit.. oder nach dem Verbrauch des Kapitals aus dem Treuhandvermögen.
(3).. Der Nutzungsberechtigte kann von dem Treuhandvertrag zurücktreten, wenn eine Bestattung im Gebiet des Kirchkreises nicht mehr möglich oder nicht mehr zumutbar ist."
Der Kläger zahlte den Betrag und der Beklagte schloss einen Grabpflegevertrag mit der Kirchengemeinde über 30 Jahre ab dem Tod des nutzungsberechtigten Klägers ab, der nach § 5 dieses Vertrages jeweils zum Jahresende kündbar war.
Am 18.4.2006 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er beabsichtige zu kündigen, weil die auf den Friedhof vorhandene Bepflanzung nunmehr von seiner Tochter gepflegt werde. Die Tochter des Klägers erklärte dem Beklagten, sie könne die Grabpflege für 5.000 EUR auch erledigen.
Am 24.6.2006 kündigte der Kläger ggü. dem Beklagten den "Grabpflegevertrag" mit sofortiger Wirkung und begründete dies mit einer völlig unzureichend durchgeführten Grabpflege und -bepflanzung auf den anderen Gräbern des Friedhofs.
Der Kläger macht Rückzahlung des eingezahlten Betrages sowie vorgerichtliche Anwaltskosten geltend. Er hat behauptet, die auf dem Friedhof (auf anderen Gräbern) durchgeführte Grabpflege der Fa. T sei unzureichend. Im Übrigen sei er auf das Geld dringend angewiesen, da er einen Treppenlift zum Preis von 11.658 EUR in sein Reihenhaus einbauen müsse.
Er ist der Auffassung, er könne das Geld aufgrund seiner Verarmung zurückverlangen. Jedenfalls sei der Ausschluss des Kündigungsrechtes sittenwidrig und verstoße gegen § 309 Nr. 9 BGB.
Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 5.250 EUR nebst 3 % Zinsen seit dem 16.2.2005 und außergerichtliche Kosten i.H.v. 239,70 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten seit dem 23.11.2006 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, Schenkungsrecht und auch die Vorschrift des § 309 Nr. 9 BGB seien auf die Vereinbarung einer treuhänderischen Stiftung nicht anzuwenden.
Das LG hat der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, auf den Vertrag sei das Schuldrecht anwendbar. Da wesentlicher Inhalt des Vertrages die Grabpflege für die Dauer von 30 Jahren sei, handle es sich um ein Dauerschuldverhältnis, so dass die Kündigung gem. § 309 Nr. 9 BGB nicht durch die hier verwendeten vorformulierten Vertragsbedingungen ausgeschlossen werden könne.
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Berufung. Er meint, das LG habe die Vertragsverhältnisse verkannt. Gegenstand des Treuhandvertrages sei die Begründung einer selbständigen Verbrauchsstiftung gewesen, wobei der Treuhänder Eigentümer des Stiftungsvermögens werde. Ein Dauerschuldverhältnis liege nicht vor. §§ 80 -88 BGB seien auf die Einrichtung der Treuhandstiftung nicht anwendbar. Eine Rückübertragung auf den Stifter komme nicht in Betracht. Das ergebe sich aus § 55 AO, wonach das Vermögen nur für steuerbegünstigte Zwecke verwandt werden dürfe. Das von den Parteien gewählte Konstrukt könne nur funktionieren, wenn Vorgaben eingehalten würden. Andernfalls entstünden beispielsweise Steuerpflichten auch zu Lasten der nutzungsberechtigten Person. Zudem könne den Interessen vieler Menschen an einer verlässlichen und würdevollen Bestattung nur über eine Treuhandstiftung, die die für Bestattung und Grabpflege ...