Entscheidungsstichwort (Thema)
Sittenwidrigkeit von benachteiligenden Unterhaltsregelungen im Ehevertrag
Leitsatz (amtlich)
Wirksamkeit eines Ehevertrages bei Modifizierung der Erwerbsobliegenheit im Hinblick auf das Alter der Kinder ggü. den Leitlinien und Herabsetzung des Betreuungsunterhalts auf einen geringeren Betrag als dem erzielbaren Einkommen des Unterhaltsberechtigten.
Normenkette
BGB § 138 Abs. 1, §§ 1570, 1573
Verfahrensgang
AG Iserlohn (Urteil vom 24.07.2006; Aktenzeichen 14a F 86/05) |
Tenor
Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das am 24.7.2006 verkündete Verbundurteil des AG - FamG - Iserlohn im Ausspruch zum nachehelichen Unterhalt abgeändert.
Der Antragsteller wird verurteilt, ab Rechtskraft der Scheidung an die Antragsgegnerin nachehelichen Unterhalt in monatlicher Höhe von 1.156 EUR zu zahlen.
Die weitergehende Unterhaltsklage bleibt abgewiesen.
Die Kosten erster und zweiter Instanz werden insgesamt gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
(gem. § 540 ZPO)
I. Die Parteien haben am 27.4.1995 geheiratet und am selben Tag einen notariellen Ehevertrag geschlossen, wegen dessen Inhalt auf die zur Akte gereichte Vertragskopie verwiesen wird. Sie sind die Eltern des am 1.9.1995 geborenen Sohnes Philipp sowie der am 2.2.1998 geborenen Tochter Celine und leben seit Mai 2003 getrennt.
Durch das teilweise angefochtene Urteil hat das FamG die Ehe der Parteien geschieden, festgestellt, dass der Versorgungsausgleich nicht stattfindet und die Klage auf nachehelichen Unterhalt zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Parteien in dem notariellen Ehevertrag vom 27./4.1.1995, der nicht nichtig und auch nicht gem. § 242 BGB anzupassen sei, u.a. eine Ersatzregelung für den Versorgungsausgleich und. auch den nachehelichen Unterhalt vereinbart hätten. Nach diesen Regelungen sei der Unterhaltsbedarf der Antragsgegner in derzeit durch ihr Erwerbseinkommen und den Wohnwert der von ihr bewohnten Ehewohnung gedeckt. Wegen der Begründung im Einzelnen und zur weiteren Sachdarstellung wird auf das angefochtene Urteil einschließlich seiner Verweisungen Bezug genommen.
Mit der Berufung hat die Antragsgegnerin zunächst begehrt, den Scheidungsantrag zurückzuweisen und den Antragsteller zu verurteilen, an sie ab Rechtskraft der Scheidung monatlichen Unterhalt i.H.v. 2.000 EUR zu zahlen.
Im Senatstermin hat sie die Berufung gegen den Scheidungsausspruch zurückgenommen, klargestellt, dass der Ausspruch zum Versorgungsausgleich nicht angegriffen werde und abändernd beantragt, den Antragsteller zu verurteilen, an sie monatlichen Unterhalt i.H.v. 2.000 EUR ab Rechtskraft der Scheidung zu zahlen. Sie ist der Ansicht, dass der Ehevertrag nichtig sei. Ein Scheidungsunterhalt stehe ihr aufgrund eines konkreten Bedarfs in monatlicher Höhe von mindestens 2.000 EUR zu.
Der Antragsteller verteidigt die angefochtene Entscheidung und beantragt, die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise den Unterhaltsanspruch der Höhe nach auf monatlich 300 EUR zu begrenzen und ihn zeitlich spätestens am 31.12.2008 gänzlich entfallen zu lassen.
Wegen des Weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Berichterstattervermerk vom 18.1.2007 Bezug genommen.
II. Die Berufung ist im tenorierten. Umfang begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet. Die Antragsgegnerin hat gegen den Antragsteller einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch gem. §§ 1570, 1573 Abs. 2 BGB ab Rechtskraft der Scheidung in monatlichen Höhe von 1.156 EUR.
1. Die Regelungen in § 3 des Ehevertrages vom 27.4.1995 stehen dem gesetzlichen Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin nicht entgegen, weil sie gem. § 138 Abs. 1 BGB nichtig sind.
In § 3 des Ehevertrages haben die Parteinen für den Fall der Scheidung einen gegenseitigen Verzicht auf die Gewährung nachehelichen Unterhalts vereinbart, der einschränkend für den Zeitraum nicht gelten soll, in dem die Antragsgegnerin gemeinsame minderjährige Kinder, die noch nicht das 14. Lebensjahr vollendet haben, betreut oder einer der Parteien wegen Krankheit oder Alters einer Erwerbstätigkeit nicht nachzugehen in der Lage ist. Der jeweilige Unterhaltsanspruch des bedürftigen Ehegatten ermittelt sich dabei nach den gesetzlichen Vorschriften, der Höhe nach allerdings begrenzt auf einen Betrag von maximal 3.000 DM monatlich. Der Höchstbetrag ist durch eine Wertsicherungsklausel an die Entwicklung des Verbraucherpreisindexes gekoppelt.
Diese Regelung hält einer Inhaltskontrolle nach den vom BGH entwickelten Grundsätzen nicht stand.
a) Unstreitig war es das Anliegen des Antragstellers, einen Ehevertrag zu schließen. Die Antragsgegnerin befand sich aufgrund der Schwangerschaft in einer schwächeren Verhandlungsposition, da sie befürchten musste, dass die von ihr, auch auf dem Hintergrund der Schwangerschaft, gewollte Ehe ohne den vom. Antragsteller für erforderlich gehaltenen Ehevertrag nicht geschlossen würde.
Die schwächere Verhandlungsposit...