Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufsunfähigkeitsversicherung: Nachprüfungsverfahren, in welchem Versicherungsnehmer nunmehr die seinerzeit anerkannte Berufsunfähigkeit in Frage stellt
Leitsatz (amtlich)
1. Macht der Versicherungsnehmer im Nachprüfungsverfahren der Berufsunfähigkeitsversicherung geltend, bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit habe zum Zeitpunkt des Anerkenntnisses - obwohl seinerzeit von ihm mit seinem Leistungsbegehren geltend gemacht - gar nicht vorgelegen, so obliegt es ihm jedenfalls dies näher darzulegen.
2. Im Übrigen muss der Versicherungsnehmer gegen sich gelten lassen, dass der Versicherer entsprechend seinen damaligen Angaben und nach ordnungsgemäßer Prüfung ohne Verschulden zu dem Ergebnis kam, der Versicherungsnehmer sei bedingungsgemäß berufsunfähig. Jedenfalls in einer solchen Konstellation kann der Versicherungsnehmer nach erheblicher Besserung des Gesundheitszustands und einer entsprechenden Einstellungsmitteilung nicht mit Erfolg geltend machen, Berufsunfähigkeit habe gar nicht vorgelegen.
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Aktenzeichen 18 O 18/22) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 8. Dezember 2023 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Vollstreckungsschuldnerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Einstellung von Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. Versicherungsbeginn war der 01.01.2004, Versicherungsablauf ist der 31.12.2049. Versicherungsleistungen im Versicherungsfall sind eine monatliche BU-Rente von ursprünglich 800 EUR und eine Beitragsbefreiung (siehe Versicherungsschein Bl. 10 eGA-I). Die vereinbarten Besonderen Bedingungen für die Bausteine zur Berufsunfähigkeitsvorsorge (nachfolgend: AVB) lauten (auszugsweise) wie folgt.
"§ 1 Was ist versichert?
(1) Wird die versicherte Person während der Versicherungsdauer der Bausteine zur Berufsunfähigkeitsvorsorge zu mindestens 50 % berufsunfähig, erbringen wir die nachstehend unter (a) und (b) genannten Versicherungsleistungen. Die Versicherungsleistungen erbringen wir, solange die versicherte Person lebt, längstens jedoch bis zum Ende der vertraglich vereinbarten Leistungsdauer. Wir erbringen keine Versicherungsleistung, wenn der Grad der Berufsunfähigkeit unter 50 % sinkt.
(2) Der Anspruch auf Beitragsbefreiung entsteht mit Ablauf des Monats, in dem die Berufsunfähigkeit eingetreten ist. [...] Der Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente entsteht eben falls mit Ablauf des Monats, in dem die Berufsunfähigkeit eingetreten ist. [...]
§ 2 Was ist Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen?
(1) Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich mindestens 3 Jahre außerstande ist, ihren Beruf auszuüben und sie auch keine andere Tätigkeit ausübt, die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht.
[...]
(3) Ist die versicherte Person 6 Monate ununterbrochen infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, vollständig oder teilweise außerstande gewesen, ihren Beruf im Sinne von Abs. 1 auszuüben und hat sie in dieser Zeit auch keine andere Tätigkeit ausgeübt, die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht, so gilt die Fortdauer dieses Zustandes als vollständige oder teilweise Berufsunfähigkeit. In diesem Fall entsteht der Anspruch auf Beitragsbefreiung und Berufsunfähigkeitsrente mit Ablauf des 6. Monats. Wird nach der Anerkennung unserer Leistungspflicht bei der Nachprüfung gem. § 7 festgestellt, dass inzwischen eine Berufsunfähigkeit von voraussichtlich insgesamt mindestens drei Jahren im Sinne von Abs. 1 bzw. 2 vorliegt, werden wir die Versicherungsleistungen gem. § 1 auch für die ersten 6 Monate erbringen.
§ 6 Wann geben wir eine Erklärung über unsere Leistungspflicht ab?
Nach Prüfung der uns eingereichten sowie der von uns herangezogenen Unterlagen erklären wir, ob, in welchem Umfang und ab welchem Zeitpunkt wir eine Leistungspflicht anerkennen. Auf die Möglichkeit eines befristeten Anerkenntnisses verzichten wir ausdrücklich.
§ 7 Was gilt für die Nachprüfung der Berufsunfähigkeit?
[...]
(4) Ist die Berufsunfähigkeit weggefallen oder hat sich ihr Grad auf weniger als 50 % vermindert, können wir unsere Leistungen einstellen. Die Einstellung teilen wir dem Anspruchsberechtigten mit; sie wird nicht vor Ablauf eines Monats nach Absenden dieser Mitteilung wirksam. Zu diesem Termin muss, sofern die Beitragszahlungsdauer nicht abgelaufen ist, die Beitragszahlung wiederaufgenommen werden."
Der oben dargestellte § 2 wurde bei der hier vereinbarten "Berufsunfähigkeitsvorsorge Plus" durch den Bauste...