Entscheidungsstichwort (Thema)
Formnichtigkeit eines Honorarversprechens
Leitsatz (amtlich)
1. Die Schriftform des Honorarversprechens nach § 3 Abs. 1 BRAGO (§ 4 Abs. 1 RVG) ist bei bloßer Übersendung eines Telefaxes nicht gewahrt.
2. Die spätere Berufung auf den Formmangel ist, soweit keine Arglist vorgelegen hat, regelmäßig nicht treuwidrig, wenn - wie hier - eine Vereinbarung über eine Erhöhung der gesetzlichen Vergütung nicht der vorgeschriebenen Form entspricht, weil das Festhalten an der Regelvergütung nicht schlechthin untragbar ist.
3. Zur Bestätigung der formunwirksamen Erklärung nach § 141 BGB.
Normenkette
BRAGO § 3 Abs. 1; BGB §§ 125, 126 Abs. 1, § 130 Abs. 1, §§ 141, 242
Verfahrensgang
LG Münster (Urteil vom 21.02.2005) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 21.2.2005 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Münster wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des nach dem Urteil zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Gründe
A. Die Klägerin ist eine Anwaltssozietät, die u.a. auf Rechtsfragen des Vergaberechts spezialisiert ist. Die Beklagte und eine Fa. Y. bildeten eine "Bietergemeinschaft XY", die an einer Ausschreibung der Stadt (...) vom Oktober 2002 in Bezug auf Abschleppleistungen sowie die Verwahrung von Kraftfahrzeugen teilnahmen.
Nach vorheriger erster Bestätigung der Mandatsübernahme vom 5.9.2003 beauftragte die Beklagte gemeinsam mit der Fa. Y. gem. Beratungsvereinbarung vom 9.9.2003 die Klägerin mit der anwaltlichen Beratung in dem Vergabeverfahren der Stadt (...) "Abschleppleistungen, Vergabeverfahren Nr. 70". Die Klägerin übersandte ihr - mit der Bitte, "falls Sie mit den Bedingungen einverstanden sind, uns die Zweitschriften dieses Schreibens sowie der Honorarvereinbarung in vertretungsberechtigter Form unterzeichnet zurückzuschicken" - sodann eine Honorarvereinbarung, die die Beklagte am 10.9.2003 gemeinsam mit der Fa. Y. unterzeichnete und am 17.9.2003, 17.12 Uhr, per Telefax zurück an die Klägerin schickte. Das Original der Urkunde verblieb bei der Beklagten.
Das klägerische Honorar sollte danach nach Zeitaufwand abgerechnet werden, wobei ein gestaffelter Stundensatz zugrunde lag: "Dr. A. 285 EUR, Anwaltliche Mitarbeiter, je nach Einsatzbedarf 220 EUR-250". Die Rechnungsbeträge waren nach der Honorarvereinbarung sofort nach Erhalt ohne Abzug zur Zahlung fällig. Die Gebühren und Auslagen sollten nach Möglichkeit monatlich abgerechnet werden. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird insoweit auf die vorgelegte Urkunde Bezug genommen.
Die Klägerin vertrat vereinbarungsgemäß die Interessen der Beklagten und der Fa. Y. in dem genannten Vergabeverfahren vor der Vergabekammer (...), das i.E. auch im gerichtlichen Beschwerdeverfahren (gemäß Beschluss des OLG Düsseldorf vom 26.5.2004 in dem Verfahren VII Verg 70/03) erfolglos blieb. Der Verfahrenswert wurde in letzterem Verfahren gem. § 12a Abs. 2 GKG a.F. auf bis zu 5.000 EUR (= 5 % der Auftragssumme, die 96.943,20 EUR betrug) festgesetzt.
Mit Schreiben vom 7.10.2003 stellte die Klägerin der Beklagten auf ihre Beratungsleistungen ohne Erläuterung ("Honorar lt. Vereinbarung, Abschlagszahlung") eine Abschlagssumme von 9.048 EUR (brutto) in Rechnung. Die Beklagte zahlte den Betrag nicht, woraufhin die Klägerin sie mit Schreiben vom 28.11.2003 erneut zur Zahlung aufforderte. Daraufhin zahlte die Beklagte hierauf einen Betrag von 3.900 EUR. Gleichzeitig bat sie die Klägerin darum, die Rechnung hälftig der Fa. Y. auszustellen. Nach einem am 3.12.2003 zwischen den Parteien geführten Telefonat stellte die Klägerin mit Schreiben vom 4.12.2003 eine entsprechende (Abschlags-) Rechnung über den hälftigen Betrag von 4.524 EUR. Mit Schreiben vom 5.12.2003 wurde der Beklagten die abschließende Honorarrechnung für die erbrachten Beratungsleistungen im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer in (...) übersandt. Nach Abzug der bereits erfolgten Abschlagszahlung ergab sich ein zu zahlender Restbetrag von 20.874,87 EUR, der wiederum anteilig auf die Beklagte und die Fa. Y. aufgeteilt wurde, so dass auf die Beklagte ein Rechnungsbetrag von 10.437,44 EUR entfiel.
Nach dem 24.10.2003 beriet die Klägerin die Beklagte und die Fa. Y. auftragsgemäß in dem Beschwerdeverfahren gem. §§ 116 ff. GWB vor dem OLG Düsseldorf in der gleichen Sache. Diese Leistungen stellte sie der Beklagten und der Fa. Y. mit Schreiben vom 21.1.2004 mit einem Betrag von 16.125,36 EUR in Rechnung. Von der Beklagten wurde erneut der hälftige Anteil von 8.062,68 EUR gefordert.
Dabei setzte die Klägerin der Beklagten für die Zahlung der (anteiligen) Beratungshonorare (von zusammen 19.524,11 EUR) eine Frist bis zum 31.1.2004 und drohte bei Nichteinhaltung der Frist an, die Forderungen gerichtlich geltend zu machen. Dabei wies sie darauf hin, dass ...