Leitsatz (amtlich)
1. In der Bundesrepublik Deutschland gilt als Anknüpfungspunkt für das Personenstatut juristischer Personen grundsätzlich der tatsächliche Sitz der Hauptverwaltung (Sitztheorie). Durch Art. XXV Abs. 5 S. 2 Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 29.10.1954 wird für in den Vereinigten Staaten errichtete Gesellschaften nicht abweichend davon auf die Gründungstheorie verwiesen; diese Regelung enthält keine Kollisionsnorm des internationalen Privatrechts.
2. Es gibt keine Vermutung dafür, dass sich der Verwaltungssitz einer ausländischen juristischen Person in dem Staat befindet, nach dessen Recht die Gesellschaft erkennbar organisiert ist.
Normenkette
ZPO § 50; Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 29.10.1954 Art. XXV Abs. 5 S. 2
Verfahrensgang
LG Hagen (Aktenzeichen 6 O 423/98) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 8.3.2001 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des LG Hagen abgeändert.
Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin, die behauptet, als Incorporation wirksam nach dem Recht des US-amerikanischen Bundesstaates Florida gegründet zu sein, war an der R. GmbH mit einem Geschäftsanteil von 50.000 DM beteiligt. Durch Kauf- und Abtretungsvertrag vom 31.7.1995 (UR-Nr. … des Notars W. in H.) verkaufte sie diesen Geschäftsanteil über 50.000 DM an den Beklagten zu einem Kaufpreis von 50.000 DM. Gleichzeitig übertrug sie den Geschäftsanteil an den Beklagten.
Mit der Klage hat die Klägerin von dem Beklagten Zahlung des Kaufpreises nebst Zinsen verlangt. Sie hat die Auffassung vertreten, rechts- und damit parteifähig zu sein. Dazu hat sie behauptet, am 1.9.1993 gegründet und wirksam registriert worden zu sein. Sie übe ihre Tätigkeit auch von einem Büro in Florida aus.
Sie hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 50.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 29.2.1996 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hat die Partei- und Prozessfähigkeit der Klägerin in Abrede gestellt. Er hat die wirksame Gründung der Klägerin in Florida bestritten und zudem die Auffassung vertreten, dass sich die Rechtsfähigkeit der Klägerin entsprechend der Sitztheorie nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland bestimme, da die Klägerin allein in Deutschland ihren Verwaltungssitz habe.
In der Sache hat der Beklagte behauptet, die Zahlungsverpflichtung aus dem Vertrag vom 31.7.1995 sei nachträglich entfallen. Durch die Vereinbarung vom 13.9.1995 zwischen der Klägerin und der Firma B. GmbH & Co. KG sei der Kaufpreis für den Geschäftsanteil auf Null reduziert worden, während gleichzeitig der Kaufpreis für den Erwerb von Maschinen durch die Firma B. GmbH & Co. KG von 50.000 DM auf 100.000 DM erhöht worden sei.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das LG den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 50.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 29.2.1996 zu zahlen. Es hat die Parteifähigkeit der Klägerin bejaht und den geltend gemachten Kaufpreisanspruch für begründet gehalten. Es könne dahinstehen, ob die Parteien eine Abänderung des Vertrages vom 31.7.1995 wirksam vorgenommen hätten, da eine solche Vereinbarung jedenfalls formunwirksam gewesen wäre. Wegen des weiteren Inhalts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Mit seiner gegen dieses Urteil gerichteten Berufung strebt der Beklagte weiterhin Klageabweisung an. Er vertieft sein Vorbringen, wonach die Klage mangels Parteifähigkeit der Klägerin unzulässig sei. Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des 2. ZS des OLG Hamm in dem Rechtsstreit B. GmbH & Co. KG gegen die Klägerin (OLG Hamm v. 25.1.2001 – 2 U 159/00), die durch Nichtannahme der dagegen gerichteten Revision durch den BGH (VIII ZR 72/01) rechtskräftig geworden ist, meint der Beklagte, dass sich die Rechtsfähigkeit der Klägerin nach deutschem Personalstatut richte. Nach deutschem Recht sei eine „Incorporated” nicht existent und damit nicht parteifähig. Es gelte die sog. Sitztheorie. Der effektive Verwaltungssitz der Klägerin habe sowohl bei deren Gründung als auch in der Folgezeit in Deutschland gelegen. Irgendwelche geschäftliche Aktivitäten oder sonstige Umstände, die auf einen effektiven Verwaltungssitz der Klägerin in Florida schließen ließen, habe es zu keiner Zeit gegeben und seien auch nicht substantiiert dargelegt worden. Unabhängig davon bestreitet der Beklagte die wirksame Gründung der Klägerin nach dem Recht des US-Bundesstaates Florida.
Der Beklagte bestreitet weiterhin eine wirksame Prozessvollmacht der gegne...