Leitsatz (amtlich)
Das berufsrechtliche Gebot der persönlichen Leitung der Apotheke (§ 7 ApoG) steht der Bestellung eines Prokuristen nicht entgegen (Abweichung von OLG Celle NJW-RR 1989, 483).
Normenkette
FamFG § 395; ApoG § 7
Verfahrensgang
AG Mannheim (Beschluss vom 14.10.2015) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 wird der Beschluss des AG Mannheim - Registergericht - vom 14.10.2015 aufgehoben. Das Registergericht wird angewiesen, die Eintragung des Prokuristen nicht aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zu löschen.
2. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf EUR 5.000 festgesetzt.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1 und 2 wenden sich gegen die Ankündigung des Registergerichts, von Amts wegen die Eintragung des Beteiligten zu 2 als Prokuristen des Beteiligten zu 1 - eines einzelkaufmännisch tätigen Apothekers - zu löschen.
Im Handelsregister ist seit dem 13.1.2015 eingetragen, dass dem Beteiligten zu 2 Prokura erteilt worden sei. Mit Schreiben vom 6.2.2015 kündigte das Registergericht die Löschung dieser Eintragung an, weil ein Apotheker wegen des Gebots persönlicher Leitung in § 7 ApoG keine Prokura erteilen dürfe. Die Beteiligten zu 1 und 2 haben der beabsichtigten Löschung widersprochen. Es sei bereits zweifelhaft, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 395 FamFG vorlägen und ob das Registergericht das ihm eingeräumte Ermessen zutreffend ausgeübt habe. Allein die Eintragung eines Prokuristen besage im Übrigen nichts darüber, ob von diesem in die Leitung der Apotheke eingegriffen werde. Umgekehrt sei ein Eingriff in die Leitungsbefugnisse auch dann möglich, wenn der Apotheker eine nicht eintragungspflichtige Vollmacht erteile. Der Prokurist erbringe hier unterstützende Dienstleistungen alleine im kaufmännischen Bereich; mit der Arzneimittelversorgung sei er nicht befasst. Alle wesentlichen Entscheidungen treffe weiterhin der verantwortliche Apotheker. Die vom Registergericht angehörte Landesapothekerkammer hat eine Löschung der Eintragung unterstützt. Sie hat die Auffassung vertreten, mit der Erteilung einer Prokura entledige sich der Apotheker der Freiheit der Entscheidung in wirtschaftlichen Fragen, weil der Prokurist mit verpflichtender Wirkung für den Apothekenleiter wesentliche Bereiche der Leitung an sich ziehen könnte.
Das AG hat den Widerspruch der Beteiligten zurückgewiesen. Die Erteilung der Prokura an einen Nichtapotheker sei wegen des Verstoßes gegen das Gebot der persönlichen Leitung in § 7 Absatz 1 ApoG unzulässig. Abreden über die Tätigkeit des Prokuristen im Innenverhältnis als Beschränkungen der Vertretungsmacht seien im Außenverhältnis nicht wirksam.
Gegen die Entscheidung des Registergerichts, die ihnen jeweils am 21.10.2015 zugestellt worden ist, richtet sich die am 2.11.2015 eingegangene Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2. Die vom Registergericht herangezogene Stellungnahme der Kammer, die ihnen erst nach der angefochtenen Entscheidung zur Kenntnis gelangt sei, sei nicht hinreichend begründet. Soweit das Oberlandesgericht Celle im Jahre 1988 die Prokuristenbestellung durch einen Apotheker für unzulässig erachtet habe, sei dies mittlerweile überholt und mit der Liberalisierung des Apothekenmarkts nicht mehr zu vereinbaren. Die Entscheidung des Registergerichts vermöge sich nicht auf konkrete, auf die betroffene Apotheke bezogene Beanstandungen zu stützen.
Das AG hat dem Rechtsmittel unter Bezugnahme auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung nicht abgeholfen. Die Landesapothekerkammer ist ihr unter Vertiefung ihrer erstinstanzlichen Ausführungen entgegengetreten.
II. Die Beschwerde ist nach §§ 58 Absatz 1, 395 Absatz 3, 393 Absatz 3 Satz 2 FamFG in Verbindung mit § 11 Absatz 1 RPflG zulässig. Beschwerdebefugt im Sinne von § 59 FamFG ist nicht nur der eingetragene Kaufmann, sondern auch der Prokurist, da auch er der Löschung widersprochen hat und hierzu auch als diejenige Person, dessen Rechtsstellung von der Löschung betroffen ist, befugt war.
Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Das Registergericht ist zur Prüfung etwaiger berufsrechtlicher Hindernisse der Prokuraerteilung befugt; solche liegen hier aber nicht vor.
A.1. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer steht der Wortlaut des § 395 Absatz 1 Satz 1 FamFG der Löschungsankündigung des Registergerichts nicht bereits deshalb entgegen, weil ein etwaiger berufsrechtlicher Verstoß nicht als Mangel einer "wesentlichen Voraussetzung" angesehen werden könnte. Die Verwendung dieses Begriffs verdeutlicht lediglich, dass weder ein Verstoß gegen bloße Ordnungsvorschriften oder Soll-Bestimmungen noch geringfügige Fehler eine Löschung der Eintragung rechtfertigen können (MüKoFamFG/Krafka, 2. Auflage, § 395 Rn. 9). Eine solche ist aber unter anderem möglich, wenn die Beseitigung einer fehlerhaften Eintragung im öffentlichen Interesse liegen würde. Läge der vom Registergericht angenommene berufs...