Leitsatz (amtlich)
Der OS ist wie immer in Anlage beigefügt
Orientierungssatz
Orientierungssätze:
- Ein Auslieferungshaftbefehl ist aufzuheben, wenn der Verfolgte nach erfolgter Erklärung der Zulässigkeit der Auslieferung und erfolgter Bewilligung derselben nicht innerhalb der Fristen des § 83 c IRG an den Mitgliedsstaat überstellt wird, weil aufgrund eines justizinternen Fehlers eine Mitteilung über den Vollzug der zuvor nur als Überhaft notierten Auslieferungshaft unterblieben ist.
- Eine solche Entlassung bewirkt jedoch keine Immunität des Verfolgten gegen weitere Auslieferungsbemühungen, vielmehr kann dieser zur Durchführung der Überstellung nach § 34 IRG später erneut festgenommen werden.
Normenkette
IRG §§ 24, 34, 83c, 83d
Tenor
- Der Auslieferungshaftbefehl des Senats vom 7. Juni 2019 wird aufgehoben. Die sofortige Freilassung des Verfolgten in dieser Sache wird angeordnet.
- Eine Entschädigung für die erlittene Auslieferungshaft wird nicht bewilligt.
Gründe
I.
Der Verfolgte befand sich aufgrund Urteils des Landgerichts C. vom 27.01.2014 zur Vollstreckung einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Jahren wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge als Bandenmitglied (gem. § 30a Abs. 1 BtMG u.a.) ab 24.02.2014 in Strafhaft, zuletzt in der JVA D. als Endstrafe war der 01.11.2023 vermerkt.
Am 08.08.2018 hat der Senat Auslieferungshaftbefehl gegen den Verfolgten erlassen, welcher in Form von Überhaft vollzogen wurde. Nach weiterer Sachaufklärung hat der Senat den Auslieferungshaftbefehl vom 08.08.2018 mit Beschluss vom 07.06.2019 aufgehoben und zugleich einen neuen Auslieferungshaftbefehl erlassen. Grundlage hierfür ist ein Europäischer Haftbefehl des Kreisgerichts in E./Tschechien vom 25.04.2018, aus welchem sich ergibt, dass der Verfolgte durch vollstreckbares Urteil des Kreisgerichts in E./Tschechien vom 18.05.2016 in Verbindung mit dem Beschluss des Oberlandesgerichts in F./Tschechien vom 06.12.2016 wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer noch vollständig zu verbüßenden Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt wurde.
Auf Antrag der Generalsstaatsanwaltschaft und nach Anhörung des Verfolgten hat der Senat mit Beschluss vom 30.09.2019 die Auslieferung des Verfolgten nach Tschechien zur Strafvollstreckung aufgrund des Europäischen Haftbefehls des Kreisgerichts in E./Tschechien vom 25.04.2018 für zulässig erklärt und zugleich festgestellt, dass die Entschließung der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe vom 12.06.2019, keine Bewilligungshindernisse geltend machen zu wollen, rechtsfehlerfrei getroffen wurde. Auf die gennannten Beschlüsse wird Bezug genommen.
Am 04.10.2019 hat die Generalsstaatsanwaltschaft Karlsruhe die Auslieferung des Verfolgten zur Strafvollstreckung im nachgesuchten Umfang bewilligt und zugleich den Vollzug der Auslieferung aufgeschoben, bis den deutschen Strafansprüchen Genüge getan sei.
In der Folge hat der Senat am 03.01.2020 eine neue Haftzeitübersicht angefordert. Aus der Haftzeitübersicht der JVA D. vom 09.01.2020 geht hervor, dass das Ende der vollzogenen Freiheitsstrafe auf den 01.11.2023 und der Vollzug des Auslieferungshaftbefehls des Senats vom 08.08.2018 als Überhaft zum Vollzug ab dem 02.11.2023 notiert war.
Mit seit 02.07.2020 rechtskräftigem Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts D. vom 19.06.2020 wurde die Reststrafe aus dem Urteil des Landgerichts C. vom 27.01.2014 gem. § 57 Abs. 1 StGB zur Bewährung ausgesetzt. Seit dem 02.07.2020 befindet sich der Verfolgte in Auslieferungshaft aufgrund Auslieferungshaftbefehls des Senats vom 07.06.2019. Eine Mitteilung hierüber an den Senat oder die Generalstaatsanwaltschaft durch die Strafvollstreckungskammer D., die zuständige Staatsanwaltschaft C. oder die Justizvollzugsanstalt D. ist - trotz der als Überhaft notierten Auslieferungshaft - nicht erfolgt.
Mit Schriftsatz seines Rechtsbeistands vom 04.09.2020 beantragt der Verfolgte den Auslieferungshaftbefehl vom 07.06.2019 und den Beschluss vom 30.09.2019 aufzuheben und gemäß § 83d IRG die Entlassung des Verfolgten aus der Auslieferungshaft anzuordnen, da sich der Verfolgte nach der bewährungsweisen Entlassung durch die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer D. seit Juli 2020 in Auslieferungshaft befinde, ohne dass - wie gemäß § 83c Abs. 4 IRG geboten - ein Termin zur Übergabe des Verfolgten vereinbart worden sei. Eine Entlassung nach § 83d IRG müsse erst Recht erfolgen, wenn gar kein Termin zur Übergabe vereinbart worden sei.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat hierzu am 09.09.2020 Stellung genommen und ist einer Aufhebung des Auslieferungshaftbefehls entgegengetreten. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen hätten weder die Staatsanwaltschaft C. noch die JVA D. der Generalstaatsanwaltschaft mitgeteilt, dass die Strafvollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts C. am 26.06.2020 geendet habe. Aus diesem Grunde sei der Generalstaatsanwaltschaft nicht bekannt geworden, dass seither Auslieferungshaft vollzogen wurde. Nachdem nunmehr der Überstellung des Ve...