Leitsatz (amtlich)
Es ist mit dem von Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG gewährleisteten Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts unvereinbar, dass gemäß §§ 1767 Abs. 2 Satz 1 und 3, 1757 BGB bei der sog. schwachen Volljährigenadoption für eine Angenommene, die seit der Eheschließung bis zur Annahme als Kind als Familiennamen den Ehenamen nach dem Namen des Ehegatten unter Voranstellung ihres Geburtsnamens geführt hat, auch bei Vorliegen besonderer Umstände nicht die Möglichkeit besteht, den bisherigen Geburtsnamen und damit den bisherigen aus Geburts- und Ehenamen zusammengesetzten Familiennamen zu behalten.
Verfahrensgang
AG Lörrach (Aktenzeichen 11 F 1254/21) |
Tenor
I. Das Verfahren wird ausgesetzt.
II. Es wird eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu der Frage eingeholt, ob es mit dem von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG gewährleisteten Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts unvereinbar ist, dass gemäß §§ 1767 Abs. 2 Satz 1 und 3, 1757 BGB bei der sog. schwachen Volljährigenadoption für eine Angenommene, die seit der Eheschließung bis zur Annahme als Kind als Familiennamen den Ehenamen nach dem Namen des Ehegatten unter Voranstellung ihres Geburtsnamens geführt hat, auch bei Vorliegen besonderer Umstände nicht die Möglichkeit besteht, den bisherigen Geburtsnamen und damit den bisherigen aus Geburts- und Ehenamen zusammengesetzten Familiennamen zu behalten.
Gründe
I. Das Verfahren betrifft die Namensführung der Beteiligten zu 1 (im Folgenden: Angenommene) nach ihrer Volljährigenadoption durch die Beteiligte zu 2 (im Folgenden: Annehmende).
Die im Jahr 1981 geborene Angenommene mit dem Geburtsnamen L ist seit Ende 2009 mit dem weiteren Beteiligten S verheiratet. Die Angenommene und ihr Ehemann haben als Ehenamen den Nachnamen des Ehemanns "S" bestimmt, die Angenommene hat dem Ehenamen ihren Geburtsnamen L vorangestellt und heißt seit der Eheschließung "L-S". Die Ehegatten haben zwei Kinder: den vorehelich geborenen R L (geboren 2006) und die in der Ehe geborene G S (geboren 2011).
Die Annehmende hat den Familiennamen G-T.
Angenommene und Annehmende haben mit Zustimmung des Ehegatten der Angenommenen mit notariell beglaubigtem Antrag die Annahme ohne die Wirkungen einer Minderjährigenadoption begehrt, und zwar unter Weiterführung des bisherigen Familiennamens L-S der Angenommenen. Hilfsweise haben sie in dem notariellen Antrag beantragt, dass die Angenommene zukünftig S-G heiße.
In der mündlichen Verhandlung hat die Angenommene beantragt, ihren bisherigen Familiennamen weiterführen zu können. Den in der notariellen Erklärung enthaltenen Hilfsantrag hat sie nicht mehr gestellt.
Das Amtsgericht - Familiengericht - Lörrach hat mit Beschluss vom 21.03.2022 dem Annahmebegehren stattgegeben (Ziff. 1) und bezüglich der Namensführung angeordnet:
2. Die Angenommene führt nunmehr den Geburtsnamen G-T.
3. Der Antrag auf Fortführung des bisherigen Familiennamens L-S der Angenommenen wird zurückgewiesen.
Der Beschluss wurde der Angenommenen am 23.03.2022 zugestellt. Gegen die Abweisung ihres Antrages zur Namensführung wendet sie sich mit der am 07.04.2022 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde.
Sie trägt vor, dass die Änderung des Geburtsnamens sich gem. § 1767 Abs. 2 S. 3 BGB nur dann auf den Ehenamen des Angenommenen erstrecke, wenn sich auch der Ehegatte - wie hier nicht - der Namensänderung anschließe. Darüber hinaus verstoße die Änderung des Geburtsnamens gegen den Willen der Angenommenen gegen Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG. Mit der Beschwerde verfolge sie das Ziel, den Namen L als Geburtsnamen und L-S als Familiennamen beizubehalten.
Die Angenommene beantragt:
Unter Aufhebung des Beschlusses Ziffer 2 führt die Angenommene den Geburtsnamen L unverändert fort.
Unter Aufhebung des Beschlusses Ziffer 3 führt die Angenommene den Familiennamen L-S unverändert fort.
Die Annehmende hat keine Stellung im Beschwerdeverfahren genommen.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II. 1. Die Beschwerde der Angenommenen gegen die Namensänderung ist zulässig.
Sie ist nicht von der die Unanfechtbarkeit regelnden Norm des § 197 Abs. 3 Satz 1 FamFG erfasst, wenn eine nach der Gesetzeslage so nicht vorgesehene Namensführung beantragt wird (vgl. BGH vom 13.05.2020 - XII ZB 427/19, FamRZ 2020, 1275, juris Rn. 13 ff.).
2. Das Verfahren ist nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG auszusetzen.
a) Nach gegenwärtiger Gesetzeslage bestehen für die Angenommene gemäß §§ 1767 Abs. 2, 1757 Abs. 1 BGB folgende Möglichkeiten für ihren Familiennamen: G-S, S-G, T-S, S-T oder S.
Dabei geht der Senat davon aus, dass G-T nicht nur der Familienname, sondern auch der Ehename der Annehmenden ist, also keiner der Namensbestandteile einem späteren Ehenamen oder Lebenspartnerschaftsnamen der Annehmenden als Geburtsname der Annehmenden hinzugefügt wurde, und somit kein Fall von § 1757 Abs. 1 Satz 2 BGB vorliegt. Die Überzeugung hiervon folgt daraus, dass der Geburtsname der Annehmenden ausweislich des notariellen Antrags R lautete...