Leitsatz (amtlich)
1. Kommt die Haftung der Kredit gebenden Bank (Bausparkasse) wegen Aufklärungsverschulden untere mehreren Gesichtspunkten in Betracht, dann ist jede einzelne Pflichtverletzung nicht nur für die Frage der Verjährung, sondern auch für den Umfang der Rechtskrafterstreckung als gesonderter Streitgegenstand zu betrachten.
2. Hinsichtlich der subjektiven Voraussetzungen für die Verjährung des Anspruchs wegen einer arglistigen Täuschung über die Höhe der Vermittlungsprovisionen mittels eines sog. "Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrags" kann grundsätzlich nicht davon ausgegangen werden, dass die von dem Anleger eingeschalteten Rechtsanwälte durch den im Jahre 2004 bekannt gewordenen Prüfbericht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin-Bericht) Kenntnis bzw. grob fahrlässig keine Kenntnis davon gehabt haben, dass die finanzierende Bank (Bausparkasse) bei Abschluss des Vorausdarlehensvertrages die arglistige Täuschung gekannt habe.
Normenkette
BGB § 280
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Beschluss vom 19.04.2012; Aktenzeichen 10 O 809/11) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des LG Karlsruhe vom 19.4.2012 - 10 O 809/11 - aufgehoben.
2. Das Verfahren wird an das LG zur erneuten Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag des Antragstellers nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Senats zurückverwiesen.
Gründe
I. Die Antragsteller verlangen von der Antragsgegnerin (Bausparkasse) im Wege des Schadensersatzes wegen vorvertraglicher Pflichtverletzungen die Rückabwicklung eines kreditfinanzierten Kaufs einer vermieteten Eigentumswohnung.
Die Antragsteller wurden im Dezember 1996 von einem für die H GmbH (künftig: H) tätigen Vermittler geworben, zwecks Steuerersparnis ohne Eigenkapital eine Eigentumswohnung in W zu erwerben. Die H vertrieb seit dem Jahre 1990 in großem Umfang von der Antragsgegnerin finanzierte Anlageobjekte. Die Anleger unterschrieben u.a. neben dem Besuchsbericht (Anlage M 4) auch einen Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag (Anlage M 2) sowie einen Antrag auf Abschluss eines Vorausdarlehens. Außerdem erklärten sie ihren Beitritt zu der für die Eigentumswohnung bestehenden Mietpoolgemeinschaft. Der Vermittler rechnete ihnen in dem Besuchsbericht eine monatliche Belastung für Zinsen und Tilgung unter Berücksichtigung einer "Mietpoolauschüttung von z. Zt." 294 DM vor. Mit notariellem Vertrag erwarben sie daher eine 22,17 m2 große Eigentumswohnung in W,...-straße ..., von der Verkäuferin, der L GmbH (L).
Zur Finanzierung des Kaufpreises und sämtlicher Erwerbsnebenkosten (Gesamtaufwand von 105.716 DM) diente ein Vorausdarlehen der M-Bank im Nennbetrag von 109.000 DM vom 06./9.12.1996 (Anlage M 3). Das Darlehen wurde vereinbarungsgemäß durch Bestellung einer Grundschuld gesichert.
Mit dem am 29.12.2011 beim LG eingegangenen Klageentwurf begehren die Antragsteller Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage auf Schadensersatz aus dem Gesichtspunkt der Aufklärungspflichtverletzung der Antragsgegnerin. Sie haben u.a. den Vorwurf der arglistigen Täuschung bezüglich der versprochenen Mietpoolausschüttung der Immobilie erhoben sowie geltend gemacht, dass sie auch über die im Kaufpreis versteckten Innenprovisionen irregeführt worden seien, welchen die Beklagte finanziert habe, um dem Strukturvertrieb den entsprechenden Gewinn zukommen zu lassen. Die Antragsteller begehren der Sache nach negative Feststellung, dass sie zu weiteren Zahlungen aus den Darlehensverträgen nicht verpflichtet sind, und positive Feststellung, dass die Antragsgegnerin zum Ersatz des bisherigen und künftigen Schadens aus dem Erwerb der Immobilie verpflichtet ist.
Vorausgegangen ist dem Verfahren der Rechtsstreit LG Karlsruhe 2 O 68/00; OLG Karlsruhe 17 U 94/01, Urteil vom 28.12.2001), in welchem die auf Schadensersatz gerichtete Klage des Antragstellers als Kläger aus eigenem und fremden Recht der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin abgewiesen wurde (Anlagen D 2, D 2a, D 3).
Das LG hat den Antragstellern die für ihr Rechtsschutzbegehren erbetene Prozesskostenhilfe verweigert, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Einem Erfolg der angekündigten Klage stehe schon der Einwand der rechtskräftigen Entscheidung entgegen. Denn mit der beabsichtigten Klage werde lediglich der bereits ausgeurteilte Streitgegenstand erneut zur Entscheidung unterbreitet. Zumindest aber müsse das Begehren an der von der Antragsgegnerin erhobenen materiell-rechtlichen Einrede der Verjährung scheitern. Denn der damalige Prozessvertreter der Antragssteller habe bereits umfassend Kenntnis von sämtlichen möglichen Aufklärungspflichtverletzungen der Antragsgegnerin gehabt. Dies folge aus den seinerzeit von ihm bei Gericht eingereichten Schriftsätzen (Anlagen D 2 und D 2a). Diese Kenntnis müssten sich die Antragsteller zurechnen lassen.
Gegen den, den Antragstellern am 23.4.2012 zugestellten Beschluss richtet sich ihre am 24.4.2012 eingegangene soforti...