Entscheidungsstichwort (Thema)
„Vorsitzender Richter a.D.” als Zusatz zur Berufsbezeichnung eines Steuerberaters unzulässig
Leitsatz (amtlich)
Ein Steuerberater darf im beruflichen Verkehr neben seiner Berufsbezeichnung "Steuerberater" den Zusatz "Vorsitzender Richter a.D." nicht führen.
Leitsatz (redaktionell)
1. Unzulässig sind auch Hinweise auf andere ehemalige Tätigkeiten, wie z. B. der Zusatz „Regierungsdirektor a. D.”, die Bezeichnung „zertifizierter Rating-Analyst”, „Fachberater für Sanierung und Insolvenzverwaltung (DStV)”, „zertifizierter Finanzplaner (FH)”, „Steuersyndikus a. D.” oder „Bankdirektor i. R.”.
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des OLG Karlsruhe wurde als unzulässig zurückgewiesen, weil der Streitwert nur 20.000 EUR betrug (§ 26 Nr. 8 EGZPO, § 544 ZPO).
Normenkette
StBerG § 43 Abs. 2 S. 1; UWG §§ 3, 4 Nr. 11, § 8; EGZPO § 26 Nr. 8; ZPO § 544
Verfahrensgang
LG Freiburg i. Br. (Urteil vom 19.03.2012; Aktenzeichen 8 O 202/11) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Freiburg, 8. Zivilkammer - 8 O 202/11 - vom 19.3.2012 im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im beruflichen Verkehr neben seiner Berufsbezeichnung "Steuerberater" den Zusatz "Vorsitzender Richter a.D." zu führen.
2. Dem Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung gem. Ziff. 1 Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.
3. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 859,80 EUR zzgl. 5 Prozentpunkten Zinsen p.a. über dem Basiszinssatz seit 17.7.2011 zu bezahlen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen. Von den Kosten des Verfahrens erster Instanz trägt die Klägerin 1/5, der Beklagte 4/5.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von dem Beklagten, einem Rechtsanwalt und Steuerberater, die Unterlassung der Führung des Zusatzes "Vorsitzender Richter a.D." im geschäftlichen Verkehr.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein Verstoß gegen § 43 Abs. 2 StBerG liege nicht vor. Der Zusatz "Vorsitzender Richter" sei eine amtlich verliehene Berufsbezeichnung und führe auch nicht zu einer Irreführung der Allgemeinheit, da mit dem bloßen Hinweis auf die allgemeine Richtertätigkeit keine besondere Qualifikation in einem bestimmten Bereich dargestellt werde. Es liege auch kein Hinweis auf eine ehemalige Beamteneigenschaft i.S.v. § 43 Abs. 2 S. 2 StBerG vor, da diese Vorschrift unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Grundsätze anzuwenden und auszulegen sei.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren in überwiegendem Umfang weiter und wiederholt dabei ihre bereits dort vorgetragene Rechtsansicht, der vom Beklagten gemachte Zusatz "Vorsitzender Richter a.D." zur vom Beklagten im beruflichen Verkehr geführten Berufsbezeichnung "Steuerberater" sei gem. § 43 Abs. 2 S. 2 StBerG unzulässig. Da die frühere Tätigkeit des Beklagten als Vorsitzender Richter keine amtlich verliehene Berufsbezeichnung sei, handele es sich um einen "anderen Zusatz" im Sinne von Abs. 2 Satz 2 des § 43 StBerG. Mit der Verwendung des Zusatzes werde zudem sehr wohl auf eine zusätzliche Kompetenz verwiesen, die gerade nicht jeder Steuerberater habe. Dies stelle einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorsprung gegenüber anderen, herkömmlichen Steuerberatern dar.
Die Klägerin beantragt:
1. Das Urteil des LG Freiburg - 8 O 202/11 - vom 19.3.2012 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr neben seiner Berufsbezeichnung "Steuerberater" den Zusatz "Vorsitzender Richter a.D." zu führen.
3. Dem Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung gem. Ziff. 2 Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.
4. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 859,80 EUR zzgl. 5 Prozentpunkten Zinsen p.a. über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Für das weitere Vorbringen der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II. Die zulässige Berufung hat Erfolg.
1. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Unterlassung gem. §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 3 Abs. 1, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 43 Abs. 2 StBerG zu.
a) § 43 StBerG, der die Berufsbezeichnung "Steuerberater" und die Zulässigkeit von Zusätzen regelt, stellt eine Marktverhaltensregel i.S.d. § 4 Nr....