Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Auszahlung des Darlehenskapitals im Rahmen eines finanzierten Immobilienfondserwerbs liegt typischerweise nicht eine Anweisungsleistung der Finanzierungsbank an den Anleger vor, sondern eine Leistung der Bank ggü. dem Zahlungsempfänger gem. §§ 362 Abs. 2, 185 Abs. 1 BGB (Anschluss an OLG Karlsruhe, Urt. v. 29.12.2005 - 17 U 43/05, OLGReport Karlsruhe 2006, 199).
2. Im Fall der Unwirksamkeit des Darlehensvertrages richtet sich die Rückabwicklung der Darlehensvaluta allein nach dem Tatbestandsmerkmal der Leistung gem. § 812 Abs. 1 BGB bzw. § 3 HWiG (= §§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB). Über sein Vorliegen entscheidet das rechtsgeschäftliche Erklärungsverhalten der Beteiligten und nicht die gesetzliche Verbundregel des § 9 VerbrKrG (i.V.m. § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG). Danach steht der Bank regelmäßig ein Bereicherungsanspruch gegen ihren Kunden nicht zu, vielmehr muss sich die Bank an den Partner des finanzierten Erwerbsgeschäfts halten.
3. Nach dieser rechtsgeschäftlichen Lösung trägt die Bank, die den Darlehensnehmer nicht bzw. nicht ordnungsgemäß über sein Recht zum Widerruf des Darlehensvertrages belehrt hat, ohne Weiteres auch das Kreditverwendungs- bzw. das Anlagerisiko, sodass die Vorgaben des EuGH (EuGH, Urt. v. 25.10.2005 - Rs. C-350/03, MDR 2006, 278, Tz. 100, 101) ohne Konstruktion einer verschuldensunabhängigen (Garantie-) Haftung erfüllt werden können.
Normenkette
BGB § 185 Abs. 1, § 362 Abs. 2; VerbrKrG § 3 Abs. 2 Nr. 2, § 9
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Urteil vom 14.02.2005; Aktenzeichen 10 O 37/03) |
Tenor
I. Die Berufungen der Parteien gegen das Urteil des LG Karlsruhe vom 14.2.2005 - 10 O 37/03 - werden zurückgewiesen, diejenige des Klägers mit der Maßgabe, dass festgestellt wird, dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag vom 11.12.1996 mit dem Kläger und der Widerbeklagten keine Ansprüche mehr zustehen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits werden wie folgt verteilt:
Von den Gerichtskosten tragen die Beklagte 90 % und der Kläger 10 %. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Widerbeklagten 2 sowie 90 % der außergerichtlichen Kosten des Klägers. Dieser hat 10 % der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Zwangsvollstreckungsschuldner darf die Zwangsvollstreckung des Gegners gegen Sicherheitsleistung von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für die erste Instanz und den Berufungsrechtszug beträgt 56.889,44 EUR.
Gründe
I. Die Kläger und seine Ehefrau (Widerbeklagte 2) schlossen am 21.11.1996 mit dem geschäftsführenden Gesellschafter der Grundstücks-, Vermögens- und Verwaltungs GbR L., WGS Fonds 40 (im Folgenden: Fonds), einen notariell beurkundeten Vertrag über den Erwerb von zwei Fondsanteilen zum Preis von 61.300 DM. Am gleichen Tag unterzeichneten die Anleger "zur Finanzierung des GdbR-Anteils (Immobilienfonds)" einen an die Beklagte gerichteten Kreditantrag auf einem bereits ausgefüllten Vordruck der Beklagten über einen Darlehensbetrag von 70.084 DM. Die Beklagte nahm den Kreditantrag am 11.12.1996 an. Das endfällige Darlehen sollte durch eine Tilgungslebensversicherung abgelöst werden. Der Kläger trat die Ansprüche aus der Lebensversicherung als zusätzliche Sicherheit an die Beklagte ab. In erster Linie diente zur Sicherstellung der Beklagten die Verpfändung der GbR-Anteile. Die Darlehensvaluta i.H.v. 63.432 DM wurde von der Beklagten weisungsgemäß dem Konto einer als Treuhänderin bestellten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft am 11.12.1996 gutgeschrieben (Anlage K 3).
Der Kläger und seine Ehefrau zahlten ab Januar 1997 bis Oktober 2002 an die Beklagte Zinsen aus eigenen Mitteln i.H.v. 15.744,78 EUR. Der Eigenanteil der Anleger an der monatlichen Zinslast von ursprünglich 391,16 DM = 200 EUR stieg an, nachdem die aus den garantierten Mieteinnahmen zu erzielenden Fondsausschüttungen ab August 1997 reduziert wurden. Über das Vermögen der Mietgarantin wurde am 31.10.1997 das Konkursverfahren eröffnet.
Die Anleger ließen mit Anwaltsschreiben vom 17.10.2002 ihren Fondsbeitritt und mit weiterem Anwaltsschreiben vom 8.11.2002 ihre auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärungen widerrufen.
Der Kläger verfolgt eigene und ihm von seiner Ehefrau abgetretene Ansprüche auf Rückzahlung der erbrachten Zinszahlungen i.H.v. 15.744,78 EUR und verlangt Nutzungszinsen hierauf i.H.v. 5.108,81 EUR sowie die Rückabtretung der Rechte aus der Lebensversicherung. Er behauptet, der Abschluss von Darlehens- und Beitrittsvertrag sei in seiner Wohnung angebahnt worden. Die Zahlungsansprüche seien auch deswegen begründet, weil die Beklagte aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss für Pflichtverstöße bei den zum Abschluss des Anlagegeschäfts führenden Verhandlungen hafte.
Die Beklagte hat sich auf den Standpun...