Entscheidungsstichwort (Thema)
Richterablehnung nach Mitteilung der gerichtlichen Rechtsauffassung
Normenkette
ZPO § 42
Verfahrensgang
LG Koblenz (Aktenzeichen 15 O 537/05) |
Tenor
Das Ablehnungsgesuch des Klägers vom 9.1.2009 betreffend den Vor sitzenden Richter am OLG Dr. I., die Richterin am OLG Dr. C. und den Richter am LG B. wird als unbegründet zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds. Das LG hat mit Urteil vom 28.5.2008 (Bl. 447 ff. GA) die Klage wegen Verjährung abgewiesen; hiergegen richtet sich die fristgerecht eingegangene und begründete Berufung des Klägers. Der Senat hat in der Besetzung Vorsitzender Richter am OLG Dr. I., Richterin am OLG Dr. C. und Richter am LG B. mit Beschluss vom 16.12.2008 (Bl. 611 ff. GA) den Kläger darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, seine Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen. Mit Schriftsatz vom 9.1.2009 (Bl. 620 ff. GA) hat der Kläger die Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt; zur Begründung wird darauf abgehoben, dass die abgelehnten Richter das gesamte Vorbringen in der Berufungsbegründung "ignoriert" und sich auch nicht mit der abweichenden Rechtsprechung zur Verjährungsfrage auseinandergesetzt hätten.
Die abgelehnten Richter haben sich dienstlich geäußert (Bl. 625-627; 637 GA).
II. Das Ablehnungsgesuch ist zwar zulässig angebracht, jedoch nicht begründet.
a) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet gem. § 42 Abs. 2 ZPO die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Dies beurteilt sich danach, ob bei objektiver und vernünftiger Betrachtung die Befürchtung bestehen kann, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen gegenüber. Nicht erforderlich ist, dass der abgelehnte Richter tatsächlich befangen ist oder sich für befangen hält; entscheidend ist allein, dass durch sein Verhalten bei der ablehnenden Partei begründete Zweifel an seiner Unparteilichkeit auftreten können (vgl. BGH NJW 1995, 1677 [1679]; BayObLG FamRZ 1988, 743 ff.; OLG Köln NJW-RR 2000, 591, 592; Vollkommer in: Zöller, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 42 Rz. 8 ff.; s. auch BVerfGE 73, 330, 335). Einer Partei ungünstige - zumal vorläufige - Rechtsauffassungen rechtfertigen regelmäßig nicht die Annahme der Befangenheit (vgl. BGH NJW 1998, 612); dies gilt umso mehr, wenn entsprechende Hinweise zur Wahrung des rechtlichen Gehörs der Prozessbeteiligten (Art. 103 Abs. 1 GG; Art. 6 Abs. 2 LV) geboten sind (BVerfGE 42, 78; Vollkommer a.a.O., § 42 Rz. 26 und 28; zur Hinweispflicht nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO vgl. OLG Oldenburg NJW 2004, 3194). Auch Fehler in der Anwendung des prozessualen oder materiellen Rechts als solche stellen grundsätzlich noch keinen Ablehnungsgrund dar. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn Gründe dafür dargetan sind, dass die fehlerhafte Rechtsanwendung in einer unsachlichen Einstellung des Richters ihren Grund findet oder auf Willkür beruht (vgl. BayObLG a.a.O.; Vollkommer a.a.O., § 42 Rz. 24).
b) Nach diesen Grundsätzen begründet der vom Kläger hier beanstandete Hinweisbeschluss des Senats vom 16.12.2008 nicht die Besorgnis der Befangenheit.
Dem Kläger wurde die Rechtsauffassung der zur Entscheidung im Berufungsverfahren berufenen Richter nach der gesetzlichen Vorgabe in § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO offen gelegt; er hat - zur Frage der Erfolgsaussicht der Berufung und der Zulassungsbedürftigkeit der Rechtssache - Gelegenheit zur Darlegung seiner abweichenden Rechtsauffassung erhalten. Die im Hinweisbeschluss für den vorliegenden Einzelfall geäußerte - vorläufige - Rechtsansicht (grob fahrlässig i.S.d. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB unterlassene Kenntnisnahme des sich nach dem Inhalt des Fondsprospekts unmittelbar aufdrängenden Beratungsfehlers) stellt sich im Übrigen keinesfalls als unvertretbar dar (vgl. zuletzt etwa OLG Celle, Urt. v. 8.1.2009 - 11 U 70/08 - juris); die in der Berufungsbegründung angezogenen höchstrichterlichen Judikate sind für die hier inmitten stehende Verjährungsfrage nicht einschlägig.
Fundstellen
PA 2010, 8 |
OLGR-West 2009, 843 |