Entscheidungsstichwort (Thema)
Nähen einer beim Sportzweikampf erlittenen Bisswunde als grober Behandlungsfehler; keine Beweiserleichterung bei Verweigerung alsbaldiger Wiedereröffnung mit operativem Eingriff in das Kniegelenk durch Fußballprofi
Leitsatz (amtlich)
1. Schon der bloße Verdacht, dass eine beim Fußballspiel erlittene Knieverletzung durch die Zähne des Gegenspielers gerissen wurde, verbietet das Vernähen der Wunde.
2. Gleichwohl begründet der grobe Behandlungsfehler des Mannschaftsarztes ausnahmsweise keine Umkehr der Beweislast, wenn ein haftungsrechtlicher Zusammenhang zwischen dem Vernähen und dem eingetretenen Schaden äußerst unwahrscheinlich ist. Das kann dann der Fall sein, wenn der verletzte Spieler die ihm von einem anderen Arzt dringend empfohlene sofortige Wiedereröffnung der Wunde nebst Operation (Bursektomie) verweigert.
3. Zur Frage, ob es einen Berufsfußballer entlastet, wenn er die gebotene operative Intervention abgelehnt hat, weil ihn der Arbeitsvertrag mit dem Fußballverein verpflichtet, medizinische Heilbehandlungen vorher mit dem Mannschaftsarzt abzustimmen.
4. Auch im Arzthaftungsprozess sind außerhalb der Begründungsfrist nachgeschobene Berufungsrügen nur zu berücksichtigen, soweit sie das Behandlungsgeschehen betreffen, das innerhalb der Begründungsfrist wirksam Gegenstand des Rechts-mittelverfahrens geworden ist.
Normenkette
BGB §§ 249, 253-254, 276, 278, 280, 611, 823, 831; ZPO §§ 286-287, 520
Verfahrensgang
LG Trier (Aktenzeichen 4 O 412/07) |
Tenor
In dem Rechtsstreit - Kläger und Berufungskläger - Prozessbevollmächtigte: gegen 1. bis 6. - Beklagte - Prozessbevollmächtigte: wegen Arzthaftung weist der 5. Zivilsenat des OLG Koblenz den Kläger darauf hin, dass beabsichtigt ist, seine Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen (§ 522 Abs. 2 ZPO).
Gründe
Der Senat ist einstimmig davon überzeugt ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Das LG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Was die Berufung dagegen vorbringt, ist nicht stichhaltig.
1. Der Kläger nimmt im Berufungsverfahren nur noch zwei von ursprünglich 5 Ärzten wegen Fehlbehandlung auf materiellen und immateriellen Schadensersatz sowie auf Feststellung der Ersatzpflicht für entsprechende Zukunftsschäden in Anspruch. Hilfsweise bittet er um Zurückverweisung in die erste Instanz.
Der Kläger war Berufsfußballer. Während eines Spiels erlitt er am 31.10.2004 eine Bissverletzung, die im weiteren Verlauf zu einer Kniegelenksinfektion führte. Bei einem heftigen Zweikampf hatten die Schneidezähne seines Gegenspielers eine Rissverletzung am rechten Knie des Klägers verursacht.
Der mit dem Zweitbeklagten in einer Gemeinschaftspraxis tätige Erstbeklagte war Mannschaftsarzt des Vereins, bei dem der Kläger angestellt war. Nach dem Zusammenprall eilte er auf den Platz und übernahm sodann die Erstversorgung in der Mannschaftskabine. Er desinfizierte die Risswunde im Bereich des Knies bei sparsamer Wundrandkorrektur und nähte die Verletzung. Ob letzteres sachgemäß war, ist Hauptstreitpunkt im Berufungsverfahren. Dem Rat des Erstbeklagten folgend begab der Kläger sich noch am selben Tag in ein Krankenhaus (ehemalige Beklagte zu 5). Dort fertigte man eine Röntgenaufnahme in zwei Ebenen. Die Naht wurde als reizfrei bei intakter Motorik und Sensibilität beschrieben. Der behandelnde Arzt im Krankenhaus, Stefan E. (ehemals Beklagter zu 6), empfahl dem Kläger dringend eine antibiotische Therapie nebst einer Entfernung des Schleimbeutels (Bursektomie) unter Wiedereröffnung der vom Erstbeklagten vorgenommenen Wundnaht. Letztlich musste Stefan E. seine ärztlichen Bemühungen jedoch auf eine Tetanusprohhylaxe beschränken, weil der Kläger das weitere Vorgehen am darauffolgenden Tag zunächst mit dem Erstbeklagten besprechen wollte. In dessen Praxis stellte der Kläger sich am 1.11.2004 vor. Der Erstbeklagte untersuchte den Kniebefund und veranlasste eine Kernspintomographie in der radiologischen Praxis der ehemals Beklagten zu 3) und 4). Eine Ruptur der Kniebänder wurde dadurch ausgeschlossen. Anschließend wurde der Kläger wiederum vom Erstbeklagten in dessen Praxis an mehreren Tagen ambulant untersucht. Die erstmalige Befunderhebung durch den Zweitbeklagten am 10.11.2004 führte zu einer Wundrevision mit Sekundärnaht der Quadrizepssehne. An diesen Eingriff schloss sich ein von weiteren Operationen begleiteter stationärer Krankenhausaufenthalt bis zum 10.1.2005 an. Der weitere Verlauf war ebenfalls unbefriedigend, so dass der Kläger wegen des durch eine Infektion verursachten dauerhaften Knieschadens seinem Beruf als Fußballspieler nicht mehr nachgehen kann.
Der Kläger hat vorgetragen, die Erstversorgung in der Mannschaftskabine durch die zum Wundverschluss führende Naht der Verletzung sei grob fehlerhaft gewesen. Die gebotene sofortige Antibiose habe der Erstbeklagte trotz eindeutiger Leitbefunde auch bei den ambulanten Nachuntersuchungen versäumt. Eine Bursektomie habe spätestens am 1.11.2004 erfolgen müssen. Wegen der am 10.1...