Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachträgliche Gesamtstrafenbildung. Verwarnung mit Strafvorbehalt
Leitsatz (amtlich)
1. Bei einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung unter Einbeziehung einer Verwarnung mit Strafvorbehalt darf der Stand des Bewährungsverfahrens nicht offen bleiben. Sowohl die Feststellung nach § 59b Abs. 2 StGB als auch die zwischenzeitliche Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe mit anschließender Vollstreckung stünden einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung entgegen. Im Vollstreckungsfall wäre die Gewährung eines Härteausgleichs zu prüfen.
2. Die Entscheidung über den Gesamtstrafenausspruch kann nicht gemäß § 354 Abs. 1b StPO dem Beschlussverafhren nach §§ 460, 462 StPO überlassen werden, wenn über die Gewährung eines Härteausgleichs zu befinden ist. Diese Entscheidung ist vielmehr dem Tatgericht nach Durchführung einer Hauptverhandlung vorbehalten.
Normenkette
StGB §§ 55, 59b, 59c Abs. 2; StPO § 354 Abs. 1b
Verfahrensgang
LG Koblenz (Entscheidung vom 22.04.2016; Aktenzeichen 2050 Js 19952/08) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten Z. D. wird das Urteil der 8. kleinen Strafkammer des Landgerichts Koblenz vom 22. April 2016 im Ausspruch über die gegen diesen Angeklagten erkannte Gesamtstrafe und die Strafaussetzung zur Bewährung aufgehoben; die zugehörigen Feststellungen werden jedoch aufrecht erhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere kleine Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Koblenz zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision dieses Angeklagten wird als unbegründet verworfen.
- Die Revision des Angeklagten A. D. gegen das Urteil der 8. kleinen Strafkammer des Landgerichts Koblenz vom 22. April 2016 wird auf seine Kosten (§ 473 Abs. 1 Satz 1 StPO) als unbegründet verworfen.
Gründe
1. Das Wirtschaftsschöffengericht des Amtsgericht Mainz hat die Angeklagten durch Urteil vom 11. April 2014 wegen gemeinschaftlicher Bestechung in 36 Fällen jeweils zu Gesamtfreiheitsstrafen von zwei Jahren mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Die unbeschränkten Berufungen beider Angeklagten hat die 8. kleine Strafkammer - Wirtschaftsstrafkammer - des Landgerichts Koblenz mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass gegen jeden der Angeklagten eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verhängt wird und hinsichtlich des Angeklagten Z. D. die mit Strafbefehl des Amtsgerichts Wiesbaden vom 30. März 2015 - 5570 Js 37245/13 - vorbehaltene Geldstrafe daneben bestehen bleibt.
2. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der allein auf die Sachrüge gestützten Revision des Angeklagten A. D. hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil dieses Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 und 3 StPO). Gleiches gilt für die Überprüfung des gegen den Angeklagten Z. D. ergangenen Schuldspruchs und der für die 36 Taten gegen ihn verhängten Einzelstrafen von jeweils fünf Monaten aufgrund seiner - ebenfalls lediglich auf die Sachrüge gestützten - Revisionsrechtfertigung.
Insoweit ist ergänzend zur Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft ledig folgendes anzumerken: Die Feststellungen zum Tatzeitraum enthalten einen offensichtlichen Schreibfehler, der von der Strafkammer zu berichtigen sein wird. Während dort als Tatzeitraum "Anfang Februar bis Ende November 2007" angegeben ist (UA S. 6), ergibt sich aus den Ausführungen zur Festnahme des bestochenen TÜV-Prüfers am 14. November 2007 (ebenfalls UA S. 6) und der Beweiswürdigung zur Anzahl der Taten ("der von der Anklage erfasste Zeitraum vom 01.02. bis 31.10.2007 [von] 39 Wochen", von dem drei Urlaubswochen abzuziehen sind, UA S. 17) eindeutig, dass die 36 Taten im Zeitraum vom 1. Februar 2007 bis zum 31. Oktober 2007 begangen wurden, was auch dem Anklagevorwurf und den Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil entspricht.
3. Der den Angeklagten Z. D. betreffende Gesamtstrafenausspruch kann hingegen nicht bestehen bleiben.
Nach den Urteilsfeststellungen wurde der ansonsten unbestrafte Angeklagte durch Strafbefehl des Amtsgerichts Wiesbaden vom 30. März 2015 wegen vorsätzlicher Körperverletzung unter Vorbehalt der Verhängung einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 10,-- EUR verwarnt (UA S. 3). Angaben zur Rechtskraft des Strafbefehls, der Dauer der Bewährungszeit nach § 59a Abs. 1 StGB, dem Stand des Bewährungsverfahrens und zum Lebenssachverhalt, der dem Schuldspruch zugrunde liegt, enthält das angefochtene Urteil nicht. Die Strafkammer hat im Anschluss an Erörterungen zur Bildung einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten aus den von ihr verhängten 36 Einzelfreiheitsstrafen von fünf Monaten für jede gemeinschaftlich begangene Bestechung lediglich ausgeführt, dass gemäß § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB die Verwarnung mit Strafvorbehalt vom 30. März 2015 neben der erkannten Gesamtfreiheitsstrafe bestehen bleibt (UA S. 19) und die Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird, wobei sich eine Prüfung der Aussetzungsvoraussetzungen erübrige, weil nur der Angeklagte Be...