Entscheidungsstichwort (Thema)
Produkthaftung für Fehler einer von Fachpersonal genutzten Maschine
Normenkette
BGB §§ 823, 843, 847; ProdHaftG §§ 1, 8-9
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 31.03.2004; Aktenzeichen 1 O 258/03) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der Einzelrichterin der 1. Zivilkammer des LG Koblenz vom 31.3.2004 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche des Klägers aufgrund der Produkthaftung der Beklagten für eine von ihr hergestellte Knetermaschine zur Aufbereitung von PVC-Kunststoff, bei deren Bedienung der Kläger am 20.6.2002 als Mitarbeiter der Firma K.P. GmbH & Co. KG erheblich verletzt wurde. In der Maschine war der Kunststoff erkaltet und hatte den Kneter verklebt, der sich dadurch nicht öffnen ließ. Statt die Maschine gemäß der diesbezüglichen Bestimmung der Bedienungsanleitung mit für solche Fälle vorgesehenen Abdrückschrauben zu öffnen, erhitzte der Kläger den Kunststoff in der Maschine und versuchte dann, die Gehäusehälften mit der Hydraulik, die zum Öffnungs- und Schließmechanismus für den Normalbetrieb gehört, zu öffnen. Dabei entstand ein zunehmender Druck bis zu 350 bar. Nachdem sich zumindest eine Gehäusehälfte durch Betätigen des Hydraulikhebels nicht öffnen ließ, stieg der Kläger auf die Maschine, um nachzusehen. Dabei sprang die Gehäusehälfte nach Abriss von zwei durch den entstandenen Druck überlasteten Halteschrauben am Gabelkopf auf, klappte um 110 Grad statt der beim ordnungsgemäßen Betrieb vorgesehenen 45 Grad ab und quetschte dem Kläger das linke Bein. Der Kläger trug dadurch erhebliche und andauernde körperliche Beeinträchtigungen davon.
Der Kläger hat den Unfall vor allem auf einen Konstruktionsfehler der Maschine zurückgeführt. Es habe ein Überdruckventil gefehlt, das einen zu hohen Druckaufbau im Inneren der Maschine hätte verhindern können. Zudem sei kein Manometer vorhanden, das zur Kontrolle des Drucks hätte dienen können. Schließlich seien die Halteschrauben des Gehäuses zu schwach und zu kurz ausgeführt worden, um ein plötzliches Abklappen der Gehäusehälfte in der konkreten Situation zu verhindern. Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Kapital (mindestens 40.000 EUR) und Rentenform (500 EUR monatlich) zu verurteilen und festzustellen, dass sie verpflichtet ist, ihm allen künftigen materiellen und immateriellen Schaden aus dem Unfallereignis zu ersetzen, soweit nicht Ansprüche auf Träger der Sozialversicherung übergehen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat darauf verwiesen, dass der Kläger den Unfall selbst verschuldet habe, weil er nicht nach der Betriebsanleitung mit den Abdrückschrauben vorgegangen sei, sondern versucht habe, das Gehäuse unter Druckerhöhung mit Hilfe der Hydraulik aufzusprengen. Dafür sei die Maschine nicht ausgelegt, so dass die in der konkreten Situation vermissten Ausstattungsteile oder unzureichenden Halteschrauben keinen Konstruktionsmangel im Sinne des Haftungsrechts darstellten.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Ansprüche nach §§ 823, 843, 847 BGB, §§ 1, 8, 9 ProdHaftG bestünden nicht, weil der Kläger den Unfall selbst verschuldet habe. Der Beklagten sei ein Instruktionsfehler nicht vorzuwerfen, weil das Bedienungshandbuch, das dem Kläger zur Verfügung gestanden habe, die richtige Methode der Beseitigung von Verklebungen beschrieben und auf Gefahren im Öffnungsbereich der Gehäusehälften hingewiesen habe. Diese Bedienungs- und Gefahrenhinweise seien ausreichend. Dabei sei zu beachten, dass es um die Gerätebedienung durch Fachpesonal gegangen sei. Die Beklagte habe in ihrer Bedienungsanleitung für die Maschine betont, dass bei Verklebungen die Öffnung mit der Hydraulik nicht zulässig sei, sondern die Abdrückschrauben verwendet werden müssten. Es sei für Fachpersonal erkennbar gewesen, dass die Benutzung der Hydraulik bei Verklebungen zu einer erheblichen Kraftentfaltung führen könne, zumal wenn zugleich eine Erhitzung des Kunststoffmaterials stattfinde. Das Fehlen eines Überdruckventils sei dem Kläger bekannt gewesen. Über das Vorliegen einer Verklebung sei der Kläger schon bei Beginn seiner Arbeitsschicht informiert worden. Die Behauptung des Klägers, die Abdrückschrauben hätten seinem Arbeitgeber nicht zur Verfügung gestanden, rechtfertige wegen der eindeutigen Bedienungsanweisung im Benutzerhandbuch keine andere Bewertung. Das sei dem Hersteller nicht zuzurechnen. Es liege auch kein Konstruktionsfehler vor, der für den Schaden ursächlich geworden sei. Zwar fehlten ein Überdruckventil zur Begrenzung des Innendrucks und ein Manometer. Auch seien die Halteschrauben für die...