Leitsatz (amtlich)
1. Im Rahmen der Zulassung der Rechtsbeschwerde ist eine Beschränkung auf eine einzelne Rechtsfrage unzulässig und unwirksam, da eine Begrenzung nur hinsichtlich eines rechtlich und tatsächlich selbstständigen Teils des Streitstoffs erfolgen kann.
2. Die Einreichung eines irrtümlich als "vor Feststellung" gekennzeichneten Jahresabschlusses erfüllt die Offenlegungspflicht nach § 325 Abs. 1 S. 1 HGB nicht, auch wenn tatsächlich eine Feststellung vorlag.
3. Maßgeblich ist nicht der Zeitpunkt der Feststellung, sondern Anknüpfungspunkt für die Bewertung des Sachverhalts im Lichte des § 325 HGB kann nur der Wortlaut der Veröffentlichung des Jahresabschlusses sein, wie sie als Grundlage für die Bekanntmachung und damit auch für die Einsicht Dritter dient.
4. Nur diese Auslegung gewährt, dass die von § 325 HGB im Einklang mit Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie 2013/34/EU verfolgten Zwecke der Transparenz und Publizität erfüllt werden können.
Normenkette
HGB § 325 Abs. 1 S. 1, § 335a Abs. 3 S. 1; Richtlinie 2013/34/EU Art. 30 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Bonn (Aktenzeichen 31 T 79/22) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Rechtsbeschwerdeführers vom 02.10.2023 wird der Beschluss des Landgerichts Bonn vom 26.09.2023 (31 T 79/2022) aufgehoben.
Die Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 14.05.2021 gegen die Ordnungsgeldentscheidung vom 29.04.2021 (EHUG - 00038011/2020 - 01/02) wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird abgesehen.
Gründe
I. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 2.500 EUR wegen Nichteinreichung ihrer Rechnungslegungsunterlagen für das Jahr 2018 bei dem Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers.
Der Rechtsbeschwerdeführer drohte der Beschwerdeführerin mit Verfügung vom 17.02.2020, zugestellt am 20.02.2020, die Verhängung eines Ordnungsgelds in Höhe von 2.500 Euro wegen unterlassener Einreichung der Jahresabschlussunterlagen für das Geschäftsjahr 2018 an.
Die sodann am 13.03.2020 bei dem Betreiber des Bundesanzeigers zur Hinterlegung eingereichten Jahresabschlussunterlagen 2018, die die Beschwerdeführerin unter Zuhilfenahme der Steuerberaterkanzlei N. Y.-W. Steuerberatungsgesellschaft mbH in C. erstellt hatte, enthielten zur Feststellung die Angaben: "Der Jahresabschluss wurde vor der Feststellung offengelegt".
Mit der streitgegenständlichen Verfügung vom 29.04.2021, zugestellt am 06.05.2021, wurde das angedrohte Ordnungsgeld festgesetzt. Zur Begründung führte der Rechtsbeschwerdeführer aus, dass die Beschwerdeführerin bisher nur einen vorläufigen Jahresabschluss offengelegt habe, offenzulegen sei jedoch der festgestellte Jahresabschluss.
Mit Schreiben vom 14.05.2021 legte die Beschwerdeführerin gegen die Festsetzung des Ordnungsgeldes Beschwerde ein.
Die Beschwerdeführerin hat behauptet, die Feststellung des Jahresabschlusses sei - in Übereinstimmung mit der Feststellung des Jahresabschlusses der X. GmbH & Co. KG, deren Komplementärin die Beschwerdeführerin sei - am 12.02.2020 erfolgt. Im Zuge der am 13.03.2020 durch die Steuerberaterkanzlei bei dem Betreiber des Bundesanzeigers erfolgten Hinterlegung sei irrtümlich angegeben worden, dass der Jahresabschluss vor der Feststellung offengelegt werde. Im Regelfall erfolge indes eine Benachrichtigung des elektronischen Registers, falls die Veröffentlichung fehlerhaft sei. Dies sei im Rahmen der Veröffentlichung der X. GmbH & Co KG erfolgt, auch geschehen. Hier habe ebenfalls das Feststellungsdatum gefehlt, welches dann umgehend nachgetragen worden sei. Man sei mangels Meldung vom Bundesanzeiger davon ausgegangen, dass die Veröffentlichung für die Beschwerdeführerin korrekt erfolgt sei. Zwischenzeitlich sei auch hier das Feststellungsdatum nachgetragen worden.
Aufgrund einer Einreichung der Beschwerdeführerin vom 31.05.2021 wurde vom Betreiber des Bundesanzeigers folgende Mitteilung in das Unternehmensregister eingestellt: "Der Jahresabschluss wurde am 12.02.2020 festgestellt."
Der Rechtsbeschwerdeführer half der Beschwerde nicht ab und legte diese mit Nichtabhilfeentscheidung vom 19.01.2022 dem Landgericht Bonn vor.
Mit Beschluss vom 26.09.2023 hat das Landgericht die Ordnungsgeldentscheidung vom 29.04.2021 einschließlich der Feststellung von Zustellungskosten aufgehoben und die Rechtsbeschwerde zugelassen "hinsichtlich der Auslegung des § 325 Abs. 1 HGB bei irrtümlich erfolgter Mitteilung, dass der Jahresabschluss vor Feststellung offengelegt worden ist; obwohl tatsächlich ein ordnungsgemäß festgestellter Jahresabschluss offengelegt wurde".
Zur Begründung seiner Entscheidung stellt das Landgericht darauf ab, dass die Beschwerdeführerin die Offenlegungsfrist durch ihre Einreichung am 13.03.2020 innerhalb der sechswöchigen Nachfrist erfüllt habe. Die Beschwerdeführerin habe den Jahresabschluss 2018 tatsächlich am 12.02.2020 bereits festgestellt. Dass die außerhalb des Jahresabschlusses befindlichen "Angaben zur Feststellung: Der Jahresabschluss wurd...