Leitsatz (amtlich)
Die Verwendung zahlreicher Klauseln in einem Formularvertrag, durch den sich potentielle Studierende der Medizin gegenüber der zuständigen Stelle gem. § 3 Landarztverordnung (LAG-VO) und des Landarztgesetzes NRW (LAG NRW) verpflichten, unmittelbar nach dem abgeschlossenen Medizinstudium eine Facharztausbildung zu absolvieren und wiederum unmittelbar im Anschluss daran 10 Jahre als Hausarzt auf dem Land tätig zu sein, stellt keine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1, Nr. 1 UWG dar.
Normenkette
LAG NRW § 6; LAG-VO NRW § 3; UWG § 2 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 84 O 79/22) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 14. Juni 2022 - 84 O 79/22 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.
Gründe
I. Die Antragstellerin betreibt eine Studienplatzvermittlung. Sie vermittelt Interessenten, die aufgrund des NCs keinen Studienplatz in Deutschland erhalten, u.a. Studienplätze im Ausland und bietet Unterstützungsleistungen im Rahmen eines späteren Wechsels als Quereinsteiger nach Deutschland an.
Die Antragsgegnerin ist Rechtsträgerin des Landeszentrums Gesundheit Nordrhein-Westfalen (LZG NRW) und ist dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen zugeordnet. Sie ist zuständige Stelle gem. § 3 Landarztverordnung (LAG-VO) und des Landarztgesetzes NRW (LAG NRW).
Die Antragstellerin wendet sich gegen zahlreiche Klauseln in einem von der Antragsgegnerin verwendeten Formularvertrag, durch den sich dieser gegenüber potentielle Studierende verpflichten, unmittelbar nach dem abgeschlossenen Medizinstudium eine Facharztausbildung zu absolvieren und wiederum unmittelbar im Anschluss daran 10 Jahre als Hausarzt auf dem Land tätig zu sein.
Die Antragstellerin ist der Ansicht, dass verschiedene der von der LZG NRW verwendeten AGB-Klauseln gegen das AGB-Recht verstießen und sich die Antragsgegnerin unlauter verhalte gem. § 3a UWG. Die Antragsgegnerin handele geschäftlich iSd § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG, auch wenn es sich um ein Handeln der öffentlichen Hand handele, denn sie biete Dienstleistungen in Konkurrenz mit privaten Anbietern an. Durch die Vertragsgestaltung greife die Antragsgegnerin in den Markt ein. Es würden Studienbewerber berücksichtigt, die aufgrund des NCs "normalerweise" keinen Studienplatz in Deutschland erlangen könnten. Dieser Kreis stelle gerade auch die Klientel der Antragstellerin dar. Die Antragsgegnerin binde die Medizinstudenten für gut 15 Jahre und entziehe diese dem freien Markt, wodurch ebenfalls in den Markt eingegriffen werde. Sie handele zudem mit Gewinnerzielungsabsicht, indem sie sich eine Vertragsstrafe von 250.000 EUR versprechen lasse, die sogar dann anfalle, wenn der Studienplatz nicht angetreten werde und sie folglich keine Leistung erbringe. Die angegriffenen Klauseln wichen auch in mehreren zentralen Punkten von den gesetzlichen Vorgaben ab, sodass sich die Antragsgegnerin nicht darauf zurückziehen könne, dass sie lediglich gesetzliche Vorgaben umsetze.
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 14.06.2022 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen, weil keine geschäftliche Handlung vorliege.
Mit ihrer sofortigen Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihre Anträge unter Wiederholung und Vertiefung ihrer Argumente weiter und beantragt,
den angefochtenen Beschluss abzuändern und im Wege der einstweiligen Verfügung Folgendes anzuordnen:
1. Die Antragsgegnerin hat es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die nachstehenden Klauseln zu verwenden und/oder sich darauf zu berufen:
a. "(1) Der/die Verpflichtete absolviert nach erfolgreich abgeschlossenem Studium der Medizin eine Weiterbildung in Nordrhein-Westfalen, die nach § 73 Absatz 1a SGB V des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482) zur Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung berechtigt. Der/die Verpflichtete wird klarstellungshalber darauf hingewiesen, dass die Weiterbildung nur in einem Fachbereich aufgenommen werden kann, für den das Land im Zusammenwirken mit den Kassenärztlichen Vereinigungen zum Zeitpunkt der Aufnahme der Weiterbildung einen besonderen öffentlichen Bedarf für den voraussichtlichen Zeitpunkt der Aufnahme der ärztlichen Tätigkeit in Nordrhein-Westfalen nach Absatz 2 prognostiziert hat. (2) Nach erfolgter Weiterbildung übt der/die Verpflichtete für eine Dauer von zehn Jahren eine vertragsärztliche Tätigkeit als Hausärztin oder Hausarzt oder eine hausärztliche Tätigkeit als angestellte Ärztin oder angestellter Arzt in einer Einrichtung der ambulanten vertra...