Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 02.11.2022 verkündete Urteil der 26. Zivilkammer des Landgerichts C. - 26 O 44/22 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.097,56 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.11.2021 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, weitere 713,76 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.04.2022 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 2 in Verbindung mit § 313a Abs. N01 S. N01 ZPO abgesehen.
II. Die Berufung des Klägers ist zulässig und begründet.
Der Rechtsstreit ist insgesamt entscheidungsreif, nachdem der Kläger mit Schriftsatz vom 16.06.2023 auf die letzte Stufe der Stufenklage übergegangen ist und den Leistungsantrag beziffert hat.
Aufgrund des wirksam erklärten Widerrufs steht dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 6.097,56 EUR aus §§ 9, 152 VVG zu.
Der streitgegenständliche Versicherungsvertrag ist im Jahr 2011 zustande gekommen, so dass das VVG in der Fassung vom 23.11.2007 Anwendung findet. Dem Kläger stand dementsprechend bei Vertragsschluss ein Widerrufsrecht nach § 8 VVG zu. Die Widerrufsfrist ist nicht in Lauf gesetzt worden, so dass der Kläger im Jahr 2021 noch wirksam den Widerruf erklären konnte.
a) §§ 8 Abs. N01 S. 2, 152 Abs. N01 VVG bestimmen, dass der Versicherungsnehmer einen Lebensversicherungsvertrag - dies umfasst begrifflich auch die Rentenversicherungen (vgl. Schneider in: Prölss/Martin, VVG, 31. Auflage 2021, Vorbemerkungen zu §§ 150-171 Rz. N01) - binnen 30 Tagen widerrufen kann. Nach § 8 Abs. 2 VVG beginnt die Widerrufsfrist zu dem Zeitpunkt, zu dem dem Versicherungsnehmer der Versicherungsschein, die Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Versicherungsbedingungen sowie die weiteren Informationen nach § 7 sowie eine den Anforderungen des § 8 Abs. 2 Nr. 2 genügende Widerrufsbelehrung in Textform zugegangen sind.
b) Vorliegend waren beide Widerrufsbelehrungen unzureichend.
aa) Auf der Rückseite der letzten Antragsseite (Anlage K N01 Bl. 18 f. LGA) findet sich folgende Belehrung:
((Abbildung))
Diese Belehrung auf der Rückseite des Antragsformulars genügt den gesetzlichen Voraussetzungen in formeller Hinsicht nicht, da sie nicht hinreichend deutlich gestaltet ist.
§ 8 Abs. 2 Nr. 2 VVG 2008 weicht zwar mit der Anforderung der hinreichend deutlichen Gestaltung von der in § 5a VVG a.F. zu findenden Formulierung der "drucktechnisch deutlichen" Form ab. Wie der Senat aber bereits mehrfach entschieden hat (z.B. Senatsurteil vom 21.04.2023 - 20 U 320/22, juris-Rz. 12 ff. m.w.N.) kann allerdings im Hinblick auf die insoweit anzulegenden Maßstäbe nichts anderes als im Hinblick auf die Widerspruchsbelehrung nach § 5a VVG a.F. gelten. Dementsprechend ist auch unter § 8 VVG eine ausreichende Lesbarkeit und die Verwendung einer hinreichend großen Schrift erforderlich; darüber hinaus muss sich der Belehrungstext in einer nicht zu übersehenden Weise (etwa durch farbliche Gestaltung, größere Buchstaben, Sperrschrift, Fettdruck, Einrücken oder Einrahmen) aus dem übrigen Text hervorheben, damit sichergestellt ist, dass der Versicherungsnehmer die Belehrung zur Kenntnis nimmt, selbst wenn er nicht nach einer Widerspruchsmöglichkeit sucht (zu § 5a VVG a.F. z.B. BGH, Urt. v. 20.01.2004, IV ZR 58/03 - juris-Rz. 18; Urt. v. 14.10.2015, IV ZR 388/13 - juris-Rz. 11).
Die Widerrufsbelehrung findet sich in den letzten drei Absätzen des Textes auf der Rückseite des Antragsformulars. Sie ist in der gleichen Schriftgröße gehalten wie die vorangehenden Absätze, die sich etwa über die vorvertragliche Anzeigepflicht, die datenschutzrechtliche Einwilligung und den Wechsel des Versicherers verhalten. Einzelne Wörter der Widerrufsbelehrung sind zwar fettgedruckt, auch ist eine Randüberschrift ("Widerrufsrecht") vorhanden. All dies trifft aber auch auf sämtliche vorangehenden Passagen zu. Richtig ist, dass die Widerrufsbelehrung mit zwei dicken Randstrichen versehen ist. Dies genügt aber nicht. Die Hervorhebung ist nicht geeignet, den Versicherungsnehmer in gebotener Weise auf die Belehrung aufmerksam zu machen. Zu berücksichtigen ist insbesondere, dass der Versicherungsnehmer eine entsprechend wichtige Information auf der Rückseite des von ihm unterschriebenen Formulars regelmäßig nicht erwarten wird. Dies gilt hier umso mehr, als die Überschrift der Rückseite selbst schlicht "Erklärungen und wichtige Hinweise" lautet und daher als solche keinen Hinweis auf das Widerrufsrecht beinhaltet. Ob etwas anderes dann gelten würde, wenn ein Versicherungsnehmer auf der Vorderseite des Antrags in drucktechnisch hervorgehobener Weise auf die auf der Rückseite befindliche Erklärung aufmerksam gemacht wird, kann hier dahinstehen. Denn jedenfalls hier ist dies nicht der Fall. Un...