Leitsatz (amtlich)
1. Zur Gültigkeit einer Schiedsklausel im Übrigen, die über die Zuweisung von Streitigkeiten an ein (DIS-) Schiedsgericht hinaus eine unzulässige Kompetenz-Kompetenz-Zuweisung enthält.
2. Auch wenn die Schiedsvereinbarung als Teil eines einheitlichen, formbedürftigen Vertragswerks mitzubeurkunden ist, bedarf die maßgebliche Schiedsgerichtsordnung (hier: die der DIS) regelmäßig nicht der Mitbeurkundung.
Normenkette
BGB § 311b Abs. 1 S. 1; GmbHG § 15 Abs. 4; ZPO §§ 1029, 1040 Abs. 3, § 1062 Abs. 1 Nr. 2
Nachgehend
Tenor
I. Der Antrag, die Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens festzustellen, wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des gerichtlichen Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 5.556.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerinnen, eine Schweizer Aktiengesellschaft (S.A.) und drei deutsche Handelsgesellschaften in der Rechtsform der GmbH, begehren als Beklagte eines Schiedsverfahrens dessen Unzulässigkeit festzustellen. Schiedsklägerinnen sind die Antragsgegnerin zu 1, ein Unternehmen der Sportartikelindustrie, und die Antragsgegnerin zu 2, deren 100%ige Tochtergesellschaft und Eigentümerin mehrerer Immobilien auf einem ehemaligen Kasernengelände.
1. Die Antragstellerinnen schlossen zu notarieller Urkunde vom 22.12.2010 mit den Antragsgegnerinnen einen Rahmenvertrag über den Verkauf und die Übertragung von Grundstücken und Gesellschaftsanteilen sowie als Anlagen hierzu u.a. entsprechende Einzelverträge. Der Rahmenvertrag (im Folgenden RV) enthält unter Nr. 16 folgende Regelungen:
16. Schiedsgericht
16.1 Jede Streitigkeit, die aus oder im Zusammenhang mit diesem Vertrag oder seinen Anlagen entsteht, einschließlich jeder Streitigkeit über die Wirksamkeit oder das Bestehen dieses Vertrags, mit Ausnahme derjenigen Streitigkeiten, die von Gesetzes wegen einem Schiedsgericht nicht zur Entscheidung zugewiesen werden können, wird entsprechend der Schiedsgerichtsordnung des Deutschen Instituts für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) endgültig entschieden, ohne dass die Möglichkeit der Anrufung der ordentlichen Gerichtsbarkeit besteht. Das Schiedsgericht kann auch über die Gültigkeit dieser Schiedsvereinbarung bindend entscheiden.
16.2 Sitz des Schiedsgerichts ist Nürnberg.
2. Die Antragsgegnerinnen leiteten mit Klageschrift vom 13.3.2012, eingegangen bei der DIS-Geschäftsstelle am 14.3.2012, das Schiedsverfahren ein. Gegenstand sind u.a. die Wirksamkeit verschiedener Verträge und die Löschung eingetragener Auflassungsvormerkungen. Mit ihrer Klageerwiderung vom 26.11.2012 rügten die Antragstellerinnen (u.a.) die Zuständigkeit des Schiedsgerichts.
3. Mit Zwischenentscheid vom 5.3.2013 stellte das Schiedsgericht fest, dass es zur Entscheidung im Schiedsverfahren zuständig ist, und begründete dies folgendermaßen:
a) Die Schiedsklausel sei nicht wegen Verstoßes gegen § 1040 Abs. 3 Satz 2 ZPO insgesamt nichtig. Allerdings verstoße Nr. 16.1 Satz 2 RV gegen die genannte Norm. Das Schiedsgericht könne zwar über seine eigene Zuständigkeit und in diesem Zusammenhang über das Bestehen oder die Gültigkeit der Schiedsvereinbarungen entscheiden. Eine solche Entscheidung sei für staatliche Gerichte aber nicht bindend. Insoweit sei die Schiedsvereinbarung unwirksam.
Die Kompetenz-Kompetenz-Klausel und die Schiedsvereinbarung über die Hauptsache stellten jedoch zwei gesonderte Vereinbarungen dar, so dass die Unwirksamkeit der ersteren nicht die Unwirksamkeit der Schiedsabrede über die Hauptsache nach sich ziehe. Die eigenständige Vereinbarung in Satz 1 der Klausel bleibe von der Unwirksamkeit unberührt.
b) Es handle sich auch nicht um eine pathologische Klausel. Zwischen Nr. 16.1 Satz 1 und Satz 2 RV bestehe kein Widerspruch, da die Kompetenz-Kompetenz-Abrede unwirksam sei; es komme deshalb nicht darauf an, ob es sich bei Satz 2 um eine ad-hoc-Schiedsvereinbarung handle.
c) Schließlich verstoße die Schiedsklausel auch nicht gegen § 305c BGB. Zwar könne es sich bei einer Schiedsklausel grundsätzlich auch um eine Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) handeln, diese könne wegen Verstoßes gegen § 305c BGB unwirksam sein. Da Nr. 16.1 Satz 2 RV aber schon aufgrund des Verstoßes gegen § 1040 Abs. 3 Satz 2 ZPO per se unwirksam sei, könne es sich auch nicht um eine überraschende Klausel i.S.v. § 305c BGB handeln. Auf die Frage, ob es sich um AGB oder eine Individualvereinbarung handle, komme es daher nicht an.
Selbst wenn man aber die Regelung in Satz 2 als AGB-Klausel ansähe und ferner einen Verstoß gegen § 305c BGB annehme, führe dies nicht zur Unwirksamkeit und damit zu einer Unzuständigkeit des Schiedsgerichts. Der verbleibende Vertrag bleibe dann nach § 306 BGB wirksam. Grundsätzlich gelte zwar im Recht der AGB das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion. Eine Klausel sei grundsätzlich im Ganzen unwirksam, wenn nur ein Teil nicht wirksam einbezogen worden oder unwirksam sei. Etwas anderes gelte aber im Fall teilbarer Klauseln. Der...