Leitsatz (amtlich)
1. Auch einem Gesellschafter, der sich einem Konkurrenzunternehmen angeschlossen hat, kann die Einsicht in die Jahresabschlüsse der Gesellschaft nicht verweigert werden.
2. Bezieht sich die verlangte Auskunft auf wettbewerbsrelevante Informationen, kann die Entgegennahme der Informationen durch einen zur Verschwiegenheit verpflichteten, für beide Seiten vertrauenswürdigen Treuhänder in Betracht zu ziehen sein.
Normenkette
GmbHG §§ 51a, 51b
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 1 HKO 9058/06) |
Gründe
I. Die Antragsgegnerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem Stammkapital von 300.000 EUR. Unternehmensgegenstand ist der Erwerb bzw. der Aufbau einer Marke, unter der "selbständig operierende Autovermietunternehmen zu einem nationalen Netzwerk von Beschaffungs-, Absatz- und Organisationskonzept zusammengeführt" werden sollen. Der Antragsteller macht als Gesellschafter mit Geschäftsanteilen von insgesamt 95.200 EUR Informationsansprüche gegen die Gesellschaft geltend. Bis 2003 war er auch Geschäftsführer der Gesellschaft. Wie die übrigen Gesellschafter betreibt der Antragsteller ein Autovermietungsunternehmen, das mit der Antragsgegnerin einen "Lizenz-Partnervertrag" abgeschlossen hatte. Diesen Vertrag kündigte er zum 31.12.2005 und schloss für die Folgezeit einen Lizenzvertrag mit einem Wettbewerber der Antragsgegnerin ab.
Der Antragsteller kündigte seine Beteiligung an der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 26.4.2006 ordentlich zum 31.12.2006 und mit Schreiben vom 14.7.2006 aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung. Mit Gesellschafterbeschluss vom 16.3.2007 wurde der Geschäftsanteil des Antragstellers eingezogen. Die Einziehungsvergütung wurde noch nicht festgesetzt.
Vor der Gesellschafterversammlung vom 6.7.2006 bat der Antragsteller um Überlassung von aussagefähigen betriebswirtschaftlichen Auswertungen und Übersichten für 2005 und 2006, um die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft beurteilen zu können. Der Geschäftsführer lehnte dies unter Hinweis auf einen vorliegenden Gesellschafterbeschluss ab. Die Gesellschafterversammlung vom 6.7.2006 beschloss erneut, dem Antragsteller Auskunft und Einsicht zu verweigern. Der Antragsteller hat daraufhin gerichtliche Entscheidung beantragt, insbesondere bezüglich der Einsicht in den Jahresabschluss vom 31.12.2005, die Buchhaltungsunterlagen vom 1.1.2006 bis 31.12.2006 und den Geschäftsführer-Anstellungsvertrag mit sämtlichen Nachträgen und Zusatzvereinbarungen, sowie der Auskunft über die Ermittlung der Wertansätze wichtiger Bilanzpositionen und der Finanzierung von Fahrzeugen für vier Leasingnehmer durch die Antragsgegnerin.
Die Antragsgegnerin hat darauf verwiesen, dass die begehrten Informationen an die Konkurrenz gelangen könnten, und beantragt, den Antrag abzuweisen.
Das LG hat mit Beschluss vom 10.5.2007 den Anträgen stattgegeben mit der Maßgabe, dass die Auskunft über die Fahrzeugfinanzierung einem zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Sachverständigen zu erteilen sei.
Gegen diese Entscheidung hat die Antragsgegnerin die vom LG zugelassene sofortige Beschwerde eingelegt. Sie hat das Rechtsmittel auf die Kosten beschränkt, nachdem sie dem Antragsteller die Jahresabschlüsse 2005 und 2006 (letzteren anstelle der Buchhaltungsunterlagen) sowie den Geschäftsführervertrag ausgehändigt und die Auskünfte erteilt hat.
II.1. Die Antragsgegnerin hat nach Erledigung der Hauptsache in zulässiger Weise ihr Rechtsmittel auf die Kosten beschränkt. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind damit die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten beider Instanzen (vgl. Keidel/Zimmermann, FGG, 15. Aufl., § 13a Rz. 47).
2. Es erscheint angemessen, dass die Antragsgegnerin die Gerichtskosten beider Instanzen trägt (51b Satz 1 GmbHG i.V.m. § 132 Abs. 5 Satz 7 AktG) und dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten erstattet (§ 13a Abs. 1 Satz 1 FGG). Sie hat dem Antragsteller außergerichtlich zu Unrecht pauschal alle von ihm verlangten Informationen verweigert, ist in erster Instanz weitgehend unterlegen und hätte auch im Beschwerdeverfahren keinen Erfolg gehabt. Denn sie war verpflichtet, dem Antragsteller in dem vom LG festgelegten Umfang Auskunft und Einsicht zu gewähren.
a) Der Antragsteller hatte als Gesellschafter der Antragsgegnerin nach § 51a GmbHG Anspruch auf Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft und Einsicht in ihre Bücher und Schriften.
(1) Dieser Anspruch ist durch seine Kündigung und den Gesellschafterbeschluss vom 16.3.2007 über die Einziehung seines Geschäftsanteils nicht entfallen. Nach herrschender Meinung führt der Einziehungsbeschluss nicht unmittelbar zum Ausscheiden aus der Gesellschaft, sondern steht unter der aufschiebenden Bedingung, dass die Entschädigung für das Ausscheiden aus dem nicht gebundenen Gesellschaftsvermögen geleistet werden kann; die Mitgliedschaftsrechte bleiben danach bis zur vollständigen Zahlung der Abfindung unberührt (vgl. KG GmbHR 1999, 1202/1204; OLG Zweibrücken GmbHR 1997, 939/942; ...