Leitsatz (amtlich)
Überprüfung einer Gesamtstrafenbildung am Maßstab des Verbots der Schlechterstellung, wenn im Berufungsurteil statt einer Einheitstat zwei selbständige Straftaten angenommen werden und weitere in erster Instanz verhängte Einzelstrafen wegfallen.
Tatbestand
Das Amtsgericht hatte den Angeklagten wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit versuchtem Betrug in Tatmehrheit mit vorsätzlich falscher Versicherung an Eides statt in Tatmehrheit mit gefährlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mit Verletzung der Unterhaltspflicht in zwei tateinheitlichen Fällen in Tatmehrheit mit Verletzung der Unterhaltspflicht zur Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt; im Übrigen wurde der Angeklagte freigesprochen.
Die Verfolgung wegen der Unterhaltspflichtverletzungen wurde in der Berufungsinstanz gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt. Das Landgericht verurteilte den Angeklagten auf seine Berufung hin wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tatmehrheit mit versuchtem Betrug sachlich zusammentreffend mit vorsätzlicher falscher Versicherung an Eides statt in Tatmehrheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren drei Monaten. Mit der Revision rügte der Verteidiger die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die gemäß §§ 333, 341 Abs. 1, §§ 344, 345 StPO zulässige Revision hatte keinen Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO).
Entscheidungsgründe
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Das Berufungsgericht ist zu Recht von Tatmehrheit zwischen dem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr und dem versuchten Betrug ausgegangen (BGH VRS 83, 185/186; BGH NZV 1992, 325). Es war auch nicht durch das Verbot der reformatio in peius (§ 331 StPO) an einer entsprechenden Änderung des Schuldspruchs gehindert. Die Strafzumessung ist unter diesem Gesichtspunkt ebenfalls nicht zu beanstanden. War im ersten Urteil eine Gesamtstrafe aus Einzelstrafen für eine Einheitstat und für weitere Straftaten gebildet worden, werden dann im Berufungsurteil statt der Einheitstat zwei selbständige Straftaten angenommen und fallen andererseits eine oder mehrere Einzelstrafen weg, so darf jede der neuen Einzelstrafen für die jetzt angenommenen selbständigen Straftaten die Höhe der früheren Einheitsstrafe erreichen (BGHSt 14, 5). Als Einheitsstrafe für den Tatkomplex des fingierten Unfalls waren in erster Instanz 15 Monate angesetzt. Die in der Berufungsinstanz ausgesprochenen Einzelstrafen von einem Jahr drei Monaten für den gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr und von zehn Monaten für den versuchten Versicherungsbetrug halten sich in diesem Rahmen. Aus dem Verbot der Schlechterstellung folgt allerdings, dass die neue Gesamtstrafe weder die frühere Gesamtstrafe übersteigen noch die Summe aus der früheren Einheitsstrafe und den bestehen gebliebenen Einzelstrafen erreicht werden darf (BGHSt 14, 5). Auch diese Grenzen sind gewahrt. Die frühere Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren wurde auf zwei Jahre drei Monate reduziert. Die Summe der Einzelstrafen erster Instanz für die gefährliche Körperverletzung (14 Monate), die falsche Versicherung an Eides statt (sechs Monate) und den fingierten Unfall (15 Monate), also insgesamt 35 Monate, wurde in zweiter Instanz ebenfalls nicht überschritten.
Fundstellen