Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachlasspflegschaft, Ordentliche Kündigung, Gesellschafterversammlung, Untermietverhältnisse, Erhebliche Pflichtverletzung, Abmahnungsschreiben, Pflichtwidrigkeit, Standeswidrigkeiten, Rechtsmittelrücknahme, Abfindungsvereinbarung, Partnerschaftsgesellschaft, Dauerschuldverhältnisse, Fristlose außerordentliche Kündigung, Verhalten des Beklagten, Ausschlussgründe, Wichtiger Grund, Verwirkungstatbestand, Prozessbevollmächtigter, Eigenkündigung, Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 29.04.2022; Aktenzeichen 10 O 7629/21) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 29.04.2022, Az. 10 O 7629/21, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis 13.07.2023.
Gründe
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Weder weist der Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung auf noch erscheint eine Entscheidung des Berufungsgerichts aufgrund mündlicher Verhandlung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.
Die Würdigung durch das Landgericht ist frei von Rechtsfehlern (§ 513 Abs. 1, § 546 ZPO). Unter zutreffender Würdigung des Parteivortrags, der Gesamtumstände sowie der vorgelegten Unterlagen hat das Gericht in ersten Instanz zu Recht die Klage auf Feststellung, dass der Beklagte durch Beschluss vom 23.10.2019 aus der gemeinsamen Partnerschaftsgesellschaft ausgeschlossen worden sei, abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen. Die Angriffe gegen das erstinstanzliche Urteil verfangen nicht. Im Einzelnen ist auszuführen:
1. Zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass der Ausschließungsbeschluss formell ordnungsgemäß gefasst wurde. Der Einwand des Beklagten in zweiter Instanz, die Mitgesellschafterin H. hätte sich nicht vertreten lassen dürfen, greift nicht durch, da der Gesellschaftsvertrag eine Vertretungsmöglichkeit durch Mitgesellschafter vorsieht (Ziff. VI.4. des Sozietätsvertrags, Anlage K 1) und die dort geforderte schriftliche Vollmacht zur Vertretung in der Gesellschafterversammlung vom 23.10.2019 erteilt worden war; die Vollmacht erfasste nach ihrem Wortlaut nicht nur den Abschluss einer Ausscheidens- und Abfindungsvereinbarung, sondern auch die Vertretung in der Gesellschafterversammlung vom 23.10.2019 (vgl. Anlage K 23), auf deren Tagesordnung infolge der Vertagung der Gesellschafterversammlung vom 16.10.2019 (vgl. Anlage K 20, S. 1 iVm Anlage K 18, TOP 5) die Ausschließung stand.
2. Fehl gehen die Kläger, wenn sie meinen, der Beklagte habe die Berufung auf die Unwirksamkeit der Ausschließung verwirkt.
Gegen die - zutreffenden - Ausführungen des Landgerichts zum klassischen Verwirkungstatbestand (BGH, Urteil vom 07.06.1999 - II ZR 278/98, juris-Rn. 4f., 7f.) wenden sich die Kläger nicht. Die Ausführungen sind auch nicht zu beanstanden. Im Ausgangspunkt gilt, dass rechtswidrige Beschlüsse einer Partnerschaftsgesellschaft per se unwirksam sind, ohne dass es einer gerichtlichen Feststellung bedarf. Der Beklagte hat sich von Anfang an, erstmals bereits per Mail seines anwaltlichen Vertreters vom 06.11.2019 (Anlage K 25), also nur zwei Wochen nach dem Beschluss, gegen diesen gewandt; innerhalb einer Frist von weniger als 5 Monaten (zu einer Frist von 6 Monaten vgl. BGH, Urteil vom 28.01.1991 - II ZR 20/90, juris Rn. 6), nämlich am 17.03.2020 (Anlage B 47), hat er die Nichtigkeit überdies in einem gerichtlichen Verfahren (nämlich im registergerichtlichen Verfahren über die Eintragung seines Ausscheidens aus der Partnerschaft) geltend gemacht. Vor diesem Hintergrund fehlt es sowohl am Zeit- als auch am Umstandsmoment des Verwirkungstatbestands; ein schutzwürdiges Vertrauen der Kläger auf den Bestand des gefassten Beschlusses zur Ausschließung des Beklagten ist nicht begründet worden.
Wie sich der Beklagte im Vorfeld des Beschlusses zu einer einvernehmlichen Trennung positioniert hat, ist irrelevant. Die hier allein streitgegenständliche Ausschließung ist im Verhältnis zu einer einvernehmlichen Trennung ein - in der Regel sogar ehrenrühriges - aliud und mit dieser nicht zu vergleichen.
Der Umstand, dass der Beklagte nach dem Vortrag der Klageseite die Kanzleiräumlichkeiten bereits vor der Beschlussfassung freiwillig räumte, nimmt ihm nicht das Recht, sich gegen seinen "Rauswurf" - nichts anderes ist die Ausschließung - zu wehren. Dies gilt erst recht, wenn zum Zeitpunkt der Räumung eine einvernehmliche Einigung noch im Raum stand.
3. In der Sache fehlt es an einem hinreichend wichtigen Grund für den Ausschluss.
3.1. Maßstab ist, ob den Klägern die Fortsetzung der Partnerschaft unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen aller Vertragspartner bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht mehr zuzumuten ist (vgl. § 314 Abs. 1 Satz 2, § 626 Abs. 1 BGB). Vo...