Leitsatz (amtlich)
1. Die Unterscheidung des deutschen Namensrechts in Familienname, Ehename und Geburtsname ist dem englischen Recht fremd.
2. Verlangt das deutsche Personenstandsrecht die Eintragung eines vom Familiennamen abweichenden Geburtsnamens, so kann grundsätzlich der nach englischem Recht zuerst erworbene Name einer englischem Namensstatut unterliegenden Person, die ihren Namen nach englischem Recht geändert hat, als Geburtsname eingetragen werden.
Normenkette
BGB § 1355 Abs. 6; EGBGB Art. 10 Abs. 1; PStG § 15 (PStG a.F. § 11); PStV § 23 (PStV a.F. § 9)
Verfahrensgang
LG Traunstein (Beschluss vom 20.12.2007; Aktenzeichen 4 T 3284/06) |
AG Traunstein (Aktenzeichen 3UR III 1338/06) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des LG Traunstein vom 20.12.2007 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Beteiligte zu 1 wurde 1961 in Islington/London als Karen Ann "P." geboren und ist britische Staatsangehörige. 1988 heiratete sie in Großbritannien den deutschen Staatsangehörigen "D." und führte spätestens seit diesem Zeitpunkt den Familiennamen "D.". Im November 1998 erklärte die Beteiligte zu 1 vor der britischen Vize-Konsulin in M./Deutschland an Eides statt (Statutory Declaration), dass sie von ihrem Ehemann "D." seit vier Jahren getrennt lebe, die Scheidung beantragt habe, von ihrem derzeitigen Lebenspartner "O." ein Kind erwarte und daher den Familiennamen "D." ablegen und stattdessen den Familiennamen "O." annehmen wolle. Bei dieser Erklärung gab die Beteiligte zu 1 ihren Namen mit "Karen Ann D., geborene P." an. Im Februar 2001 heiratete die Beteiligte zu 1 in F./Deutschland den deutschen Staatsangehörigen "O.". In das Familienbuch des Standesamts F. wurde der Familienname der Beteiligten zu 1 mit "O., geborene P." eingetragen. Im Jahr 2006 beantragte die Beteiligte zu 2 (Standesamtsaufsicht) die Berichtigung dieses Heiratseintrags, der Geburtsname "P." sei zu streichen. Mit Beschluss vom 11.8.2006 ordnete das AG an, dass dem Heiratseintrag der Randvermerk "der Geburtsname P. der Ehefrau ist zu streichen" beigefügt wird. Auf die von der Beteiligten zu 1 hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde hat das LG mit Beschluss vom 20.12.2007 den Beschluss des AG aufgehoben. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Standesamtsaufsicht.
II. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig (§ 48 Abs. 1, § 49 Abs. 1 PStG a.F., § 29 Abs. 2 FGG), jedoch nicht begründet.
1. Das LG hat unter Bezugnahme auf ein von ihm erholtes Rechtsgutachten des Instituts für internationales Recht - Rechtsvergleichung der Ludwig-MaximiliansUniversität München im Wesentlichen ausgeführt:
Das Namensstatut der in England geborenen britischen Staatsangehörigen sei nach Art. 10 Abs. 1 EGBGB das englische Recht. Aus der Sicht des englischen Rechts sei unabhängig von dem gefestigten Aufenthalt der Beteiligten zu 1 in Deutschland weiterhin das englische Namensrecht anzuwenden. Dagegen seien die die Führung des deutschen Personenstandsregisters regelnden Vorschriften als Verfahrensrecht nach dem lex-fori-Grundsatz dem deutschen Recht zu entnehmen; § 9 PStV (a.F.) verlange die Eintragung des Geburtsnamen der Ehegatten. Die vom Standesamt F. vorgenommene Eintragung des Familiennamens der Beteiligten zu 1 mit "O. geb. P." sei richtig. Auch wenn das englische Recht einen "Geburtsnamen" im Sinne des deutschen Namensrechts nicht kenne, so entspreche doch der Familienname "P.", den die Beteiligte zu 1 bei ihrer Geburt getragen habe, dem Geburtsnamen im Sinne des deutschen Namensrechts.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).
a) Führt ein Verlobter zur Zeit der Eheschließung einen Familiennamen, der nicht sein Geburtsname ist, so ist im Heiratseintrag nach § 11 PStG a.F. diesem Namen der Geburtsname mit dem Zusatz "geborene(r)" beizufügen, § 9 Abs. 1 PStV a.F. (vgl. Hepting/Gaaz Personenstandsrecht § 11 PStG Rz. 14; nunmehr nach dem Rechtsstand seit 1.1.2009: § 15 PStG n.F. § 23 Abs. 1 PStV n.F.).
b) Zutreffend ist das LG in Übereinstimmung mit dem von ihm erholten Rechtsgutachten davon ausgegangen, dass das Namensstatut der Beteiligten zu 1 das englische Recht ist, da Art. 10 Abs. 1 EGBGB auf das Heimatrecht der Namensträgerin verweist, innerhalb des Vereinigten Königreichs das englische Teilrecht zur Anwendung kommt (Art. 4 Abs. 3 EGBGB) und sich im englischen Recht eine Rückverweisung, die zu beachten wäre (Art. 4 Abs. 1 EGBGB), nicht sicher feststellen lässt (vgl. zur Problematik eines - hier verneinten - Renvoi kraft Domizilanknüpfung Stau-dinger/Hepting BGB Bearbeitung 2007, Vorbem. zu Art. 10 EGBGB Rz. 156). Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen des LG, das sich seinerseits auf das von ihm erholte Rechtsgutachten stützen konnte, Bezug genommen. Das Ergebnis der kollisionsrechtlichen Prüfung wird von der weiteren Beschwerde auch nicht in Frage gestellt.
c) Keinen rechtlichen Bedenken begegnet auch die weitere Erwägung des LG, dass das englisch...