Leitsatz (amtlich)
1. Zur Eintragungsfähigkeit von Verfügungsbeschränkungen an Anteilen von BGB-Gesellschaftern im Grundbuch.
2. Jedenfalls nach dem Rechtszustand vom 18.8.2009 kommt die Eintragung einer Verfügungsbeschränkung infolge Nießbrauchsstellung als Belastung am Gesellchaftsanteil eines BGB-Gesellschafters nicht mehr in Betracht.
Normenkette
BGB §§ 899a, 1068; GBO § 47 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Memmingen - Grundbuchamt (Beschluss vom 15.10.2010; Aktenzeichen Mindelheim Bl. 5763) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 5 gegen den Beschluss des AG Memmingen - Grundbuchamt - vom 15.10.2010 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 3.200 EUR.
III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Im Grundbuch ist die Beteiligte zu 1, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), unter der Bezeichnung U. & S. GbR und unter Aufführung ihrer vier Gesellschafter, der Beteiligten zu 2 bis 5, eingetragen. Mit notarieller Urkunde vom 26.7.2010 übertrug der Beteiligte zu 2 von seinem mit 51 % bezeichneten Gesellschaftsanteil einen Teilgesellschaftsanteil zu 50 % mit allen Rechten und Pflichten auf den Beteiligten zu 5, der die Übertragung annahm. Die Überlassung des Gesellschaftsanteils erfolgte ohne Gegenleistung als Schenkung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge. Der Veräußerer behielt sich auf seine Lebenszeit den Nießbrauch an dem Beteiligungsanteil nach im Einzelnen vertraglich vorgesehenen Maßgaben vor, ohne dass dadurch der betroffene Gesellschafter nach außen in seinen Verwaltungsrechten beschränkt wurde. Es wurde - soweit hier erheblich - bewilligt und beantragt, die Verfügungsbeschränkung infolge Nießbrauchsbestellung als Belastung am Gesellschaftsanteil des Erwerbers zugunsten des Nießbrauchsberechtigten im Grundbuch einzutragen.
Den notariellen Vollzugsantrag vom 16.8.2010 hat das Grundbuchamt am 15.10.2010 kostenpflichtig zurückgewiesen, weil das Grundstückseigentum nicht mehr den Gesellschaftern, sondern der GbR zustehe und diese keiner Verfügungsbeschränkung unterliege. Daran ändere auch § 899a Satz 1 BGB nichts. Denn das Recht des Gesellschafters, als Vertreter für die GbR zu handeln, werde durch die beantragte Eintragung der Verfügungsbeschränkung nicht beeinträchtigt.
Der Beschwerde vom 9.11.2010 hat das Grundbuchamt nicht abgeholfen. Das Rechtsmittel wird im Wesentlichen darauf gestützt, dass auch nach der Anerkennung der Rechts- und Grundbuchfähigkeit der GbR Verfügungsbeschränkungen, die in der Vergangenheit bereits als eintragungsfähig eingestuft worden seien, weiterhin eintragungsfähig blieben. Nach dem am 18.8.2009 in Kraft getretenen ERVGBG (vom 11.8.2009 BGBl. I, 2713) seien neben der GbR auch deren Gesellschafter in das Grundbuch einzutragen. Bezüglich der Eintragungsfähigkeit von Verfügungsbeschränkungen sei trotz Grundbuchfähigkeit der GbR zumindest der "status quo ante" hergestellt. Demnach sei dem Eintragungsantrag stattzugeben.
II. Die zulässig namens sämtlicher Urkundsbeteiligter - der Gesellschaft wie ihrer Gesellschafter - eingelegte Beschwerde (§ 71 Abs. 1, § 73 GBO, § 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 FamFG) bleibt im Ergebnis ohne Erfolg.
1. Nach dem Inkrafttreten des ERVGBG hatte der Senat bereits Gelegenheit, sich mit der Problematik der Eintragung von Verfügungsbeschränkungen am Anteil des Gesellschafters zu befassen. Im Beschluss vom 2.7.2010 (34 Wx 062/10, bei juris) hat er die Eintragung des Insolvenzvermerks beim miteingetragenen Gesellschafter, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, als eintragungsfähig erachtet, weil in das Grundbuch einzutragen sei, was sich unmittelbar auf die eingetragenen Rechte oder auf die Verfügungsbefugnis hinsichtlich dieser Rechte auswirke; im Insolvenzfall sei die Verfügungsbefugnis berührt, weil das Recht des Gesellschafters beeinträchtigt sei, als Vertreter der GbR nach außen zu handeln (Senat, a.a.O.). Hingegen wurde in einem weiteren Senatsbeschluss vom 18.11.2010 (34 Wx 096/10 - nicht veröffentlicht -) in dessen nicht tragenden Gründen die Eintragung eines Nacherbenvermerks am Gesellschaftsanteil mit folgenden Erwägungen verneint:
Vor Anerkennung der Grundbuchfähigkeit der GbR seien im Grundbuch die Gesellschafter selbst in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit als Rechtsträger verlautbart worden (vgl. BayObLGZ 2002, 330/332). Demnach sei seinerzeit die Eintragung von Verfügungsbeschränkungen zu Lasten des Gesellschafters, nicht der Gesellschaft, in Betracht gekommen (dazu Bestelmeyer Rpfleger 2008, 552/556; Böhringer Rpfleger 2007, 260). Indes unterliege die Gesellschaft selbst keiner Verfügungsbeschränkung. Mit Wirkung vom 18.8.2009 schütze § 899a Satz 1 BGB nun den guten Glauben an die Vertretungsmacht der im Grundbuch eingetragenen Gesellschafter, und zwar auch dann, wenn das Vertretungsrecht des handelnden Gesellschafters durch Verfügungsbeschränkungen mit Außenwirkung beeinträchtigt sei (§ 899a Satz 2 i.V.m. § 892 Abs. 1 Satz 2 BGB). In diesem Zusammenhang müsse im Einzelfall geprüft w...