Leitsatz (amtlich)
1. Eine mögliche Unwirksamkeit des Anwaltsvertrages wegen eines Verstoßes gegen § 114 AktG hat keinen Einfluss auf die Wirksamkeit einer erteilten Prozessvollmacht.
Bei Erteilung einer Prozessvollmacht für ein Aufsichtsratsmitglied liegt kein Stimmrechtsausschluss analog § 34 BGB vor.
2. Ein wichtiger Grund für die Abberufung eines Vorstandsmitgliedes kann unter besonderen Umständen auch dann vorliegen, wenn diese lediglich von einem außerhalb der Gesellschaft stehenden Dritten verlangt wird.
Verfahrensgang
LG München II (Urteil vom 26.01.2005; Aktenzeichen 1 HKO 4535/04) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des LG München II vom 26.1.2005 dahingehend abgeändert, dass die Klage insgesamt abgewiesen wird.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt die Feststellung, dass seine Abberufung als Vorstandsvorsitzender der Beklagten unwirksam ist.
Die Beklagte, die sich seit Frühjahr 2003 in finanziellen Schwierigkeiten befindet, schloss am 7.1.2004 mit der Firma U. Unternehmens-Beratung GmbH, deren Geschäftsführer der Kläger ist, einen Dienstleistungsvertrag über Beratungs- und Managementleistungen.
Mit Beschl. v. 18.2.2004 bestellte der Aufsichtsrat der Beklagten den Kläger mit sofortiger Wirkung zum Vorstandsvorsitzenden, wobei das Mandat bis 31.12.2005 laufen sollte. Ein schriftlicher Dienstvertrag für die Tätigkeit des Klägers als Vorstandsvorsitzender liegt nicht vor. Der Kläger erhielt als Vorstand die Vergütung, die im Beratungsvertrag vom 7.1.2004 vereinbart worden war.
Da die Kredite der drei wichtigsten Gläubigerbanken der Beklagten, nämlich der B. Bank, der D. Bank und der V. Bank, bis 30.6.2004 befristet waren, kam es in der Folgezeit zu verschiedenen Besprechungen und einem Schriftwechsel, insb. mit der D. Bank, mit dem Ziel, die Kredite zu verlängern, um eine Insolvenz der Beklagten zu vermeiden.
In einer Besprechung vom 19.7.2004, an der der Kläger nicht teilnahm, verweigerte der Vertreter der D. Bank, Herr N., die weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger sowie eine Prolongierung der Kreditlinien.
Das Finanzierungsvolumen der D. Bank AG bei der Beklagten lag bei über 20 Mio. EUR. Die Prolongierung der Kreditlinien über den 30.6.2004 hinaus war für diese unabdingbar für die Sanierung und den Fortbestand des Unternehmens. Am 20.7.2004 stellte der Kläger daher vorsorglich den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten.
Am 20.7.2004 ließ die D. Bank der Beklagten über den Mitarbeiter der Firma K., Herrn Dr. A., dem Aufsichtsrat der Beklagten mitteilen, dass die Prolongierung der Kreditlinien fertig sei, eine Herausgabe aber erst dann in Betracht komme, wenn der Kläger als Vorstand abberufen worden sei.
Der Aufsichtsrat der Beklagten beschloss daraufhin am 21.7.2004, den Kläger mit sofortiger Wirkung als Vorstandsvorsitzender und Mitglied des Vorstands abzuberufen. Dies wurde ihm am selben Tag mitgeteilt. Der Beratervertrag vom 7.1.2004 wurde ordentlich zum 31.8.2004 gekündigt.
Nachdem die D. Bank AG die Kreditlinien noch am 21.7.2004 prolongiert hatte, wurde der Insolvenzantrag am 23.7.2004 wieder zurückgenommen.
Der Kläger hat geltend gemacht, er habe seine Pflichten als Vorstand der Beklagten ordnungsgemäß erfüllt. Die Abberufung sei willkürlich und daher nichtig. Da auch ein wichtiger Grund für die Abberufung nicht vorliege, sei der Abberufungsbeschluss jedenfalls unwirksam.
Seine Abberufung sei auf Veranlassung der D. Bank AG erfolgt, die ihre Interessen durch ihn als unabhängigen Vorstand nicht hinreichend gewahrt angesehen habe. Die Abneigung des Herrn N. ihm ggü. komme daher, weil dieser jemanden als Vorstand hätte haben wollen, der nicht primär das Interesse der Gesellschaft, sondern die Interessen der D. Bank AG verfolge. Die D. Bank AG hätte im Übrigen die Kredite in jedem Fall verlängert, da diese größtenteils ungesichert gewesen seien und sie daher im Falle einer Insolvenz der Beklagten die größten Verluste zu verkraften gehabt hätte.
Der Kläger hat beantragt, festzustellen, dass seine Abberufung als Vorstand der Beklagten vom 21.7.2004 nichtig ist, hilfsweise, diese für unwirksam zu erklären.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass die Abberufung Klägers aus wichtigem Grund zulässig gewesen sei. Im Rahmen der Verhandlungen über eine Verlängerung der Kredite sei es zwischen dem Kläger und dem Vertreter der D. Bank zu einem unüberbrückbaren Zerwürfnis gekommen. Da hierdurch der Fortbestand des Unternehmens massiv gefährdet gewesen sei, sei der Kläger für sie als Organ nicht weiter tragbar gewesen.
Die Schwierigkeiten mit der D. Bank hä...