Entscheidungsstichwort (Thema)
Wettbewerb: "Ergänzende bilanzierte Diät"
Leitsatz (amtlich)
Ein Spannungsverhältnis zwischen dem Verbot der Laienwerbung nach § 12 LFGB und dem in § 21 DiätV normierten Gebot bestimmter Pflichtangaben auf der Verpackung eines diätetischen Lebensmittels besteht jedenfalls dann nicht, wenn die angegriffene Werbung den Anforderungen des § 21 DiätV nicht entspricht.
Normenkette
UWG § 4 Nr. 11; LFGB § 12; DiätV § 21
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 03.01.2006; Aktenzeichen 9 HKO 20436/05) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des LG München I vom 3.1.2006 wird als unbegründet kostenfällig zurückgewiesen.
2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Parteien streiten sich um die Zulässigkeit einer Werbung für das von der Beklagten vertriebene Nahrungsergänzungsmittel (ergänzende bilanzierte Diät) S. Hinsichtlich des Tatbestandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Erstgericht hat antragsgemäß wie folgt verurteilt:
I. Der Beklagten wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der künftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an untersagt, im geschäftlichen Verkehr für das Mittel "S." außerhalb der Fachkreise zu werben:
1.1. "S." hat mit seiner patentierten,. hochdosierten Kombination der Vitamine B6, B12 und Folsäure einen nachweisbaren Doppelnutzen. Einerseits werden die Homocystein-Werte signifikant gesenkt und erreichen bei fast 96 % der Patienten innerhalb von nur vier Wochen wieder Normalwerte. Andererseits öffnen sich durch die Gabe des Präparates kleinste, bereits verschlossene Gefäße und es kommt so zu einer verbesserten Durchblutung des gesamten Organismus",
1.2. "Ist der Homocysteinspiegel erhöht, verdicken sich die glatten Muskelzellen in den Gefäßwänden, in deren Folge sich auch die Innenschicht der Blutgefäße, die sog. Intima, verdickt. Je nach Art und Stärke der Verdickung kommt es dann zu einem Verschluss des Gefäßes oder zu einer Stenose, bei der die Blutversorgung vermindert ist. Die Verdickung der Intima kann durch die Gabe von "S." rückgängig gemacht werden. Ein wichtiger therapeutischer Nutzen, denn die deutlich verbesserte Blutversorgung durch die Gabe von "S." führt zu einer zunehmenden Leistungsfähigkeit der Patienten",
1.3. "Hohe Homocystein-Werte werden in der medizinischen Fachwelt mit immer mehr Krankheiten/Leiden in einem ursächlichen Zusammenhang gesehen. Folgende Krankheitsbilder mit Hyperhomocysteinämie sollten dringend mit S. behandelt werden:
S. ist sinnvoll bei oberflächlichen und tiefen Beinvenenthrombosen sowie bei tiefen Beckenvenenthrombosen.
S. ist sinnvoll bei Angina pectoris-Beschwerden (KHK), bei cerebralem Insult (Hirninfarkt), bei peripherer arterieller Verschlusskrankheit (paVK) sowie bei angeborener Hyperhomocysteinämie in Folge von Enzymdefekten.
... die nicht eindeutig venös oder arteriell einzuordnen sind - S. ist sinnvoll bei vaskulären Formen der Altersdemenz, bei Verschlüssen, Stenosen und Leckagen im venösen oder arteriellen Endstromgebiet. Für den otologischen Bereich sind dies insb. Gefäß-Prozesse des Innenohres und der Hörbahn.
Für den opthamologischen Bereich sind dies feuchte Makulopathie, trockene Makulopathie, Opticusatrophie, Glaukom, diabetische Retinopathie, neovaskuläre Retinopathie, Astvenenthrombose und Astarterienverschluss.
S. ist ebenso sinnvoll bei Vaskulopathien im Rahmen von Allgemeinerkrankungen wie z.B. die diabetischer Angiopathie bzw. die vaskulär bedingte Impotenz.
S. ist sinnvoll bei Schwangerschaften als effektiver Ersatz der nicht in jedem Behandlungsfall sicheren Folatbehandlung.
- Medikamentöser Hyperhomocysteinämie
S. ist sinnvoll bei einer Cyclosporin-Therapie nach Organ-Transplatation (Herz, Niere, Leber etc.), bei einer Cytostatica-Therapie bei Malignomen wie etwa Seminom, Mamma-Ca., M. Hodgkin, Sarkom sowie Magen-Ca., bei einer immunsuppressiven Therapie von Autoimmunkrankheiten und einer immunsuppressiven Therapie rheumatischer Erkrankungen",
1.4. mit dem Hinweis auf ärztliche Gutachten und/oder ärztliche Empfehlungen sowie Hinweise auf solche, insb. zu werben:
1.4.1. "S." wird unter fachkundiger medizinischer Aufsicht zur Senkung des erhöhten Homocysteinspiegels im Blutplasma eingesetzt. In diesem Einsatzgebiet hat S. eine besonders hohe Therapie-Sicherheit. In einer breit angelegten multizentrischen Studie ergaben sich u.a. folgende wesentliche Therapie-Faktoren:
- die durchschnittliche Senkung des Homocysteinwertes durch S. betrug 46,2 % des Ausgangswertes
- die durchschnittliche Senkung des Homocysteinwertes durch S. betrug bei medik...