Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertriebsvertrag über die Vermittlung von Pay-TV-Abonnements: Formnichtigkeit einer Zusatzvereinbarung über zu zahlende Zuschüsse zu Vermittlungsprovisionen
Leitsatz (amtlich)
Eine in Form einer E-Mail ohne qualifizierte elektronische Signatur erfolgte Zusatzvereinbarung über die Zahlung von Zuschlägen oder die Vornahme von Abschlägen auf die vereinbarten Provisionen für die Vermittlung von Abonnements zum Bezug von Bezahlfernsehen ist gem. §§ 125, 126, 127 BGB formnichtig, wenn der entsprechende Vertriebsvertrag eine Schriftformklausel sowohl für Vertragsergänzungen und -änderungen als auch für den Verzicht auf das Formerfordernis enthält.(Rz. 15) weitere Fundstellen einblendenweitere Fundstellen ...
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 20.12.2012; Aktenzeichen 12 HKO 22785/10) |
BGH (Aktenzeichen VII ZR 300/13) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG München I vom 20.12.2012 (Az.: 12 HK O 22785/10) wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
3. Dieses Urteil und das angegriffene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 Prozent des gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Parteien streiten um Zuschüsse ("Boni") zu den Vermittlungsprovisionen aus dem Vertriebsvertrag zwischen den Parteien für die Monate Juli und August 2009.
Die Klägerin und die P. Fernsehen GmbH & Co KG, aus der die Beklagte hervorgegangen ist, schlossen am 5.4.2006 einen Vertriebsvertrag (Anlage K 1), mit welchem die Klägerin beauftragt wurde, Abonnements zum Bezug von Bezahlfernsehen (insb. für Sportveranstaltungen) in Gaststätten im weiteren Sinne zu vermitteln. Der Vertrag hat auszugsweise den folgenden Wortlaut.
§ 9. Vergütungsvereinbarung. (1) AGENTUR [= die Klägerin, Anmerkung des Senats] erhält von P. für jeden vermittelten und rechtsgültig zustande gekommenen Vertrag eine einmalige Abschlussprovision.
§ 10. Abschlussprovision. (1) Für jeden zustande gekommenen Vertrag ... mit einem Kunden über ein P.-Abonnement zahlt P. an AGENTUR eine einmalige Abschlussprovision gemäß Auflistung in der Zusatzvereinbarung (Anlage I).
§ 15. Schriftformklausel. Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Dies gilt auch für den Verzicht auf dieses Formerfordernis.
Im Sommer 2009 verhandelten die Parteien über eine Zusatzvereinbarung, mit welcher für die Monate Juli und August 2009 Zuschläge ("Boni") oder Abschläge ("Mali") auf die vereinbarten Provisionen gewährt werden sollten, je nachdem, in welchem Grad die Klägerin bestimmte Ziele (Erhöhung der Abonnements insgesamt; Verringerung des prozentualen Anteils kleiner Sportsbars) erreichen würde. Am 22.7.2008 fand diesbezüglich eine abschließende Besprechung zwischen den Parteien statt, welcher die von den Parteien sog. "Matrix" (Anlage K 4) zugrunde lag. Am 23.7.2009 übersandte die Beklagte an die Klägerin eine E-Mail (Anlage K 2), in welcher es heißt:
... Anbei die finale Planung für Juli und August. Für Verlängerungen Juli/August und Neuabos im Juli gelten die bestehenden Provisionen zzgl. Bonusregelung. Für Neuabos ab dem 1.8. zu den neuen Konditionen gelten die folgenden Provisionssätze zzgl. Bonusregelung:...
Der E-Mail war die Matrix als Anlage beigefügt. Eine Reaktion der Klägerin erfolgte hierauf nicht.
In der Folgezeit beglich die Beklagte die ohne Berücksichtigung der Bonus-Malus-Regelung der Klägerin rechnerisch zustehenden Provisionen. Unter dem 12.11.2009 (Anlage K 5) machte die Klägerin die ihr ihrer Meinung nach zustehenden Bonusbeträge geltend. Sie ging dabei von einem Verständnis der Matrix aus, wonach aus den dort eingesetzten Prozentsätzen auf beiden Achsen ein Mischfaktor zu bilden und dieser zu den ohne Bonusregelung verdienten Provisionen in Bezug zu setzen sei. Die Klägerin ermittelte hieraus einen Bonusanspruch i.H.v. 618.858,90 EUR brutto und kam damit abzgl. einer unstreitig erfolgten Teilzahlung von 262.177,11 EUR zu einem Betrag in Höhe der Klageforderung. Die Beklagte war dem gegenüber der Auffassung, dass für die Berechnung der geschuldeten Bonusbeträge die in den einzelnen Spalten der Matrix enthaltenen Eurobeträge heranzuziehen seien und das so gefundene Ergebnis mit den ohne Bonusregelung geschuldeten Provisionsbeträgen in Bezug zu setzen sei, so dass sich ein Bonusanspruch i.H.v. 134.963,19 EUR ergebe, welcher durch die genannte Teilzahlung bereits überzahlt sei. - Hinsichtlich der Berechnungen der Parteien im einzelnen wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils Bezug genommen.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 356.681,80 EUR nebst gestaffelten Zinsen an die Klägerin zu verurteilen. Die Beklagte hat Klagabweisung beantra...