Leitsatz (amtlich)
Von der Erhebung der Gebühren für die Eröffnung eines Testaments gegenüber den Erben ist auch dann nicht ausnahmsweise gemäß § 21 GNotKG wegen unrichtiger Sachbehandlung abzusehen, wenn zwischen dem Tod des Erblassers und der Testamentseröffnung ein sehr langer Zeitraum (vorliegend fast 10 Jahre) liegt, weil das Nachlassgericht bis dahin keine Sterbefallmitteilung des Standesamtes erreicht hat. Der Gebührenanspruch ist unter diesen Umständen auch nicht verwirkt.
Verfahrensgang
AG Halle (Saale) (Beschluss vom 18.12.2014; Aktenzeichen 40 IV 2462/13) |
AG Halle (Saale) (Beschluss vom 07.11.2014; Aktenzeichen 40 IV 2462/13) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2) werden die Beschlüsse des AG Halle (Saale) vom 7.11. und 18.12.2014 aufgehoben.
Die Beschwerdeentscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Erblasserin M. F. errichtete am 26.2.1990 vor dem Staatlichen Notariat H. ein Testament, mit dem die Beteiligte zu 1) zur Alleinerbin eingesetzt wurde. Das Staatliche Notariat teilte der Urkundenstelle des S. Kreises gemäß notarieller Verfügung vom gleichen Tage die amtliche Verwahrung des Testaments mit.
Im Rahmen einer turnusmäßigen Durchsicht der inzwischen bei dem AG Halle (Saale) verwahrten Testamente wurde dort am 16.5.2014 bekannt, dass die Erblasserin bereits am 15.12.1994 verstorben ist. Eine Sterbefallmitteilung des zuständigen Standesamtes lag bis zur Überprüfung dem AG nicht vor.
Nach dem Eingang einer Sterbeurkunde am 14.7.2014 wurde das Testament am 28.7.2014 eröffnet und die Beteiligte zu 1) hierüber informiert. Unter dem 29.7.2014 wurde an diese eine Kostenrechnung über eine Gebühr in Höhe von 100,00 EUR für die Eröffnung der Verfügung von Todes wegen übersandt.
Hiergegen legte die Beteiligte zu 1) am 26.8.2014 zu Protokoll des Nachlassgerichts Erinnerung ein. Sie vertrat die Ansicht, dass die Erhebung der Kosten für die Testamentseröffnung wegen des erheblichen Zeitverzuges zwischen dem Sterbefall und der Testamentseröffnung nicht berechtigt sei.
Der Bezirksrevisor (Beteiligter zu 2.) vertrat in seiner Stellungnahme vom 2.9.2014 die Ansicht, dass bei der Testamentseröffnung weder eine unrichtige Sachbehandlung des zuständigen Nachlassgerichts, noch die Voraussetzungen einer Verwirkung der erhobenen Kosten vorliegen würden.
Die zuständige Rechtspflegerin des AG hat der Erinnerung durch Beschluss vom 7.11.2014 abgeholfen. Sie hat die Ansicht vertreten, dass von der Erhebung der Kosten wegen einer unrichtigen Sachbehandlung auf der Grundlage des § 21 GNotKG in Verbindung mit Verwirkungstatbeständen abgesehen werden müsse.
Hiergegen wandte sich der Beteiligte zu 2) mit seiner sofortigen Erinnerung vom 19.11.2014, worauf die Rechtspflegerin das Verfahren mit Beschluss vom 9.12.2014 dem zuständigen Richter des AG zur Entscheidung vorgelegt hat. Dieser wies die sofortige Erinnerung durch Beschluss vom 18.12.2014 zurück und ließ zugleich die Beschwerde zu.
Darauf hat der Beteiligte zu 2) mit Schreiben vom 14.1.2015 unter Wiederholung seiner bereits im Erinnerungsschreiben dargelegten Ansichten Beschwerde eingelegt. Das AG hat das Verfahren durch Beschluss vom 20.1.2015 dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Der am Oberlandesgericht zuständige Einzelrichter hat das Verfahren wegen der grundsätzlichen Bedeutung nach § 81 Abs. 6 Satz 2 GNotKG auf den Senat zur Entscheidung übertragen.
II. Die nach § 81 Abs. 2 Satz 2 GNotKG zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
Der Kostenansatz aus der Kostenrechnung vom 29.7.2014 ist nicht zu beanstanden. Für die Eröffnung eines Testamentes sind nach Nr. 12101 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GNotKG Gebühren in Höhe von 100,00 EUR angefallen. Für die festgesetzten Kosten haftet nach § 24 Nr. 1 GNotKG der Erbe, hier die Beteiligte zu 1).
Von der Erhebung dieser Kosten ist auch nicht ausnahmsweise unter Berücksichtigung der Ausnahmeregelung des § 21 GNotKG wegen unrichtiger Sachbehandlung in Verbindung mit den Grundsätzen der Verwirkung abzusehen. Denn die Voraussetzungen hierfür liegen nicht vor. Denn von einer unrichtigen Sachbehandlung im Sinne der vorgenannten Regelung kann nur ausgegangen werden, wenn dem Gericht oder dem Notar ein offen zu Tage tretender Verstoß gegen eindeutige gesetzliche Normen oder ein offensichtliches Versehen unterlaufen ist (z.B. OLG Zweibrücken, FamRZ 2012, 396; OLG Hamm, OLGR 2002, 363; BayObLG, FamRZ 2000, 174; Bormann/Diehn/Sommer-feldt, GNotKG, Rdn. 2 zu § 21 GNotKG; Korintenberg/Tiedtke, GNotKG, Rdn. 39 zu § 21 GNotKG, jeweils m. w. N). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor.
Das Nachlassgericht hatte erst nach dem Eingang der Sterbeurkunde gesicherte Kenntnis vom Tod der Erblasserin und durfte auch erst danach auf der Grundlage des § 348 FamFG das Testament eröffnen, was zeitnah am 28.7.2014 geschah.
Dass die Testamentseröffnung erst lange nach dem Tod der Erblasserin am 15.12.1994 erfolgt ist, beruht nicht auf einer unrichtigen Sachbehandlung durch die G...