Entscheidungsstichwort (Thema)
Strafvollzugsrecht. Stromkostenbeteiligung
Leitsatz (amtlich)
1. Unter Berücksichtigung der allgemeinen Bedürfnisse eines Strafgefangenen deckt die Benutzung eines Gerätes zur Zubereitung von heißem Wasser, etwa Wasserkocher oder Kaffeemaschine, sowie eines Radios und eines Fernsehgerätes über die bereits von der Justizvollzugsanstalt kostenlos zur Verfügung gestellte elektrische Energie zur Nutzung eines Elektrorasierers und einer elektrischen Zahnbürste hinaus den durch das Existenzminimum gesicherten Grundbedarf des Gefangenen.
2. Die Gewährung effektiven Grundrechtsschutzes gebietet jedoch nicht grundsätzlich die kostenlose Zurverfügungstellung von elektrischer Energie durch die Justizvollzugsanstalt. Diese ist vielmehr berechtigt, sowohl das Bedürfnis nach heißem Wasser oder aber nach Information anderweitig zu befriedigen, soweit den Gefangenen eine Nutzung im zureichenden Maße möglich ist.
Normenkette
StVollzG § 19 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Stendal (Entscheidung vom 14.03.2014; Aktenzeichen 508 StVK 106/13) |
Tenor
1. Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der kleinen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Stendal vom 14. März 2014 wird als unbegründet verworfen.
2. Die Landeskasse trägt die Kosten der Rechtsbeschwerde und die notwendigen Auslagen des Antragstellers.
3. Der Gegenstandswert wird auf 300,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller befindet sich im Strafvollzug in der Justizvollzugsanstalt ... und nutzt dort mit Erlaubnis der Antragsgegnerin in seinem Haftraum ein Fernsehgerät und einen Wasserkocher.
Gemäß der Allgemeinverfügung des Ministeriums der Justiz des Landes Sachsen-Anhalt vom 15. November 2002 - Az.: 4544-304.1 - (JMBl. LSA 2002, 327), zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 14. Dezember 2007 (JMBl. LSA 2007, 352) sind Strafgefangene zur Angleichung des Lebens im Justizvollzug an die allgemeinen Lebensverhältnisse an den Kosten des Vollzuges angemessen zu beteiligen, die durch Energieverbrauch infolge Betriebes von Netzstromgeräten entstehen; die Höhe der Kostenbeteiligung wurde einheitlich auf 2,00 € je Gerät festgesetzt, ohne dass es insoweit auf Geräteart und individuellen Verbrauch ankäme.
Nachdem das Oberlandesgericht Naumburg mit Beschluss vom 08. Juni 2012 (2 Ws 96/12) die bisherige Vereinbarung aufgrund der Allgemeinverfügung des Ministeriums der Justiz des Landes Sachsen-Anhalt vom 15. November 2002 - Az.: 4544-304.1 - (JMBl. LSA 2002, 327), zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 14. Dezember 2007 (JMBl. LSA 2007, 352) in einem Fall für nichtig erklärt hatte, erließ das Ministerium für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt am 16. Juli 2012 eine Allgemeinverfügung (AZ.: 4544-304.1), nach der mit den Gefangenen erneut öffentlich-rechtliche Individualvereinbarungen nach einem vorbereiteten Muster abzuschließen seien. Für die Berechnung ist der Bruttobezugspreis, inklusive der gesetzlichen Umsatzsteuer, der Anstalt für Strom je Kilowattstunde und die Nennleistung des jeweiligen Gerätes zugrunde zu legen. Die durchschnittliche Nutzungsdauer des jeweiligen Gerätes orientiert sich dabei an den Gegebenheiten außerhalb des Strafvollzugs unter Zugrundelegung der Nutzungszeitentabellen der Stromversorger, wobei jedoch die Besonderheiten und Einschränkungen des Freiheitsentzuges, etwa die vermehrte Nutzung von Unterhaltungselektronik im Freiheitsentzug infolge der dort erheblich eingeschränkten Möglichkeiten seine Freizeit eigenständig anders zu gestalten, zu berücksichtigen sind. In der Anlage zur Allgemeinverfügung vom 16. Juli 2012 werden 18 unterschiedliche Gerätetypen, von der Nachttischlampe über Wasserkocher und Kaffeemaschine bis zum Plasma-TV-Gerät, mit jeweils unterschiedlicher Nutzungsdauer aufgeführt, die bei der Berechnung des vom Gefangenen zu zahlenden Beitrages mit der ermittelten Nennleistung und dem von der Anstalt zu zahlenden Bruttobezugspreis je Kilowattstunde zugrunde zu legen ist. Hierüber unterrichtete die Justizvollzugsanstalt die Gefangenen am 17. Juli 2012.
Am 13. September 2012 änderte das Ministerium für Justiz und Gleichstellung die Allgemeinverfügung vom 16. Juli 2012 dahingehend ab, dass bei der Berechnung der Kostenbeteiligung der Gefangenen nur noch ein Bruttobezugspreis von 0,1196 Euro/Kilowattstunde anzusetzen sei. Zur Begründung führte das Ministerium an, dass nur noch verbrauchsabhängige Kostenbestandteile in die Berechnung einflössen und die verbrauchsunabhängigen Kosten der Vollzugsanstalt nicht berücksichtigt würden, um sicherzustellen, dass es sich tatsächlich nur um eine Kostenbeteiligung handele. Des Weiteren wies das Ministerium darauf hin, dass bei der Erarbeitung der Nutzungstabelle bewusst von einer Unterscheidung zwischen Arbeitern und Nichtarbeitern Abstand genommen worden sei, weil Nichtarbeiter wesentlich häufiger elektrische Zusatzgeräte (wie z.B. Fernseher, DVD-Player, etc.) in ihren Hafträumen nutzen würden als Arbeiter, andererseits würden sie nur...