Leitsatz (amtlich)
Gäste, die in einem Festsaal feiern und dabei auch tanzen wollen, werden einen glatten Parkettboden überlicherweise nicht nur hinnehmen, sondern sogar erwarten, und sich auf die Gefahren, die von dieser Glätte beim Betreten und Begehen des Fußbodens ausgehen, einstellen, solange der Fußboden trotz der Glätte ohne besondere Vorsicht auch mit bei Festlichkeiten üblichem Schuhwerk betreten werden kann. Insoweit bedarf es noch nicht einmal einer besonderen Warnung.
Ein Gastwirt, der einen so beschaffenen Ballsaal für eine Hochzeitsveranstaltung zur Verfügung stellt, begeht daher grundsätzlich keine Verkehrssicherungspflichtverletzung.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Urteil vom 07.06.2005; Aktenzeichen 5 O 164/05) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 7.6.2005 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des LG Magdeburg - 5 O 164/05 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Klägerin verlangt aus dem Gesichtspunkt der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht von der Beklagten Schadensersatz für die materiellen und immateriellen Schäden, die sie am 29.5.2004 gegen 22.30 Uhr während einer Hochzeitsfeier durch einen Sturz bei einem Gesellschaftstanz erlitten hat. Die Beklagte ist Betreiberin des Hotel- und Gaststättenbetriebs "H." in M., in deren Ballsaal der Sturz der Klägerin geschehen ist.
Die Klägerin, eine erfahrene und versierte Tänzerin, trug an diesem Abend besonders angefertigte Tanzschuhe. Während sie mit ihrem Ehemann einen Jive tanzte, rutschte sie aus, glitt gegen die an die Tanzfläche angrenzende Teppichbodenkante und stürzte zu Boden. Sie erlitt eine offene Fraktur des linken Unterarmes und mehrere Prellungen. Sie wurde noch in derselben Nacht operiert und verbrachte anschließend 11 Tage im Krankenhaus. Wegen der Unfallfolgen konnten die Klägerin und ihr Ehemann den geplanten Jahresurlaub nicht antreten; die Klägerin war bis zum 7.10.2004 arbeitsunfähig krank geschrieben und leidet noch immer unter Schmerzen und Bewegungseinschränkungen. Wegen der weiteren Unfallfolgen verweist der Senat auf de Tatbestand des angefochtenen Urteils
Die Klägerin hat behauptet, das Parkett der Tanzfläche sei durch Verwendung von Bohnerwachs so glatt gewesen, dass man beim Tanzen wegrutscht. Zudem sei die an die Tanzfläche anschließende Teppichkante 6 mm höher als das Parkett und nicht befestigt gewesen.
Sie hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.922,41 EUR Schadensersatz nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 5.9.2004, 419,63 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit und ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, mindestens jedoch 6.500 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 6.000 EUR seit dem 5.9.2004 und darüber hinaus seit Rechtshängigkeit zu zahlen, sowie
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihr aus dem Unfall vom 29.5.2004 im H. Hotel in M. entstanden sind bzw. noch entstehen, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder Dritten übergegangen ist
Die Beklagte hat um Klageabweisung gebeten.
Sie hat entgegnet, der Teppichboden sei fachgerecht verspannt gewesen. An seinen Rändern, die auf 2 mm Höhenunterschied auslaufend gefertigt seien, sei Filz angebracht gewesen, um das Verrutschen zu verhindern. Sie habe den Tanzboden nicht gebohnert, sondern vor dem Hochzeitsfests mittel Parkettpflegemittel ordnungsgemäß bearbeitet.
Das LG hat den Ehemann der Klägerin, D. F., sowie die Festgäste D. Wn. und H. Wt. als Zeugen vernommen.
Sodann hat das LG die Klage abgewiesen, weil der Beklagten keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht zur Last falle.
Zwar sei der Tanzboden im Ballsaal glatt gewesen, wie ihn Gäste, die bei einer Feierlichkeit tanzen wollen, auch erwarten. Das sei nach der Rechtsprechung des BGH nicht zu beanstanden, solange der Fußboden trotz der Glätte ohne besondere Vorsicht auch mit bei Festlichkeiten üblichem Schuhwerk betreten werden könne.
Dieses Maß an Glätte habe der Fußboden des Ballsaales der Beklagten nach den Bekundungen der Zeugen nicht überschritten. Die Zeugen Wn. und Wt. hätten erklärt, sie hätten gut und zügig tanzen können, ohne dabei weggerutscht zu sein.
Die Klägerin habe zudem nicht erwarten dürfen, dass sich auch der übrige Raum außerhalb der Tanzfläche in völlig ebenem Zustand befindet, der ein Stolpern ausschließe. Beim Tanzen im Randbereich der Tanzfläche, in dem die Klägerin ausgerutscht sei, müsse sie mit Übergängen zu anderen Bodenbelägen rechnen und eine höhere Aufmerksamkeit walten lassen. Zudem sei die Unebenheit im Übergangsbereich zwischen Parkett und Teppichfußboden als besonders gering anzusehen und habe keine besonderen Sicherungsmaßnahmen erfordert.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre Klageforderung weiter verfolgt. Hilfsweise begehrt sie die Aufhebung...