Entscheidungsstichwort (Thema)
Einführung einer beitragsbefreiten Ehrenmitgliedschaft im Verein durch satzungsändernde Mehrheit
Leitsatz (amtlich)
1. Die Begründung eines Sonderrechts bedarf nicht stets der Zustimmung aller nicht privilegierten Vereinsmitglieder. Dies lässt sich weder aus § 35 BGB noch aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz herleiten. (Rn. 19 - 20)
2. Die Einführung einer Ehrenmitgliedschaft mit Beitragsbefreiung bedarf nicht der Zustimmung aller Vereinsmitglieder, wenn zumindest theoretisch jedes Mitglied die Chance hat, das neu geschaffene Ehrenamt einmal selbst zu erlangen. (Rn. 20)
3. Das Registergericht hat Satzungsänderungen nur darauf zu prüfen, dass kein Gesetzesverstoß vorliegt; eine weitergehende Inhalts- oder gar Zweckmäßigkeitskontrolle findet nicht statt. (Rn. 24)
Normenkette
BGB §§ 33, 35, 71; WaffG § 27 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Amberg (Verfügung vom 04.06.2020; Aktenzeichen VR 40045) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Beteiligten wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts - Registergericht - Amberg vom 04.06.2020 aufgehoben.
2. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über die Registereintragung der mit Schreiben des Notars Dr. M. vom 11.05.2020 zur Eintragung in das Vereinsregister angemeldeten Neufassung der Satzung des Beteiligten vom 01.03.2020 an das Amtsgericht zurückgegeben.
3. Das Amtsgericht wird angewiesen, bei der erneuten Entscheidung von der von ihm vertretenen Rechtsauffassung Abstand zu nehmen,
- die Neufassung der Satzung bedürfe der Zustimmung aller stimmfähigen Vereinsmitglieder, weil sie eine Beitragsbefreiung für Ehrenmitglieder vorsehe, und
- es bestünden Bedenken hinsichtlich der Regelungen zur Mitgliedschaft und den Rechten der Vereinsmitglieder, weil die Ausübung des Schießsports durch Minderjährige waffenrechtlichen Beschränkungen unterliege.
4. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Beteiligte ist im Vereinsregister des Amtsgerichts Amberg unter ... eingetragen.
Der Verein wurde im Jahr 1966 gegründet. Seine am 19.03.1966 errichtete Satzung enthielt in der Fassung durch die letzte Änderung durch Beschluss der Mitgliederversammlung vom 02.04.2005 u.a. folgende Regelungen:
"§ 3 Mitgliedschaft:
(1) Voraussetzungen:
Mitglieder des Vereins können alle Personen werden, die das 14. Lebensjahr vollendet haben. Zur Aufnahme von Jugendlichen ist die schriftliche Zustimmung des gesetzlichen Vertreters erforderlich."
...
§ 4 Beitrag:
Von allen Mitgliedern werden Beiträge erhoben.
Bei Neuaufnahme muss eine Aufnahmegebühr bezahlt werden.
Die Höhe der Aufnahmegebühr sowie des Mitgliedsbeitrages wird von der Mitgliederversammlung festgesetzt.
Durch mit einer Mehrheit von drei Vierteln der Mitglieder gefassten Beschluss der Mitgliederversammlung vom 01.03.2020 wurde die Vereinssatzung insgesamt neu gefasst; danach lauten die vorgenannten Bestimmungen nunmehr wie folgt:
"§ 3 Mitgliedschaft
(1) Voraussetzungen:
Mitglieder des Vereins können natürliche Personen werden. Zur Aufnahme von Jugendlichen ist die schriftliche Zustimmung des gesetzlichen Vertreters erforderlich."
...
(4) Rechte der Mitglieder
(a) Sämtliche Mitglieder haben Anspruch darauf, die Einrichtungen des Vereins nach Maßgabe der Satzung und der von den Vereinsorganen gefassten Beschlüsse und getroffenen Anordnungen zu benutzen und an den Veranstaltungen des Vereins teilzunehmen, sowie das Recht den Schießsport auszuüben.
(b) Alle Mitglieder genießen alle Rechte, die sich aus der Satzung, insbesondere der Zweckbestimmung des Vereins ergeben. Sie haben das aktive und passive Wahlrecht bei Volljährigkeit und gleiches Stimmrecht in der Mitgliederversammlung.
(c) Ehrenmitglieder haben alle Rechte eines Mitglieds. Sie sind von Beitragsleistungen befreit.
§ 4 Beitrag
Von allen Mitgliedern werden Beiträge erhoben.
Bei Neuaufnahme muss eine Aufnahmegebühr bezahlt werden. Die Höhe der Aufnahmegebühr sowie des Mitgliedsbeitrages wird von der Mitgliederversammlung festgesetzt.
Ehrenmitglieder sind vom Beitrag befreit.
Mit notarieller Urkunde des Notars Dr. M. vom 11.05.2020 (URNr. 985/2020) wurden die Neufassung der Vereinssatzung zur Eintragung in das Vereinsregister angemeldet.
Das Amtsgericht hat mit Verfügung vom 15.05.2020 darauf hingewiesen, dass die Anmeldung nicht vollzugsfähig sei, weil in §§ 3 und 4 eine Beitragsbefreiung der Ehrenmitglieder vorgesehen sei. Hierbei handele es sich um ein Sonderrecht gemäß § 35 BGB, das zur Folge habe, dass alle diejenigen Mitglieder, welche die Bevorzugung nicht zugestanden werde, der Satzungsneufassung zustimmen müssten. Die Satzungsgestaltung sehe ferner als Voraussetzung einer Mitgliedschaft die Vollendung des 14. Lebensjahres nicht mehr vor und es hätten sämtliche Mitglieder Anspruch auf Nutzung der Einrichtungen des Vereins und der Ausübung des Schießsports. Aufgrund einschränkender waffenrechtlicher Vorschriften für Minderjährige werde angeregt, zumindest § 3 (4) auf Grundlage der bestehenden waffenrechtlichen Gesetzgebung einzuschränken.
Hiergegen wand...