Leitsatz (amtlich)
1. Bleibt ein Elternteil trotz ordnungsgemäßer Ladung und Hinweises gemäß § 34 Abs. 3 Satz 2 FamFG unentschuldigt fern, kann von seiner persönlichen Anhörung abgesehen werden.
2. Die besonderen Anforderungen an die Abänderung einer vorangegangenen Entscheidung zur elterlichen Sorge gemäß § 1696 Abs. 1 Satz 1 BGB müssen nicht beachtet werden, wenn es in dem neuen Verfahren um eine Ergänzung der früheren Entscheidung geht und die Teile der elterlichen Sorge, welche Gegenstand des neuen Verfahrens sind, nicht Gegenstand des vorausgegangenen Verfahrens waren.
Normenkette
BGB §§ 1671, 1696 Abs. 1; FamFG § 34 Abs. 1 Nr. 2; FamFG § Abs. 3; FamFG § 160 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Nürnberg (Beschluss vom 05.04.2016; Aktenzeichen 101 F 5017/15) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Nürnberg vom 5.4.2016 in Ziff. 1 abgeändert und neu gefasst wie folgt:
In Ergänzung des Beschlusses des AG - Familiengericht - Nürnberg vom 14.10.2015, Az. 101 F 239/15, wird der Beteiligten W. O. M. die gesamte elterliche Sorge für das Kind M. O. J. H., geboren am..., zur alleinigen Ausübung übertragen.
2. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin, geboren am..., und der Antragsgegner, geboren am..., sind die Eltern des Kindes M. O. J. H., geboren am... Die Antragstellerin besitzt die deutsche und die finnische Staatsangehörigkeit. Sie hat eine Ausbildung zur Sozialassistentin absolviert und ist zur Zeit Hausfrau. Der Antragsgegner, deutscher Staatsangehöriger, verfügt über keine abgeschlossene Berufsausbildung und war zuletzt als Reinigungskraft erwerbstätig; zur Zeit ist er arbeitslos. Die Ehe der Eltern wurde am 6.6.2013 geschlossen und ist zwischenzeitlich, rechtskräftig seit Anfang 2016, geschieden. Sie leben seit September/Oktober 2014 getrennt.
In der Vergangenheit konsumierten beide Eltern illegale Drogen. Die Antragstellerin hat eingeräumt, noch während der Zeit des Stillens des gemeinsamen Kindes ab und zu Cannabis konsumiert zu haben. Der Antragsgegner behauptet, seit geraumer Zeit keine illegalen Drogen mehr zu konsumieren.
Mit Antrag seiner damaligen Bevollmächtigten vom 6.11.2014 begehrte der Vater bei dem Familiengericht Würzburg, Az.: 2 F 1908/14, ihm im Wege der einstweiligen Anordnung das alleinige Sorgerecht für M. zu übertragen. Zur Begründung führte er aus, die Mutter habe vor ca. 8 Wochen wieder begonnen exzessiv Cannabis zu konsumieren. Vor ca. 5 bis 6 Wochen sei sie zusammen mit dem Kind nach Nürnberg zu ihrer Mutter gefahren und dort geblieben. Seit ca. 2 Wochen habe er zu der Antragstellerin und seinem Kind jedoch keinen Kontakt mehr. Die Mutter sei ungeeignet zur Pflege und Erziehung des Kindes. Voraussetzung für eine gemeinsame elterliche Sorge nach der Trennung sei ein Mindestmaß an Verständigungsbereitschaft unter den Eltern, ein Mindestmaß an Kooperationsfähigkeit und die ernsthafte Absicht zur Übernahme von Verantwortung für das Kind. Bei ihm und seiner Ehefrau liege jedoch eine gravierende Kommunikationsstörung vor, welche die Übertragung der elterlichen Sorge auf ihn begründe. Ohne der Mutter rechtliches Gehör gewährt zu haben, übertrug das AG Würzburg dem Vater mit Beschluss vom 7.11.2014 im Wege der einstweiligen Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das gemeinsame Kind. Im weiteren Verfahren erklärt die Antragstellerin, es sei richtig, dass sie während der Ehezeit gelegentlich zusammen mit ihrem Ehemann Cannabis geraucht habe. Den Cannabiskonsum habe sie jedoch nach ihrem Auszug aus der Ehewohnung eingestellt. Im Übrigen sei M. nach der Geburt alleine von ihr versorgt und betreut worden. Der Vater habe nie mit dem Kind gespielt oder sich sonst um das Kind gekümmert. Er habe in der Ehewohnung Cannabis angebaut. Da sie die Hauptbezugsperson des Kindes sei, widerspreche es dem Kindeswohl, die elterliche Sorge dem Vater zu übertragen. In dem vor dem Familiengericht Würzburg am 5.12.2014 durchgeführten Anhörungstermin einigten sich die Eltern darauf, dass M. bis auf Weiteres seinen Aufenthalt bei der Mutter haben solle. Darüber hinaus wurde eine Umgangsregelung getroffen.
Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 20.1.2015 beantragte die Antragstellerin bei dem AG - Familiengericht - Nürnberg, Az. 101 F 239/15, ihr das Aufenthaltsbestimmungsrecht für M. zu übertragen. Zur Begründung führte sie aus, die vor dem AG Würzburg vereinbarten Umgangskontakte seien zunächst umgesetzt worden. Schließlich sei es jedoch zu einem Vorfall gekommen, der sie veranlasst habe, den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz bei dem AG Nürnberg zu beantragen. Gegen den Antragsgegner sei ein polizeiliches Kontaktverbot ausgesprochen worden. Seither werde Umgang nicht mehr wahrgenommen. Im Übrigen habe der Antragsgegner inzwischen auch angekündigt, nich...