Leitsatz (amtlich)
Zur Anwachsung von Gesellschaftsvermögen gem. § 738 BGB auf Grund gesellschaftsrechtlicher Regelungen
Verfahrensgang
LG Oldenburg (Urteil vom 09.05.2006; Aktenzeichen 4 O 2546/05) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 9.5.2006 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des LG Oldenburg geändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 35.790,43 EUR nebst Zinsen O i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.8.2005 zu zahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Der Streithelfer hat seine eigenen Kosten zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung O i.H.v. 65.000 EUR abwenden, sofern der Kläger nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger macht als Insolvenzverwalter über das Vermögen des H.L. eine Forderung gegen die Beklagte geltend.
Der Gemeinschuldner H.L. war zusammen mit R. L. Gesellschafter der Gesellschaft B. center D. GbR, zu deren Vermögen eine Immobilie in D. gehört. Die auf dem Grundstück befindliche Immobilie vermietete die B. center D. GbR an die P. V. H. GmbH & Co. KG. Die Beklagte gewährte der GbR Kredite, die durch Grundpfandrechte auf dem Eigentum der Gesellschaft abgesichert sind. Darüber hinaus trat die B. center D. GbR die Mietzinsansprüche an die Beklagte ab. Die P. V. H. GmbH & Co. KG zahlte den Mietzins für den Monat September 2004 i.H.v. 35.790,43 EUR (Klageforderung) aufgrund der Abtretung an die Beklagte.
Am 19.7.2004 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Gesellschafters R.L. eröffnet, am 11.8.2004 das über das Vermögen des Gesellschafters H.L.
Über das Vermögen der R. und H.L. GbR. Straße ...,...,... W. wurde unter dem 6.6.2006 (15 IN 321/04 AG Syke) das Insolvenzverfahren eröffnet. Zum Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt ... in B. bestellt.
Zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Herrn R.L. waren neben den Brüdern L. keine weiteren Gesellschafter in der GbR vorhanden.
§ 16 (Auflösung der Gesellschaft) des Gesellschaftsvertrages lautet wie folgt:
"In allen Fällen, in denen das Gesetz an den Eintritt bestimmter Ereignisse in der Person eines Gesellschafters die Auflösung der Gesellschaft anknüpft, soll diese nicht eintreten. Vielmehr soll der betroffene Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheiden. Der oder die anderen Gesellschafter sind sodann berechtigt, aber nicht verpflichtet, die Gesellschaft mit dem vorhandenen Gesellschaftsvermögen und dem Recht zur Fortführung der Bezeichnung weiter zu betreiben."
§ 17 Nr. 4 des Gesellschaftsvertrages lautet wie folgt:
"Wird über das Vermögen eines Gesellschafters das Konkurs- oder Vergleichsverfahren eröffnet, wird die Eröffnung eines dieser Verfahren mangels Masse abgelehnt oder hat ein Privatgläubiger von dem Recht des § 725 BGB Gebrauch gemacht, so scheidet der betroffene Gesellschafter aus der Gesellschaft aus. Eine etwaige Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses durch einen Gläubiger hat keine Rechtswirkung. Wird die gegen den Gesellschafter getroffene Maßnahme binnen sechs Monaten wieder aufgehoben, gilt der betroffene Gesellschafter als nicht ausgeschieden. Innerhalb dieser Frist dürfen in Ansehung des Gesellschaftsanteils des ausgeschiedenen Gesellschafters keine Veränderungen im Gesellschaftsverhältnis erfolgen."
Der Kläger vertritt die Auffassung, der Gesellschaftsanteil des Gesellschafters R.L. an der B. center D. GbR sei durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen gem. § 17 Nr. 4 des Gesellschaftsvertrages i.V.m. § 736 BGB auf den verbleibenden Gesellschafter H.L. übergegangen. Daher falle die im Rahmen der Teilklage geltend gemachte Mietzahlung für September 2004 in die Insolvenzmasse und unterliege einem Rückforderungsrecht. Das gesamte Gesellschaftsvermögen sei kraft Gesetzes und der Regelungen des Gesellschaftsvertrages bei dem verbliebenen Schuldner H.L. angewachsen. Die Gesellschaft bestehe mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Herrn R.L. nicht in Auflösung fort.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 35.790,43 EUR nebst Zinsen O i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.8.2005 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Streithelfer hat sich dem Klagabweisungsantrag angeschlossen.
Beide vertreten die Ansicht, durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens betreffend den Gesellschafter R.L. sei eine Auflösungsgesellschaft entstanden; eine Fortführung der Gesellschaft durch den verbliebenen Gesellschafter H.L. sei nicht erfolgt.
Der Einzelrichter der 4. Zivilkammer des LG Oldenburg hat durch Urteil vom 9.5.2006 die Klage abgewiesen und zur Begründung folgendes ausgeführt:
Der für September 2004 vom Kläger begehrte Mietzins falle nur dann in die Insolvenzmasse auf Klägerseite und führe zu einem etwaigen Rückforderung...