Leitsatz (amtlich)
Der gutgläubige Erwerb eines Anwartschaftsrechts entsprechend § 934 Alt. 2 BGB kann auch in der Weise erfolgen, dass die dem äußeren Anschein nach im Gewahrsam des Dritten befindliche Sache nach Abtretung des Herausgabeanspruchs an den Erwerber und Erlangung eines entsprechenden Titels durch diesen (hier: Versäumnisurteil) polizeilich beschlagnahmt und sodann von der Polizei an den Erwerber ausgehändigt wird.
Normenkette
BGB § 158 Abs. 1, § 449 Abs. 1, §§ 931, 934 Alt. 2
Verfahrensgang
LG Oldenburg (Urteil vom 14.11.2011) |
Tenor
Auf die Berufungen des Beklagten und seiner Streithelferin wird das am 14.11.2011 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des LG Oldenburg abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn die Gegenseite vor Beginn der Vollstreckung nicht Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin hat ursprünglich Herausgabe einer Mahlanlage und hilfsweise Schadensersatz wegen der angeblich unberechtigten bzw. zum Schein vorgenommenen Veräußerung dieser Maschine durch den Beklagten an einen Herrn B. verlangt. Im Termin zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem LG haben die Parteien den Hauptantrag übereinstimmend für erledigt erklärt.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Diese trat zunächst unter dem Namen F. GbR auf. Gesellschafter waren und sind u.a. die Ehefrau des Zeugen K. F. sowie der Zeuge H. J. Im Januar 2009 erhielt die GbR ihren jetzigen Namen. Beide Parteien betreiben ein Lohnunternehmen. Nach dem Wortlaut der Klageschrift wurde die GbR am 1.5.2007 gegründet.
Hersteller der Mahlanlage ist die Firma B. S. Nachfolger in D. Die Streithelferin des Beklagten finanzierte den Kauf dieser neu hergestellten Anlage im Oktober 2003 durch den Zeugen und Lohnunternehmer F. zu einem Kaufpreis von 123.000 EUR durch ein Darlehen (Gesamtdarlehensbetrag: 146.100 EUR). Dabei erwarb die Streithelferin zunächst selbst das Eigentum von der Firma S. und wurde sodann Sicherungseigentümerin der an F. ausgelieferten Anlage. Da F. mit der Darlehensrückzahlung in Rückstand geriet, kündigte die Streithelferin den Darlehensvertrag im November 2006. Die Mahlanlage verblieb (jedenfalls) zunächst bei dem Zeugen F.
Am 20.6.2007 schloss der Beklagte mit der Streithelferin einen Vertrag über den Kauf der Anlage zu einem Preis von 37.468,29 EUR. Zugleich wurde der Kaufpreis kreditiert und ein Eigentumsvorbehalt vereinbart. In dem Vertrag wurde ferner die Abtretung des Herausgabeanspruchs der Streithelferin gegenüber F. als dem (vermeintlichen) Besitzer der Anlage festgelegt. Zuvor, am 20.2.2007, hatte der Beklagte die Mahlanlage an den Zeugen F. vermietet. Diesen Mietvertrag kündigte der Beklagte wegen Zahlungsverzugs mit Schreiben vom 12.2.2008 und verlangte zugleich die Herausgabe der Anlage.
In den Besitz der Anlage gelangte der Beklagte erst, nachdem er in dem Rechtsstreit 4 O 1481/08 vor dem LG Oldenburg am 16.9.2008 ein vorläufig vollstreckbares Versäumnisurteil gegen den Zeugen F. auf Herausgabe der Anlage erstritten und diese am 11.10.2008 von der nordrhein-westfälischen Polizei beschlagnahmt und sodann am 16.10.2008 an ihn ausgehändigt worden war.
Die Mahlanlage befand sich wenigstens ab Mai 2007 bis zu ihrer Beschlagnahme durch die Polizei (wieder) auf dem Gelände des Zeugen F., wenn sie nicht gerade im Einsatz war. Im Zeitpunkt ihrer Beschlagnahme durch die Polizei war sie an einen Schlepper angehängt, der von einem Herrn R. auf einer öffentlichen Straße gefahren wurde.
Die vollständige Zahlung des von dem Beklagten geschuldeten Kaufpreises an seine Streithelferin erfolgte erst am 1.4.2010.
Zwischenzeitlich hatte die Klägerin durch Vertrag vom 21.12.2007 die Mahlanlage zur Sicherheit an die V. eG übereignet. Die V. hat die Klägerin zur Prozessführung im eigenen Namen ermächtigt.
Der Zeuge F. gab im April 2009 die eidesstattliche Versicherung ab. In einem Strafverfahren wurde F. wegen u.a. veruntreuender Unterschlagung durch das AG P. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt.
Die Klägerin hat behauptet, sie habe die Anlage von dem Zeugen H. J. erworben, wie ausgeführt einer ihrer Gesellschafter. Verkauf und Übergabe an die Klägerin zu einem Preis von 80.000 EUR seien am 15.2.2007 erfolgt. Zuvor, am 18.1.2007, habe der Zeuge F. die Anlage an den Zeugen J. - ebenfalls zu einem Kaufpreis von 80.000 EUR - veräußert. Dabei sei ein Eigentumsvorbehalt vereinbart worden. Der gegenüber F. geschuldete Kaufpreis sei letztlich im April 2007 vollständig, zum Teil durch Verrechnung, beglichen worden. Der Zeuge J. sei genauso wie die übrigen Gesellschafter der Klägerin hinsichtlich des Eigentums des Zeugen F. an der Anlage gutgläubig ...