Leitsatz (amtlich)
1. Zum Vorliegen eines Kommissionsagenturverhältnisses (§ 383 Abs. 1 HGB) in Abgrenzung zu einem Handelsvertreterverhältnis (§ 84 Abs. 1 HGB).
2. Auf das Vertragsverhältnis eines Kommissionsagenten sind regelmäßig die Vorschriften über den Ausgleichsanspruch von Handelsvertretern (§ 89b HGB) entsprechend anzuwenden.
Normenkette
HGB § 84 Abs. 1, §§ 89b, 383 Abs. 1
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 24.4.2015 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des LG Osnabrück - unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels der Klägerin und der Berufung der Beklagten - teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 189.346,46 EUR nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.11.2014, ferner Zinsen in Höhe von fünf Prozent auf 186.966,46 EUR für die Zeit vom 1.7. bis 23.11.2014 und in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 2.380 EUR für die Zeit vom 23.8. bis 23.11.2014, zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 40 % und die Beklagte 60 % zu tragen
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen, soweit über den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Handelsvertreterausgleich entschieden worden ist.
Gründe
I. Die Klägerin macht einen Ausgleichsanspruch gemäß § 89b HGB geltend; ferner verlangt sie Zahlung restlicher Provision.
Die Beklagte betreibt bundesweit Sonderpostenmärkte unter der Bezeichnung "T. P..". Die einzelnen Märkte werden nicht unmittelbar von der Beklagten, sondern von selbstständigen Marktleitern geführt. Die Klägerin war seit 2004 als Marktleiterin für die Beklagte tätig. Sie betrieb zunächst einen Sonderpostenmarkt in V... das insoweit bestehende Vertragsverhältnis wurde zum 31.1.2013 durch eine von der Klägerin erklärte Kündigung beendet. Bereits zuvor - am 15.11.2012 - hatten die Parteien einen weiteren Vertrag abgeschlossen, auf dessen Grundlage die Klägerin ab dem 14.3.2013 einen Sonderpostenmarkt in Berlin betrieb. Dieses Vertragsverhältnis wurde durch ordentliche Kündigung der Beklagten zum 30.6.2014 beendet.
Die zwischen den Parteien geschlossene Vereinbarung vom 15.11.2012 (Anlage K 2 zur Klageschrift, GA I 40 ff.) lautet auszugsweise wie folgt:
"Präambel
P.. hat unter dem Namen "T. P.." ein Konzept zum Betrieb einer Kette von Sonderposteneinzelhandelsmärkten einschließlich der dafür erforderlichen Infrastruktur entwickelt und zur Marktgeltung in der Bundesrepublik Deutschland gebracht. Das "T. P.."-System ist ein umfassendes Marketing- und Vertriebssystem für den Sonderposten-Einzelhandel...
...
§ 1 Vertragsgegenstand
1. P.. gewährt dem Unternehmer das Recht, einen T. P..-Markt in
...
zu betreiben.
Dieses Recht wird dem Unternehmer persönlich gewährt. Es darf ohne vorherige schriftliche Zustimmung von P.. weder ganz noch teilweise, weder direkt noch indirekt, auf Dritte übertragen werden.
Der Unternehmer führt den Betrieb auf eigene Rechnung und Gefahr als selbständiger Kaufmann. Er ist ohne vorherige schriftliche Zustimmung von P., die für jeden Einzelfall erteilt werden muss, nicht berechtigt, Erklärungen mit Wirkung für und/oder gegen P.. abzugeben und/oder entgegenzunehmen.
...
4. Das Geschäftslokal und der Geschäftsbetrieb des Unternehmers werden unter der Firmenbezeichnung "T. P.." geführt.
...
§ 5 Betrieb des Marktes - Pflichten des Unternehmers
...
3. Der Unternehmer ist verpflichtet, die ihm in diesem Vertrag eingeräumten Rechte mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns persönlich unter Einsatz seiner gesamten Arbeitskraft in vollem Umfang auszuüben und zu nutzen, insbesondere die Förderung des Absatzes der Waren nach besten Kräften zu betreiben.
...
5. Damit die Einheitlichkeit der Geschäftsbetriebe im gesamten Bundesgebiet gewährleistet ist, legen die Vertragsparteien fest, dass ein von P.. zu bestimmendes Grundsortiment von Waren geführt wird. Der Unternehmer verpflichtet sich, seine Produkte ausschließlich bei P.. zu beziehen.
Bei vorheriger schriftlicher Einwilligung darf der Unternehmer Artikel anderer Firmen in seinem Betrieb verkaufen, insbesondere wenn sie nicht in dem Programmspektrum von P.. enthalten sind.
...
6. Der Unternehmer leitet seinen Markt in eigener Verantwortung in Beachtung des Grundsatzes der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns ist er in der Gestaltung seiner Tätigkeit und seiner Arbeitszeit für seinen Betrieb im Wesentlichen frei...
...
§ 6 Allgemeine Verkaufsbedingungen und Provision
1. Preise
Da es...