Verfahrensgang
LG Stuttgart (Beschluss vom 20.12.2016; Aktenzeichen 35 O 44/14 KfH) |
Nachgehend
Tenor
1) Auf die sofortige Beschwerde des vormaligen Vorstandes der Vollstreckungsschuldnerin wird der Beschluss des Vorsitzenden der 35. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 20. Dezember 2016 (35 O 44/14 KfH) unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde dahin abgeändert, dass die Dauer der verhängten Ordnungshaft gegen den Betroffenen auf 170 Tage (einhundertsiebzig Tage) herabgesetzt wird. Hiervon entfällt je ein Tag für 250,- EUR, welche auf die Ordnungsgeldforderung gegen die Vollstreckungsschuldnerin bezahlt werden. Zahlungen auf das Ordnungsgeld kommen vorrangig dem Betroffenen zugute.
2) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beschwerdeführer.
3) Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Wert des Beschwerdeverfahrens: 85.000,- EUR.
Gründe
I. A Der Betroffene, vormals Vorstand der Vollstreckungsschuldnerin, hat unter dem 25. August 2016 beim Landgericht einen Antrag nach Art. 8 Abs. 2 EGStGB gestellt, mit dem er erstrebt, nicht in Ordnungshaft genommen zu werden. Hilfsweise hat er eine Herabsetzung des Ordnungsgeldes beantragt. Das Landgericht hat den Haupt- und den Hilfsantrag des Betroffenen durch Beschluss vom 20. Dezember 2016 zurückgewiesen und hierzu ausgeführt:
Eine unbillige Härte im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EGStGB liege nicht vor, weder aus gesundheitlichen Gründen, noch infolge der Zahlungsunfähigkeit der Vollstreckungsschuldnerin.
Das gesetzliche Höchstmaß für die Ordnungshaft sei in der Androhung nicht überschritten.
Fortsetzungszusammenhang sei nicht anzuerkennen.
Der Hilfsantrag auf Herabsetzung des Ordnungsgeldes sei unzulässig. Ihm stehe die materielle Rechtskraft der Festsetzungen entgegen.
Eine Herabsetzung des Ordnungsmittels sei gesetzlich nicht vorgesehen. Gemäß Art. 7 EGStGB komme lediglich eine Zahlungserleichterung (Ratenzahlung) in Betracht. Eine Begnadigung sei ausgeschlossen.
Wegen des Verfahrensganges und der weiteren Gründe nimmt der Senat Bezug auf den landgerichtlichen Beschluss, um Wiederholungen zu vermeiden.
B Gegen diesen Beschluss hat der Betroffene mit Schriftsatz vom 10. Januar 2017 sofortige Beschwerde eingelegt. Er hält weiter dafür, dass er nach Art. 8 Abs. 2 EGStGB nicht in Haft zu nehmen sei, und trägt vor:
Dieses sowie die damit in Zusammenhang stehenden Verfahren LG Stuttgart, Az.: 35 O 22/15 KfH (OLG Stuttgart, Az.: 2 W 74/16) und LG Stuttgart, Az.: 35 O 75/15 KfH (OLG Stuttgart, Az.: 2 W 4/17) wiesen Besonderheiten auf, mit denen sich die (veröffentlichte) Rechtsprechung bislang nicht auseinandergesetzt habe und von denen auch der Gesetzgeber nicht ausgegangen sei. Dies auch vor dem Hintergrund der eingetretenen Insolvenzen.
Auch angesichts der Gesundheitssituation des Betroffenen wäre die Vollstreckung der Ordnungshaft eine unbillige Härte im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EGStGB.
Der Betroffene verweist auf seinen Schriftsatz vom 25. August 2016, rügt eine "doppelten Vollstreckung", dass von ihm etwas rechtlich wie tatsächlich Unmögliches verlangt werde, dass er die Wahl zwischen Ordnungsgeldzahlung und Antritt der Ordnungshaft habe und dass vorrangig auf die insolvente juristische Person abzustellen sei, als deren Organ er in Haftung genommen werde.
Wie bereits im Schriftsatz vom 25. August 2016 dargelegt, überschreite die im Raume stehende Ordnungshaft das gesetzlich zulässige Höchstmaß für Ordnungshaft, welches sechs Wochen betrage. Der Betroffene rügt ein Missverhältnis im Verhältnis zur Strafzumessung nach Straftaten.
Hilfsweise sei das Ordnungsgeld herabzusetzen.
Wegen der Einzelheiten des Vortrages nimmt der Senat Bezug auf den angegriffenen Beschluss sowie die vom Betroffenen eingereichten Schriftsätze.
C Durch Beschluss vom 18. Januar 2017 hat das Landgericht der sofortigen Beschwerde des Betroffenen mit vertiefender Begründung nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht Stuttgart zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die sofortige Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Vorsitzenden der 35. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart (Az.: 35 O 44/14 KfH) vom 20. Dezember 2016 ist zulässig. Sie führt unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen zu einer Herabsetzung der Ordnungshaft auf 170 Tage. Zurecht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass ein Fall des § 765a ZPO i.V.m. Art. 8 EGStGB analog nicht gegeben ist. Jedoch ist eine Halbierung der festgesetzten Ordnungshaft aufgrund der nach der Festsetzung des Ordnungsmittels eingetretenen Insolvenz sowohl der Vollstreckungsschuldnerin wie des Betroffenen selbst angemessen.
A Der Senat hat sich in seinem Beschluss vom 25. Januar 2017 (Az.: 2 W 74/16) eingehend mit dem auch im vorliegenden Verfahren Vorgetragenen befasst. Die gegen jenen Beschluss gerichtete Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht durch Beschluss vom 09. Mai 2017 - 2 BvR 335/17, bei juris, nicht zur Entscheidung an...