Leitsatz (amtlich)

Zum Aussonderungsrecht nach § 47 InsO an einem Kontoguthaben aufgrund eines Treuhandverhältnisses im Rahmen eines Factoringvertrages.

 

Normenkette

InsO § 47

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 30.12.2010; Aktenzeichen 16 O 305/10)

 

Tenor

1. Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 16. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 30.12.2010 - 16 O 305/10 - gem. § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

2. Der Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme und gegebenenfalls auch zur Zurücknahme der Berufung bis 14.4.2011.

Streitwert der Berufungsinstanz: Bis 125.000 EUR.

 

Gründe

Mit seiner Berufung wendet sich der Beklagte gegen das Urteil des LG, soweit dieses der Klage stattgegeben hat.

I. Die Berufung hat nach einhelliger Auffassung des Senats keine Aussicht auf Erfolg, § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Das angefochtene Urteil beruht, jedenfalls soweit es mit der Berufung angegriffen ist, weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen die vom Senat zugrunde zu legenden Tatsachen insoweit eine andere Entscheidung, § 513 ZPO. Die Auffassung des LG, der Klägerin stehe ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO an den aufgrund der Berufung des Beklagten im Streit stehenden Beträgen aus der Kontoverbindung mit der V.-Bank zu, weshalb die Klage jedenfalls insoweit begründet sei, ist richtig.

1. Die geltend gemachten Ansprüche stehen der Klägerin im Verhältnis zum Beklagten aufgrund eines Treuhandverhältnisses zur C. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) zu.

a) § 47 InsO gewährt demjenigen ein Aussonderungsrecht, der sich zu Recht darauf beruft, dass der umstrittene Gegenstand zu seinem Vermögen und nicht zu demjenigen des Schuldners gehört. Die Zuordnung wird in der Regel nach dinglichen Gesichtspunkten vorgenommen, weil das dingliche Recht im Grundsatz ein absolutes Herrschaftsrecht darstellt (vgl. BGH, Urt. v. 20.12.2007 - IX ZR 132/06 - Tz. 6). Dementsprechend besteht ein Aussonderungsrecht des Treugebers, wenn dem Treuhänder das Treugut aus dem Vermögen des Treugebers übertragen worden war. Von diesem Unmittelbarkeitsgrundsatz erkennt die Rechtsprechung jedenfalls in solchen Fällen eine Ausnahme an, in denen von dritter Seite Zahlungen auf ein Konto geleistet wurden, das seiner Art nach als Treuhandkonto ausgewiesen war, und die Zahlung auf eine Forderung erfolgte, die nicht dem Kontoinhaber, sondern dem Treugeber zustand (vgl. etwa BGH, Urt. v. 24.6.2003 - IX ZR 75/01 - Tz. 14). Demgemäß berechtigt ein im Rahmen einer uneigennützigen (Verwaltungs-)Treuhand eingerichtetes Sonderkonto den Treugeber in der Insolvenz des Treuhänders zur Aussonderung gem. § 47 InsO; dafür ist nach Auffassung der Rechtsprechung nicht einmal eine Publizität des Treuhandkontos zwingend erforderlich; notwendig ist lediglich, dass das Konto offen ausgewiesen oder sonst nachweisbar ausschließlich zur Aufnahme von treuhänderisch gebundenen Fremdgeldern bestimmt ist; in diesem Fall erstreckt sich das Treuhandverhältnis auch auf von dritter Seite eingegangene Zahlungen, sofern die ihnen zugrunde liegenden Forderungen nicht in der Person des Treuhänders, sondern unmittelbar in der Person des Treugebers entstanden sind (vgl. BGH, Urt. v. 7.7.2005 - III ZR 422/04 - Tz. 10; ferner etwa BGH, Urt. v. 24.6.2003 - IX ZR 120/02 - Tz. 10; v. 20.12.2007 - IX ZR 132/06 - Tz. 6).

b) Nach diesen Grundsätzen ist das Urteil des LG jedenfalls insoweit nicht zu beanstanden, wie es der Klage stattgegeben hat.

aa) Das LG entnimmt § 10 des Factoringvertrags zwischen der Schuldnerin und der Klägerin vom 08.02./11.3.2005 (Anlage K 2) eine die im Streit stehenden Rechte aus der Kontoverbindung erfassende schuldrechtliche Treuhandabrede. Es geht ferner davon aus, durch das an die V.-Bank gerichtete Schreiben der Klägerin vom 9.6.2005 (Anlage K 4) habe sich der Treuhandcharakter sogar nach außen manifestiert. Außerdem stellt das LG fest, es habe sich bei dem fraglichen Konto bei der V.-Bank um ein separates, von den sonstigen Geschäftskonten der Schuldnerin strikt getrenntes Konto gehandelt, auf dem eigene Verfügungen der Schuldnerin nicht erfolgt seien.

bb) Die darin zum Ausdruck kommenden rechtlichen Beurteilungen sind richtig. Die ihnen zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen beanstandet die Berufung nicht; Zweifel i.S.v. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bestehen an ihnen nicht.

cc) Auf dieser Grundlage steht der Klägerin das geltend gemachte Aussonderungsrecht zu; die Klage ist, jedenfalls soweit sich die Berufung gegen den Ausspruch des LG wendet, aus dem Treuhandverhältnis zwischen der Klägerin und der Schuldnerin begründet. Denn das Begehren der Klägerin richtet sich ersichtlich auf die Auskehr von Zahlungen, die von dritter Seite auf ein Konto geleistet wurden, das jedenfalls ausschließlich zur Aufnahme von treuhänderisch gebundenen Fremdgeldern bestimmt war, und die auf Forderungen erfolgt sind, die nicht dem Kontoinhaber, der Schuldnerin, sondern der Treugeberin, der Klä...

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