Entscheidungsstichwort (Thema)
Tierhalterhaftung gem. § 833 Satz 1 BGB
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen.
2. Die Parteien können hierzu und den nachfolgenden Hinweisen Stellung nehmen bis 15.7.2010.
Gründe
A. Die Rechtssache ist ohne grundsätzliche Bedeutung. Auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Senats (§ 522 Abs. 2 Nr. 2 und 3 ZPO).
B. Die Berufung hat auch in der Sache keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
Das LG hat die Beklagte zu Recht verurteilt, wobei der Beginn des Zinslaufs in Ziff. 2 des Urteils ("2000" statt "2009") auf einem Schreibfehler beruht, der vom LG nach § 319 ZPO berichtigt werden kann.
I. Den Klägerinnen stehen die zuerkannten Ansprüche gem. § 833 Satz 1 BGB zu. Dass die Voraussetzungen dieser - von einem Verschulden unabhängigen - Anspruchsgrundlage erfüllt sind, stellt auch die Beklagte nicht in Abrede. Es kann dahin stehen, ob der Beklagten überdies ein Verschulden zur Last fällt, weil sie A nicht richtig erzogen hat und ob sich andere Hunde in gleicher Weise verhalten hätten. Diese Aspekte sind für die Frage, ob dem Geschädigten ein Mitverschulden zur Last fällt, ohne Bedeutung. Sie erlangten allenfalls dann Relevanz, wenn es bei einem festgestellten Mitverschulden auf die Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge ankäme. Dies ist aber nicht der Fall, denn ein zur Anspruchskürzung führendes Mitverschulden des Geschädigten bei der Schadensentstehung (§ 254 Abs. 1 BGB) liegt nicht vor.
Den Geschädigten trifft ein Mitverschulden, wenn er diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die jedem ordentlichen und verständigen Menschen obliegt, um sich vor Schaden zu bewahren (vgl. Palandt/Heinrichs, 69. Aufl., § 254 BGB Rz. 8). Dies ist hier nicht anzunehmen.
1. Ein Verschulden ist nicht bereits darin zu sehen, dass der Geschädigte das Grundstück trotz des Hinweisschildes überhaupt betreten hat. Zwar wird ein Mitverschulden i.d.R. dann angenommen, wenn sich der Geschädigte ohne ausreichenden Grund in die Nähe eines gefährlichen Tieres begibt oder wenn er ein Warnschild vor einem bissigen Hund nicht beachtet (vgl. Staudinger/Eberl-Borges (2008), § 833 BGB Rz. 200). Beides lässt sich indessen wegen der Besonderheiten des Falles nicht feststellen.
a) Dem Geschädigten kann nicht vorgeworfen werden, ein Warnschild vor einem bissigen Hund missachtet zu haben.
Es ist zwar davon auszugehen, dass der Geschädigte das Hinweisschild mit dem darauf abgebildeten Dalmatiner und dem Text: "Hier wache ich! Betreten auf eigene Gefahr" wahrgenommen hat. Dies musste aber einen verständigen Menschen nicht vom Betreten des Grundstücks abhalten. Ein solches Hinweisschild ist an vielen Grundstücken angebracht sein, auf denen Hunde gehalten werden. Seinem Inhalt nach weist es lediglich auf die Anwesenheit eines Wachhundes, nicht aber auf eine besondere Aggressivität des Tieres hin, wie dies bei dem Hinweis "Vorsicht, bissiger Hund" der Fall sein mag. Entscheidend ist indessen, dass der Warncharakter des Schildes angesichts der besonderen Umstände zurücktritt.
Das - ohnehin nicht sonderlich hohe - Gartentor war zwar ge-, aber nicht verschlossen. Zudem ist der Entscheidung zugrunde zu legen, dass an dem Gartentor zum 20.5.2007 keine Klingel angebracht war, sich Klingeln vielmehr erst an der Haustür befanden. Dass sich bereits am 20.5.2007 am Gartentor eine Klingel befand, hat die Beklagte, die die Umstände, die ein Mitverschulden begründen, darlegen und beweisen muss, nicht dezidiert behauptet und dementsprechend auch nicht unter Beweis gestellt (vgl. Vortrag auf S. 4 der Klagerwiderung, Bl. 23 d.A.).
Alle Besucher des Anwesens - seien es eingeladene Gäste, der Paketdienst oder sonstige Personen, die Kontakt zu den Bewohnern des Hauses aufnehmen wollen - waren daher darauf angewiesen, das Grundstück zu betreten, um zu den Klingeln zu gelangen. In einer solchen - von den Bewohnern des Grundstücks bewusst so geschaffenen - Situation und bei unverschlossenem Gartentor darf auch ein vorsichtiger Mensch davon ausgehen, dass ihm jedenfalls tagsüber, d.h. zu einer Zeit, zu der Besuche üblich sind, durch den auf dem Gelände gehaltenen Hund kein Schaden droht - sei es, weil der Hund gut erzogen oder aber weggesperrt ist.
b) Dass der Geschädigte die Beklagte bereits von der Straße aus im Garten sitzen sehen haben mag, ist unerheblich. Er war nicht im eigenen Interesse gehalten, an einem Sonntagnachmittag von der Straße aus quer über das Grundstück zu rufen, um Kontakt aufzunehmen. Wie bereits unter a) ausgeführt, konnte der Geschädigte angesichts der erst an der Haustür angebrachten Klingeln annehmen, (redlich gesinnten) Dritten sei der Zutritt zum Grundstück eröffnet.
c) Der Geschädigte hätte auch dann nicht außerhalb des Grundstücks bleiben müssen, wenn er den Hund bereits von der Straße aus wahrnehmen konnte. Dies gilt vornehmlich wegen der unter a) ...