Verfahrensgang
LG Rottweil (Beschluss vom 07.04.2022; Aktenzeichen 1 O 158/20) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des Landgerichts Rottweil vom 07.04.2022 in Gestalt des Berichtigungsbeschlusses vom 12.05.2022, Az. 1 O 158/20, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. 1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist statthaft (§§ 91a Abs. 2 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1), fristgerecht eingelegt (569 ZPO) und auch im Übrigen zulässig.
Der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt 200 EUR, § 567 Abs. 2 ZPO.
Außerdem beträgt der Streitwert der Hauptsache mehr als 600 EUR (vgl. § 91a Abs. 2 Satz 2 ZPO i. V. m. § 511 ZPO).
2. Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Zurecht hat das Landgericht Rottweil der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits insgesamt auferlegt.
a. Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass, nachdem die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, über die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91a ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden und ausschlaggebend insofern insbesondere der ohne die Erledigterklärung zu erwartende Verfahrensausgang ist, wobei lediglich eine summarische Prüfung der jeweiligen Erfolgsaussichten zu erfolgen hat. Allerdings hat die Klagepartei die Kosten zu tragen, wenn die Beklagtenpartei keine Veranlassung zu Klage gegeben hat und sogleich erfüllt. Denn der Rechtsgedanke des § 93 ZPO ist ebenfalls anwendbar (Musielak/Voit/Flockenhaus, 19. Aufl. 2022, ZPO § 91a Rn. 23), wie das Landgericht ebenfalls zutreffend berücksichtigt hat.
b. Bei Anlegung dieser Maßstäbe waren die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin aufzuerlegen.
Das Landgericht ist zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beklagte nach den Umständen des Streitfalls insgesamt keine Klageveranlassung gegeben hat, weshalb es nach dem Rechtsgedanken des § 93 ZPO gerechtfertigt ist, der Klägerin sämtliche Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
aa. Für die Frage, ob die Beklagte Anlass zur Klage gegeben hat, kommt es grundsätzlich auf ihr Verhalten vor dem Prozess an (BGH, Beschluss vom 8. März 2005 - VIII ZB 3/04 -, Rn. 5, juris).
Nach Erhebung einer Stufenklage ist nicht auf jeder Stufe zu prüfen, ob der Beklagte Veranlassung zur Erhebung der jeweils nächsten Stufe gegeben hat. Vielmehr kommt es für die Frage, ob ein sofortiges Anerkenntnis im Sinne des § 93 ZPO erfolgt ist, namentlich ob ein Beklagter keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat, grundsätzlich auf das Verhalten des Beklagten vor der Erhebung der Stufenklage als solcher und nicht auf das Verhalten vor der jeweiligen Stufe an (vgl. zutreffend mit ausführlicher Begründung: OLG Bamberg, Beschluss vom 24. März 2020 - 1 W 13/20 -, Rn. 20, juris; OLG Dresden, Beschluss vom 11. Oktober 2013 - 17 W 844/13 -, Rn. 7, juris; a. A. etwa ohne überzeugende Begründung: OLG Köln, Beschluss vom 27. März 2009 - 2 W 28/09 -, Rn. 4, juris: bei Anerkenntnissen im Rahmen von Stufenklagen sei die Prüfung nach § 93 ZPO für jede Stufe gesondert vorzunehmen).
bb. Im Streitfall hat die Beklagte keinen Anlass zur Klagerhebung gegeben bezogen auf die Stufenklage insgesamt.
(1.) Die Beklagte hat jedenfalls keine Veranlassung zur Klage für die Auskunftserteilung mittels eines durch einen Notar aufzunehmenden Nachlassverzeichnisses gegeben, wie dies Gegenstand des Klageantrags Ziff. 1 auf erster Stufe der am 15.04.2020 erhobenen Stufenklage gewesen ist.
Es lässt sich insofern - entgegen der Auffassung der Klägerseite - auch nicht feststellen, dass sich die Beklagte mit der Auskunftserteilung durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses im Verzug befunden haben könnte, da jedenfalls nicht feststellbar ist, dass die Beklagte zur Vorlage eines durch einen Notar aufzunehmen Nachlassverzeichnisses von Klägerseite vor Klageerhebung aufgefordert worden ist.
Denn von Klägerseite wurde mit Schriftsatz des Klägervertreters vom 06.12.2019 (Anlage K 1) lediglich ein privatschriftliches Nachlassverzeichnis verlangt. Ein solches wurde - als ein vorläufiges Nachlassverzeichnis, da etwa hinsichtlich der im Nachlass befindlichen Grundstücke noch keine Werte angegeben werden konnten - von Beklagtenseite bereits mit Schriftsatz 24.03.2020 (Anlage B 2) an die Klägerin übersandt.
Zwar handelt es sich bei den in § 2314 Abs. 1 Satz 1 und 3 BGB erwähnten beiden Varianten nur um Ausprägungen ein und desselben Auskunftsanspruchs; sie sind materiell-rechtlich wesensgleich. Der Auskunftsanspruch lässt sich jedoch hinsichtlich seiner Durchsetzungsstärke weiter untergliedern. Der Pflichtteilsberechtigte kann sich mit einem vom Erben selbst erstellten, privaten Nachlassverzeichnis begnügen (§ 2314 Abs. 1 S. 1 BGB) und/oder er kann verlangen, dass ein amtliches Verzeichnis erstellt wird, § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB (MüKoBGB/Lange, 9. Aufl. 2022, BGB § 231...