Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Vorsatzanfechtung von Zahlungsdienstleistungen eines Kreditinstituts bei selektiver Genehmigung von Lastschriften
Verfahrensgang
LG Hechingen (Urteil vom 30.06.2011; Aktenzeichen 2 O 366/10) |
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des LG Hechingen vom 30.6.2011 wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens und des Revisionsverfahrens vor dem BGH, Az. IX ZR 11/12.
3. Das Urteil des LG und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, die Klägerin leistet vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Wert der Berufung: 135.090,37 EUR
Gründe
I. Die klagende Bank verlangt von dem beklagten Insolvenzverwalter die Restzahlung aus einer Sicherheitenverwertung. Der Insolvenzverwalter rechnet mit Ansprüchen im Zusammenhang mit Lastschriftabbuchungen sowie dem Offenhalten einer Kontokorrentkreditlinie auf.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Ergänzend wird wegen des weiteren Sachverhalts auf das - vom BGH, Az. XI ZR 11/12, aufgehobene - Urteil des Senats vom 21.12.2011 - 9 U 120/11, verwiesen. Zunächst hat der Beklagte vorgebracht, die von dem späteren Insolvenzschuldner - streitig - erteilten Genehmigungen von Lastschriften seien als Rechtshandlungen nach § 133 InsO wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung anfechtbar. Das LG habe berücksichtigen müssen, dass die Klägerin seit Oktober 2008, spätestens seit August 2009 Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners gehabt habe. Daher sei die Kenntnis der Klägerin von der Benachteiligungsabsicht des Schuldners gem. § 133 Abs. 1 S. 2 InsO zu vermuten. Ab diesem Zeitpunkt hätte sie daher Zahlungseingänge auf dem Girokonto des Gemeinschuldners nicht mehr mit Ausgängen verrechnen dürfen.
Der erkennende Senat hat in seinem Urteil vom 21.12.2011 (9 U 120/11) festgestellt, dass die streitgegenständlichen Lastschriften von dem Insolvenzschuldner genehmigt worden seien. Weiter hat der Senat eine Anfechtbarkeit der Genehmigungen verneint, weil er einen entsprechenden Gläubigerbenachteiligungsvorsatz weder im Verhältnis zum Zahlungsempfänger noch im Verhältnis zur klagenden Bank für feststellbar gehalten hat. Dieses Urteil hat der BGH mit Urt. v. 24.1.2013 - IX ZR 11/12, aufgehoben und zur neuen Verhandlung und Entscheidung an den Senat zurückverwiesen.
Daraufhin hat der Beklagte wie folgt neu vorgetragen:
Die Klägerin sei in eine vom Gläubiger (richtig: Schuldner) angestrebte Gläubigerbenachteiligung eingebunden gewesen. Nach Rückführung der Kontokorrentkreditlinie durch Umschuldung auf 20.000 EUR habe die Klägerin in der Folgezeit eine Überschreitung der Kreditlinie zugelassen und dabei einzelne Zahlungsaufträge ausgeführt bzw. Lastschriften zugelassen, andere jedoch zurückgebucht. Dies betreffe beispielsweise Buchungen vom 01./2.9.2009. Demgegenüber hätte die Klägerin Ende Juni/Anfang Juli 2009 sämtliche Lastschriften nicht ausgeführt, die zu einer Überschreitung der Kreditlinie geführt hätten. Damit habe die Klägerin bestimmte Zahlungsempfänger bevorzugt und dies auch noch durch Zulassen des Überschreitens der vereinbarten Kreditlinie ermöglicht. Es handele sich nicht um Rückbuchungen auf Weisung des Schuldners, wie sich aus einem Mahnschreiben der Gläubigerin L. ergebe, die eine Lastschrift mit dem Vermerk der Klägerin "nicht bezahlt" zurückerhalten habe. Am 3.11.2009 habe die Klägerin einen Sollstand bis zum Betrag von 25.687 EUR zugelassen, ohne dass Rückbuchungen erfolgt seien. Damit habe die Klägerin selbständig in die Zahlungsabläufe eingegriffen, so dass der Bank ein eigener Benachteiligungswille zuzurechnen sei.
Die Klägerin habe weiterhin Darlehensteilauszahlungen am 30.9.2009 und 30.11.2009 veranlasst, wodurch dem Kontokorrentkonto Deckung zugeflossen sei, mit der der spätere Insolvenzschuldner Zahlungen habe ausführen können. Im Oktober 2009 sei eine Darlehensteilauszahlung nicht erfolgt, wohl weil die Kreditlinie nicht überschritten worden sei. Dies erfülle den Tatbestand des eigenmächtigen Eingreifens in den Geldverkehr zwischen Schuldner und dessen Gläubiger. Zudem sei zu berücksichtigen, dass durch die Darlehensauszahlungen auf das Girokonto es dem Schuldner möglich wurde, einzelne - nicht gesicherte - Forderungen zu befriedigen, die ansonsten nicht hätten ausgeglichen werden können. Dadurch würden ungesicherte Forderungen gegen gesicherte Forderungen der Bank ausgetauscht werden. Die Klägerin habe schon zu einem früheren Zeitpunkt Gespräche mit dem späteren Insolvenzschuldner geführt, ihm betriebswirtschaftliche Beratung empfohlen und erörtert, dass darauf zu achten sei, in jedem Fall die Sozialversicherungsbeiträge noch vor den Löhnen auszuzahlen. Die Klägerin habe im Augu...