Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 22.08.2018; Aktenzeichen 29 O 190/18) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 29. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 22.8.2018 wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
3. Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 21.400 Euro.
Gründe
I. Der Kläger begehrt nach mit Schreiben vom 31.12.2017 erklärtem Widerruf die Rückabwicklung eines teilweise durch ein Verbraucherdarlehen der beklagten Bank vom 6.8.2016 finanzierten PKW-Kaufs.
Bezüglich der Einzelheiten und der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, der unter näherer Begründung im Einzelnen weiterhin meint, er habe den streitgegenständlichen Darlehensvertrag im Jahr 2017 noch widerrufen können, weil die zweiwöchige Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt gewesen sei.
Der Kläger beantragt in der Berufungsinstanz:
1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte aufgrund des wirksam erfolgten Widerrufs vom 31.12.2017 aus dem Darlehensvertrag vom 06.08.2015 mit der Darlehensnummer ... über ursprünglich EUR 12.900,00 keinen Anspruch auf Zahlung der Zins- und Tilgungsleistungen mehr herleiten kann.
2. Die Beklagte wird verurteilt an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von 10.034,08 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB ab dem 01.02.2018 binnen sieben Tagen nach Übergabe des Fahrzeugs M...., Fahrgestellnummer ..., zu zahlen.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte sich mit der Entgegennahme des Fahrzeugs aus dem Antrag zu 2) in Annahmeverzug befindet.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von EUR 1.613,16 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit für die außergerichtliche anwaltliche Rechtsverfolgung zu zahlen.
Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil als richtig und beantragt,
Zurückweisung der Berufung
Sie beantragt hilfsweise für den Fall des vollständigen oder teilweisen Obsiegens des Klägers
festzustellen, dass der Kläger verpflichtet ist, an die Beklagte Wertersatz in Höhe der Differenz zwischen dem Verkehrswert des Fahrzeugs M..., Fahrzeug-Identifizierungs-Nr. ..., zum Zeitpunkt der Übergabe an den Kläger und dem Verkehrswert des vorbezeichneten Fahrzeugs zum Zeitpunkt der Herausgabe an die Beklagte im Rahmen der Rückabwicklung (Wertverlust) zu zahlen.
sowie weiter hilfsweise für den Fall des vollständigen oder teilweisen Obsiegens des Klägers
festzustellen, dass der Kläger verpflichtet ist, an die Beklagte für den Zeitraum zwischen der Auszahlung und der Rückzahlung des streitgegenständlichen Darlehens zur Konto-Nr. ... durch Rückgabe des Fahrzeugs M..., Fahrzeug-Identifizierungs-Nr. .... und anschließender Saldierung der gegenseitigen Rückgewähransprüche, Nutzungsersatz in Höhe von 3,44% p.a. auf den jeweils noch offenen Darlehenssaldo zu zahlen.
Der Kläger beantragt,
die Hilfswiderklagen abzuweisen.
Wegen der Einzelheiten und wegen des weiteren Vortrags der Parteien in zweiter Instanz wird auf die eingereichten Schriftsätze und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
II. Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet.
Dem Kläger stand zwar ursprünglich ein Widerrufsrecht bezüglich des mit der Beklagten geschlossenen Verbraucherdarlehensvertrages zu, jedoch war bei Erklärung des Widerrufs die Widerrufsfrist bereits abgelaufen.
1. Gemäß Art. 229 §§ 32 Abs. 1, 38 Abs. 1, 40 Abs. 1 EGBGB finden die für die Entscheidung maßgeblichen Vorschriften von BGB und EGBGB in ihrer im Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 6.8.2016 gültigen Fassung Anwendung. Zitierungen von BGB und EGBGB im Folgenden beziehen sich auf die Vorschriften in dieser Fassung, soweit nicht anders vermerkt.
2. Dem Kläger stand beim Abschluss des streitgegenständlichen Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht zu, §§ 495 Abs. 1, 355 BGB.
Dieses Widerrufsrecht war jedoch bei Erklärung des Widerrufs verfristet. Denn dem Kläger wurde bei Vertragsschluss eine für ihn bestimmte Abschrift der Vertragsurkunde im Sinne des § 356b Abs. 1 BGB zur Verfügung gestellt (a)) und die dem Kläger zur Verfügung gestellte Urkunde enthielt alle für die Ingangsetzung der Widerrufsfrist erforderlichen Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (b)). Damit lief die 14tägige Widerrufsfrist gemäß §§ 355 Abs. 2 S. 2, 356b Abs. 1, 2 BGB mit Vertragsschluss an.
a) Dem Kläger wurde im Sinne des § 356b Abs. 1 BGB eine Abschrift der Vertragsurkunde zur Verfügung gestellt, auch wenn die...