Leitsatz (amtlich)
1. Befindet sich ein Landesbeamter unter Fortzahlung seiner Dienstbezüge in der Freistellungsphase (sog. Sabbatjahr) einer Teilzeitbeschäftigung nach § 69 Abs. 5 Satz 1 LBG BW und wird er infolge eines Hundebisses für einen Zeitraum von 2 Monaten dienstunfähig, so erleidet er keinen nach § 843 BGB erstattungsfähigen Erwerbsschaden.
2. Für einen gesetzlichen Forderungsübergang nach § 81 Abs. 1 Satz 1 LBG BW fehlt es überdies an der notwendigen Kausalität des Schadensereignisses für die Erbringung der in den Zeitraum der Dienstunfähigkeit fallenden Dienstbezüge, die nicht aus sozialen Gründen gewährt werden, sondern die von dem Landesbeamten im Zeitraum der Ansparphase erbrachte Mehrarbeit ausgleichen.
Verfahrensgang
LG Rottweil (Aktenzeichen 6 O 29/16) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Rottweil vom 29. März 2017, Az. 6 O 29/16, abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an das klagende Land 50,48 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 5. April 2016 zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt das klagende Land.
3. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert in der Berufungsinstanz: bis 8.000 EUR
Gründe
I. Das klagende Land verlangt von dem Beklagten aus übergegangenem Recht Schadensersatz nach Tierhalterhaftung.
Der Beklagte ist Halter eines Hundes. Dieser biss am Nachmittag des 12. Februar 2015 Frau X (folgend: Beamtin X.) ins Knie. Diese ist für das klagende Land - ihren Dienstherrn - als Landesbeamtin tätig. Infolge der erlittenen Verletzungen war die Beamtin X. für den Zeitraum vom 12. Februar 2015 bis 13. April 2015 dienstunfähig. Das klagende Land erstattete ihr unfallbedingte Aufwendungen für Heilfürsorge in Höhe von 50,48 EUR. Die Beamtin X., die sich in dieser Zeit in der Freistellungsphase eines nach § 69 Abs. 5 iVm. Abs. 4 LBG BW bewilligten sog. "Sabbatjahres" befand, erhielt während des Zeitraums ihrer Dienstunfähigkeit Dienstbezüge im Umfang von 7.206,95 EUR.
Das klagende Land verlangt von dem Beklagten aus übergegangenem Recht Schadensersatz im Umfang der für den Zeitraum der Dienstunfähigkeit der Beamtin X. geleisteten Dienstbezüge sowie der Aufwendungen für Heilfürsorge. Der Beklagte wendet ein, der Beamtin X. sei kein Erwerbsschaden entstanden, weil sie ihre Arbeitsleistung bereits in der Ansparphase des sog. "Sabbatjahres" vorgeleistet habe und der Dienstherr mit der Besoldung während der Freistellungsphase diese Vorleistung vergüte.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes in 1. Instanz, der dort gestellten Anträge sowie der Feststellungen des Landgerichts wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).
In 1. Instanz anerkannte der Beklagte seine Erstattungspflicht für die geltend gemachten Aufwendungen für Heilfürsorge. Das Landgericht hat sodann der Klage auch im Übrigen stattgegeben. Der Beklagte hafte der Beamtin X. gegenüber als Tierhalter gem. § 833 Satz 1, § 249 BGB auch für einen Erwerbsschaden. Der Schaden der Beamtin X. werde vorliegend normativ konstruiert, weil die Fortzahlung der Dienstbezüge durch das klagende Land allein aus sozialen Gründen erfolgt sei und nicht zum Zwecke der Entlastung des Beklagten. Unbeachtlich sei dabei, dass sich die Beamtin X. in der Freistellungsphase eines sog. "Sabbatjahres" befunden habe. Eine Aufteilung des einheitlichen Dienstverhältnisses in eine Aktiv- und Passivphase führe zu einer nicht gerechtfertigten Bevorzugung des Schädigers und sei mit dem Grundgedanken des Forderungsübergangs nicht zu vereinbaren. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner auf die Verurteilung zum Ersatz der Dienstbezüge beschränkten Berufung und verfolgt insoweit seinen erstinstanzlichen Antrag auf Klageabweisung weiter. Er ist der Ansicht, dass die Beamtin X. während der Freistellungsphase des sog. "Sabbatjahres" nicht dazu verpflichtet gewesen sei, ihre Dienste dem klagenden Land zur Verfügung zu stellen, was der gesetzliche Forderungsübergang aber voraussetze. Ihre Dienste habe sie bereits vorgeleistet und damit ihre Dienstverpflichtung erfüllt. Insoweit entgehe dem Dienstherrn auch nichts. Im Übrigen fielen längerfristige Erkrankungen während der Freistellungsphase nach verwaltungsgerichtlicher Judikatur ebenfalls in den Risikobereich des Beamten und ließen die Freistellung nicht entfallen.
Der Beklagte beantragt:
Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Rottweil vom 29.03.2017 wird die Klage abgewiesen, soweit der Beklagte zu mehr als 50,48 EUR nebst Zinsen hieraus verurteilt wurde.
Das klagende Land beantragt:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Das klagende Land verteidigt das landgerichtliche Urteil. Maßgeblich für den Erfolg der Klage sei allein der Umstand, dass der Beamtin X. ein Vermögensschaden entstanden s...