Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbliche Kfz-Vermietung: Auslegung der formularmäßigen Haftungsfreistellung nach den Grundsätzen einer Vollkaskoversicherung
Leitsatz (amtlich)
Ist in den „Allgemeinen Vermietbedingungen” eines gewerblichen Kfz-Vermieters zur Haftung des Mieters bestimmt, dass bei Vereinbarung einer Haftungsbefreiung gegen Zahlung eines zusätzlichen Entgelts der Mieter „nach den Grundsätzen einer Vollkaskoversicherung” für Schäden am gemieteten Fahrzeug freigestellt werde, so lässt sich diese Klausel nicht ohne weiteres dahingehend auslegen, die Freistellung gelte nicht für Schäden, die durch einen leicht fahrlässigen Bedienungsfehler verursacht wurden.
Normenkette
BGB §§ 133, 157; AGBG § 5
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Aktenzeichen 18 O 200/2000) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 27. September 2000, 18 O 200/2000,
abgeändert:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 300,– DM nebst 4 % Zinsen seit 2. Dezember 1999 zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreit tragen die Klägerin 39/40, der Beklagte 1/40.
4. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 6.500,– DM abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.500,– DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
5. Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.
Streitwert der Berufungsinstanz: |
12.434,07 DM. |
Beschwer für die Klägerin: |
12.134,07 DM. |
Beschwer für den Beklagten: |
300,00 DM. |
Tatbestand
Die Klägerin verlangt vom Beklagten Schadensersatz für einen Motorschaden an einem Kraftfahrzeug, das der Beklagte bei der Klägerin gemietet hatte.
Der Beklagte mietete von der Klägerin einen VW L 80 Kastenwagen für die Zeit vom 21. bis 22.07.1999. Im schriftlichen Mietvertrag war u. a. vereinbart: „Vollkaskoschutz 1 Tag à 33,62 DEM; Eigenbeteiligung 300 DEM” (Anl. K 1, Bl. 18). In den dem Mietvertrag beiliegenden „Allgemeinen Vermietbedingungen” (Anl. K 2, Bl. 19), die die Klägerin bundesweit verwendet, ist zur Haftung des Mieters folgendes geregelt:
10. Haftung des Mieters
- Der Mieter haftet bei von ihm verschuldeten Unfallschäden am gemieteter Fahrzeug nur für reine Reparaturkosten und beschränkt auf den in der jeweils gültigen Preisliste angegebenen Höchstbetrag.
- Der Mieter haftet Jedoch für Unfallschaden unbeschränkt, sofern er den Schaden durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat oder der Schaden durch alkohol- oder drogenbedingte Fahruntüchtigkeit entstanden ist. Das gleiche gilt für Schaden, die durch Nichtbeachtung des Zeichens 265 (Durchfahrtshöhe) gemäß § 41 Abs. 2 Ziff. 6 StVO verursacht wurden.
- Hat der Mieter Unfallflucht begangen oder seine Pflichten gemäß Ziff 8 dieser Bedingungen verletzt, so haftet er ebenfalls voll, es sei denn, die Verletzung hat keinen Einfluß auf die Feststellung des Schadenfalles gehabt.
- Der Mieter haftet ebenso unbeschränkt für alle von ihm zu vertretenden Schaden, die bei der Benutzung durch einen nicht berechtigten Fahrer (Ziff. 5) oder zu verbotenem Zweck (Ziff. 6), durch das Ladegut oder durch unsachgemäße Behandlung des Fahrzeuges entstanden sind.
- Wird eine Haftungsbefreiung gegen Zahlung eines zusätzlichen Entgeltes vereinbart, wird B. den Mieter nach den Grundsätzen einer Vollkaskoversicherung bei PKW mit DM 450,– bei LKW mit DM 650,– Selbstbeteiligung bzw. mit DM 1.000,– Selbstbeteiligung bei Mieter/Fahrer unter 23 Jahren pro Schadenfall für Schäden am gemieteten Fahrzeug freistellen. Von der Verpflichtung gemäß Ziff. 6 und 8 ist er nicht befreit. Bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verursachung des Schadens, insbesondere bei alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit sowie bei Verletzung der vertraglichen Obliegenheiten und Verpflichtungen haftet der Mieter voll.
Auf der BAB 81 nach dem Weinsberger Kreuz lenkte der Bruder des Beklagten, der Zeuge W., das Fahrzeug. Als dieser bergauf fuhr und herunter schaltete, blieb das Fahrzeug liegen.
Die Klägerin hat vorgetragen, der Fahrer habe einen Schaltfehler begangen, als er vom 5. in den 2. Gang zurückgeschaltet habe. Dadurch sei ein Überdrehschaden eingetreten mit der Folge eines Totalschadens am Motor Für einen Motoraustausch sowie ein Schadensgutachten und die Auslagenpauschale hat sie insgesamt 13.458,65 DM als Schadensersatz geltend gemacht. Sie hat die Ansicht vertreten, die vertragliche Haftungsbefreiung greife nicht ein, weil die Freistellung nach Nr. 10 e) der Vermietbedingungen nur „nach den Grundsätzen einer Vollkaskoversicherung” gewährt werde und weil nach den AKB üblicherweise Betriebsschäden vom Kaskoschutz ausgenommen seien.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen...